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Besser

Besser

Titel: Besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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verschwinden in ihrer Fühllosigkeit. Ich wollte ihn verfluchen für den Zorn, den er mir eingepflanzt hatte und für alles, was dieser Zorn angerichtet hatte. Ich wollte diesen Zorn nach ihm schleudern. Aber es gab damals keinen Gott für meinen Zorn und es gab jetzt keinen für meine Dankbarkeit. Ich stand da am Wasser, zwischen den Bäumen, ganz allein inmitten dieser Herrlichkeit, und ich blickte hinauf in das kitschige Blau des Himmels zwischen den Wipfeln, und in diesem Augenblick war ich vollkommen glücklich.

    Am nächsten Tag regnete es. Es war warm genug, um die Zeit trotzdem draußen verbringen zu können, unter dem Dach der Holzveranda, wir spielten Menschärgeredichnicht und blätterten mit Elena und Juri in Lunas alten Büchern und sahen ihnen beim Spielen zu und bemitleideten die Katzen. Für zwei ruhige, ungestörte Stunden schaltete Jenny den Kindern den Fernseher ein, und wir saßen mit unseren Wassergläsern voller Prosecco draußen, sahen dem Regen zu und lachten über die jungen Katzen, die auf der Veranda herumpurzelten, sich verknäulten, bei ihren Kletterversuchen am Balken abstürzten und sich überschlugen. Mir sind Haustiere ja eher wurscht, aber ich muss zugeben, dass kleine Katzen wirklich süß sind, man kann sich kleinen Katzen nicht entziehen, nicht mal ich konnte es. Und wenn ich eine zu fassen kriegte, setzte ich sie mir auf den Schoß, streichelte ihren weichen Pelz und fragte mich, was in so einer Katze vorging, ob sie so etwas wie Glück kannte und ob das jetzt Glück war für sie, bis die Katze einschlief oder sich wieder davonmachte. Ich sah immer wieder zu dem alten Haus hinüber, aber ich sah nie jemanden herauskommen oder hineingehen, nur der Müll schien sich zu vermehren. Jenny sagte, dass ein Mann dort wohne, allein, sie sehe ihn manchmal, wie er im Trainingsanzug ums Haus gehe, er scheine nie weg zu sein und er bekomme nie Besuch, er sei immer allein, immer.

    Über Nacht wurde es wieder schön, heiß und sonnig, wir hatten gegessen und gebadet und saßen am späten Nachmittag mit mexikanischen Bierflaschen, in deren Hals Jenny Zitronenscheiben gesteckt hatte, am Gartentisch und ließen es uns gutgehen. Die Kinder spielten Fangen in der Wiese, zwischen den Bäumen, nackt, nur mit Sandalen an den Füßen, krähend, brüllend und lachend. Jenny hatte eben eine depperte SMS von Lunas Vater bekommen, und während sie versuchte, sich nicht aufzuregen, erzählte sie mir von den neuesten Schwierigkeiten mit ihm, von den Kämpfen um Schlafenszeiten und Erziehungshegemonie, von ihren Vorbehalten gegenüber der neuen Frau. Sie sprach gerade darüber, wie merkwürdig es für sie sei, dass Luna nun doch jede Woche drei Tage mit dieser Frau zusammenwohne, die sie nicht mal kenne, und, ja, eigentlich von Herzen hasse, als Elena einen gellenden Schrei ausstieß, der sofort in lautes, schmerzerfülltes Geheul überging. Wir sprangen auf und rannten los, Elena saß brüllend unter einem Baum und hielt sich den Fuß. Juri stand daneben und schaute verwirrt.
    «Mich hat etwas gestochen! Aua! Es tut so weh!»
    Elena schrie noch einmal, unglaublich laut.
    «Es tut so weh! Eine Biene, sie ist in meinen Schuh gekrochen, das war eine Biene!» Ich nahm sie in den Arm, zog ihr vorsichtig die Sandale aus und tröstete sie, während ich nach dem Stachel suchte. Ich fand keinen, nur einen roten Fleck an der Seite ihres großen, langsam anschwellenden Zehs.
    «Eine Wespe, nehme ich an», sagte Jenny, «ich hol schnell was. Ist sie allergisch?»
    «Nicht dass ich wüsste.»
    Jenny lief Richtung Haus und ich hielt Elena auf dem Schoß, streichelte sie und sprach auf sie ein. Sie schrie und weinte noch immer aus vollem Hals. Ich rieb etwas Spucke auf die Stelle, aber Elena brüllte nur noch lauter.
    «Armer Schatz, ich weiß, wie weh das tut, Jenny ist schon unterwegs und holt etwas. Sie kommt gleich, nur einen Moment noch, gleich wird es besser. Es ist gleich wieder gut.»
    Jenny kam aus dem Haus gerannt, mit einer halben Zwiebel in der Hand und einer kleinen Tube in der anderen.
    «Da», sagte Jenny, «das hilft. Gleich wird es besser.»
    «Nicht die Zwiebel!», schrie Elena. «Ich hasse Zwiebeln!»
    «Aber Zwiebeln helfen am besten gegen Wespenstiche, vertrau mir», sagte Jenny. «Vertrau mir, ich bin heuer schon mindestens fünf Mal gestochen worden.»
    «Aber es brennt so!», schrie Elena, während Jenny die Zwiebel vorsichtig über die Stelle an ihrem Fuß rieb. Sie zappelte und heulte. Ich saß

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