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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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drehte den Kopf in seine Richtung, versuchte vergeblich, ihn trotz der Dunkelheit zu erkennen. Ob er mich wohl durch sein Nachtsichtgerät musterte?
    »Ich möchte dir helfen, Jeremy«, begann ich so gefasst wie nur irgend möglich. »Wenn die Polizei dich erwischt, wird sie dich wahrscheinlich abknallen. Du musst dich stellen … mit den Bullen reden. Ich kann dich begleiten und dafür sorgen, dass man dir kein Haar krümmt.«
    Als er sprach, spürte ich seinen warmen Atem über meinem Ohr. »Selbstverständlich sorgst du dafür, dass mir nichts passiert, kleiner Bruder. Timmy ist in den Brunnen gefallen.«
    »Timmy ist in den … wovon redest du da eigentlich?«
    »JETZT STRENG DOCH MAL DEIN HIRN AN! Erinnerst du dich denn nicht an die alten Lassie- Folgen, die andauernd im Fernsehen liefen? Lassies Herrchen, dieser Trottel Timmy, saß immer in irgendeiner Höhle fest oder fiel in einen Brunnen. Und der kleine Timmy hat nur überlebt, weil Lassie rechtzeitig Hilfe holte. Wuff.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff, was er mir damit sagen wollte. »Folger wird also nur überleben, wenn du sie mit Nahrung und Wasser versorgst. Und mit Luft.«
    »Wenn ich in ein paar Stunden nicht bei ihr bin … ist es um die gute Alice geschehen.«
    »Und was, wenn etwas schiefgeht und du nicht rechtzeitig zu ihr gelangst? Ich will nicht, dass sie stirbt, Jeremy.«
    »Der liebe Carson, stets der Held zu Wasser und zu Land.« Er fuhr mit den Fingern durch seine Haare. »So wie die Dinge stehen, obliegt es dir, dass ich auf freiem Fuß bleibe.«
    Ich hörte, wie er sich entfernte.
    »Jeremy?«
    »Si?«
    »Du hattest Vangie in der Hand, oder? Konntest Sie mit irgendetwas unter Druck setzen?« Die Hoffnung stirbt immer zuletzt.
    »Die ganze Sache war auf ihren Mist gewachsen, vom Anfang bis zum bitteren Ende. Prowsie brauchte mich, Carson, ich war ihr Sirius.«
    »Wovon redest du? Du warst ihr … was?«
    »S-I-R-I-U-S. Der hellste Stern am Nachthimmel. Nach all den Jahren fuhr die alte Prowsie auf einmal auf ihren Lieblingspatienten ab und wollte mit ihm ein paar Schäferstündchen im Big Apple verleben.«
    »D-das kaufe ich dir nicht ab.«
    »Aber genau das hat sie mir im Flieger ins Ohr geflüstert: ›Du bist mein Sirius, Jeremy. Ich brauche dich.‹ Nicht dass ich mein Keuschheitsgelübde gebrochen hätte. Ich kann mir nichts Ekelhafteres vorstellen, als auf Prowsies altem Körper herumzuturnen. Da kann ich es ja auch gleich mit einer modernden Leiche treiben.«
    Ich hörte, wie die Tür aufging und ins Schloss fiel. Und dann war er verschwunden.
    Geschlagene zwanzig Minuten brauchte ich, um das Klebeband so stark zu dehnen, dass ich die Hände frei bekam. Mein teuflischer Bruder hatte die Schlüsselkarte aus meiner Jacke stibitzt, und als ich ins Hotel kam und mir einen Ersatzschlüssel machen ließ, war er schon oben auf meinem Zimmer und hatte sich unter dem Bett versteckt.
    Ich tastete nach dem Lichtschalter und stolperte über einen Gegenstand auf dem Boden. Kaum hatte ich die Deckenlampe eingeschaltet, entdeckte ich eine braune Papiertüte, deren Inhalt ich ausleerte.
    Eine Strumpfhose und ein Schlüpfer fielen auf den Tisch.
    Und eine von diesen billigen Postkarten, die überall in der Stadt verkauft wurden. Darauf abgebildet war das Empire State Building, und darüber stand in einer Sprechblase: WIR HABEN EINEN HEIDENSPASS IN NEW YORK! Auf der Rückseite stand ein einziger Satz in roter Tinte:
    Mach bitte, was er sagt.
    Und darunter:
    Alice
    Mit der Postkarte in der Hand starrte ich aus dem Fenster. Die Sonne färbte den Himmel hinter den Wolkenkratzern orange. Ich konnte nur hoffen, dass Jeremys Zwangsstörung nicht vollkommen aus dem Ruder lief. Mit seinem Besuch hatte er mich gewarnt: Falls Jeremy geschnappt wird, stirbt Folger. Und mein Bruder sprach nie leere Drohungen aus.
    Ich zog mich an, verließ das Hotel und traf gegen sieben Uhr auf dem Revier ein, wo Perlstein an seinem Schreibtisch saß und Papierkram erledigte.
    »Hallo, Perl … seid ihr mit Ridgecliff schon einen Schritt weiter?«
    »Cluff ist inzwischen Ihrer Meinung und geht nun auch davon aus, dass Ridgecliff den wohlhabenden Geschäftsmann mimt. Er hat Ihren Faden weitergesponnen und meint, Ridgecliff könnte sich für Kunst interessieren. Und jetzt raten Sie mal! Gestern ist ein Typ, der unserem portugiesischen Geschäftsmann wie aus dem Gesicht geschnitten ist, im Guggenheim an einer Sicherheitskamera vorbeigeschlendert.«
    »Das ist ja

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