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Bestialisch

Titel: Bestialisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Kerley
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bekam weiche Knie. Es gelang mir gerade noch, den Arm um ihn zu legen und seinen Fall abzufedern. »Wir brauchen hier Hilfe!«
    Ein Sanitäter trat zu mir, legte einen Finger auf Waltz’ Halsschlagader und drückte das Ohr auf seine Brust. »Puls ist schwach, aber gleichmäßig. Keine Arrhythmie. Eine Synkope. Er ist ohnmächtig. Angst und Stress können das auslösen.«
    Waltz’ Hand wedelte vor meinem Gesicht herum, als wollte er mich wegschieben. Er war verwirrt, kam jedoch allmählich wieder zu Bewusstsein. Er wischte mit dem Ärmel über seine feuchten Augen und verteilte Tränen, Spucke und Nasenschleim auf seiner Wange.
    »Das ist ein Albtraum«, stöhnte er. »Ein beschissener Albtraum.«
    »Rühren Sie sich nicht, Shelly. Ruhen Sie sich noch ein bisschen aus.«
    Er schlug die Hände vors Gesicht und murmelte: »… alles ein Albtraum.«
    Ich setzte mich hin und sah zu, wie der Mann das Thermometer aus der Leber zog. Unter einem Streifen Blusenstoff rutschte eine Brust hervor. Fassungslos starrte ich die große braune Brustwarze an. Ich erhob mich, lief um die roten Lachen herum, rutschte auf einem Exkrementhaufen aus und klammerte mich an der Schulter des Gerichtsmediziners fest, damit ich nicht über den Leichnam stolperte.
    »Vorsicht«, meinte der Mann.
    Ich ging in die Hocke, zog Latexhandschuhe an und hob vorsichtig eine blutgetränkte Haarsträhne an, wodurch ich den Kopf verrückte. Anschließend legte ich die Finger unter das Kinn und drehte das Gesicht zu mir.
    Dass der Tod eines Menschen ein solches Gefühl der Erleichterung hervorrief, beunruhigte mich sehr. Mit heiserer Stimme wandte ich mich an Shelly Waltz: »Das ist nicht Folger, sondern eine andere Frau.«
    *
    Keine zwanzig Minuten später drängten sich ein Dutzend Kriminalbeamte und Mitarbeiter der Spurensicherung in Folgers Haus. Keiner erging sich in oberflächlichem Geplänkel. Alle arbeiteten extrem effizient, als würde eine Lunte brennen. Oder in Kürze eine tickende Bombe hochgehen.
    Bullard stieß die Haustür auf und kam herein. »Ich habe es gerade eben gehört. Wie sieht es aus?«
    Waltz steckte die Hände in die Taschen und ging auf Bullard zu. Da lag etwas in Waltz’ Blick, das mich beunruhigte und mich veranlasste, ihm hinterherzulaufen.
    »Ist nur einer von diesen weiblichen Momenten«, fuhr Waltz Bullard an.
    Bullard kapierte nicht, was er meinte. »Wovon reden Sie, Waltz?«
    »Das haben Sie doch gesagt, als sie heute Morgen nicht zu dem Meeting gekommen ist. Dass sie einen von diesen weiblichen Momenten hätte. Sie wissen schon, einer von diesen Augenblicken, die unsereiner ja glücklicherweise nicht kennt.«
    Ich trat einen Schritt näher, dachte kurz nach, wich wieder zurück und steckte die Hände in die Taschen.
    »Sie reden wirres Zeug«, behauptete Bullard.
    »Folger hätte ihre Periode, haben Sie gesagt. Und dass sie sich deshalb verspätet hätte.«
    »He, das war doch nicht so gemeint. Ich wollte doch nur einen Witz machen.«
    »Ich auch«, knurrte Waltz und schlug mit der geballten Faust auf Bullards Brustbein ein.
    Bullard ging zu Boden und schnappte wie ein gestrandeter Fisch nach Luft. Alle Augen richteten sich auf ihn. Keiner rührte sich. Und ein paar Sekunden später machten sich alle wieder an die Arbeit, als wäre überhaupt nichts passiert. Zwei Polizisten halfen Bullard auf und brachten ihn nicht gerade sanft aus dem Haus.
    Shelly setzte wieder seine bekümmerte Miene auf und verfolgte die Spurensuche. In der oberen Etage wurden Unterlagen und Fotos gefunden, die darauf hindeuteten, dass die Tote Julie Chase war, eine zweiundvierzigjährige Rechnungsprüferin, die bei Morgan Stanley gearbeitet hatte. Die Treppe verband die untere mit der oberen Wohnung; die Verbindungstür stand offen.
    »Auf den Stufen sind Blutspritzer«, verkündete einer der Polizisten. »So wie es aussieht, hat das Opfer unten Geräusche gehört und nachgesehen, was da vor sich geht.«
    »Ist der Täter über sie hergefallen, als sie auf den Stufen war?«, wollte ein Kollege von ihm wissen.
    »Sie wurde niedergeschlagen.«
    »Und wo steckt Folger?«, fragte Waltz.
    Keiner sagte ein Wort. Die ganze Mannschaft begab sich in Folgers Schlafzimmer, wo die Leute von der Spurensicherung die Bettwäsche einpackten, um sie im Labor auf Haare, Samenspuren und andere Anhaltspunkte zu untersuchen. Die Fingerabdruckspezialisten sicherten Abdrücke auf dem Kopfteil des Bettes.
    Ich verzog das Gesicht, räusperte mich und blickte Waltz

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