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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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einen Standby-Flug von Heathrow um 6 Uhr 15, der genau um 9 Uhr landete. Sie würde es gerade noch schaffen, wenn sie das Haus vor zwei Minuten verlassen hätte. Heathrow war schwierig geworden. Die Sicherheitsprozeduren. Die Warteschlangen. Keine Zeit, darüber nachzudenken. Regenjacke. Wanderschuhe. Schnell, schnell. Keine Wasserflasche, kein Parfüm, keine Gelkapseln.
    Der Genfer Flughafen war bei vernünftigem Fahrtempo etwa hundert Minuten von dem Anwesen entfernt.
     
    In Heathrow überließ Margaret den Wagen dem Parkplatz-Service, den sie immer benutzten, und rannte zum Schalter der Austrian Airways, streifte gleichzeitig die Schuhe, den Trauring, die Uhr ab und rannte. Und erfuhr, dass der Flug überbucht war und sie an sechster Stelle der Warteliste stand. Sie boten soeben jedem, der auf seinen Platz verzichtete, einen Hin- und Rückflug zu jedem Ort innerhalb der EU an.
    »Tausend Euro in bar, sofort!«, rief Margaret plötzlich.
    »Madame, das können Sie nicht tun!«, beschwerte sich ein Angestellter der Fluggesellschaft. Doch sie konnte und tat es. Jemand in der Warteschlange hatte das Angebot gehört und war schwach geworden. Ein Geldautomat stand in der Nähe, und Margret war um tausend Euro ärmer. Dafür hatte sie jedoch einen sicheren Platz in der Maschine nach Genf und ging sofort an Bord.

 
    KAPITEL 31
     
    E douard Revere sah James an, der mit Lance im Eingang zum Château stand.
    »Sie haben Jacob umgebracht.«
    James schluckte und musste sich kurz gegen den verwitterten Türpfosten lehnen, während Lance im Garderobenraum neben dem Eingang Revere seinen durchnässten Mantel abnahm.
    »Und das Tier?«
    »Ich befürchte das Schlimmste.«
    Plötzlich tauchte Martin auf. Er schwang einen Kerzenleuchter aus Messing, offenbar bereit, ihn notfalls als Waffe zu benutzen.
    Max erschien ebenfalls, kam im Schlafanzug aus seinem Schlossflügel die Treppe heruntergeeilt.
    Revere musterte misstrauisch James' offensichtlich besorgte Gäste.
    »Edouard, das ist mein Neffe, Martin Olivier, von dem ich dir schon erzählt habe. Dies dort ist Max, Martins Chauffeur. Martin, Max, das ist Edouard, ein alter Freund aus Belgien, ziemlich unerwartet und mit schlimmen Neuigkeiten gekommen, fürchte ich.«
    Martin ließ seine Waffe sinken.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Max. Der Besucher hatte die Figur eines Fußballspielers, sein krauses rotes Haar war triefnass, und er war unrasiert. Max konnte sofort erkennen, dass er überaus erregt war.
    »In die Bibliothek, meine Herren«, entschied James.
    »Max, würden Sie uns für einen Moment entschuldigen?«, fragte Martin
    James schaltete sich ein. »Nein, es ist schon in Ordnung. Wir brauchen ihn möglicherweise.«
    James, Edouard, Lance, Martin und Max nahmen in dem runden, kunstvoll ausgestalteten und ansonsten ziemlich kahlen Raum Platz. James bemerkte, dass Martin zu dem Leitspruch an der Wand aufsah, der im Schattenspiel des von der Inneneinrichtung reflektierten Lichts schimmerte.
    »Das ist eine Inschrift eines Höflings von Pippin dem Mittleren, Hubertus von Lüttich, der später heiliggesprochen wurde«, erklärte James. »Er jagte einen Hirsch, hatte Pfeil und Bogen bereits gezückt und sah, kurz bevor er den tödlichen Schuss abgeben wollte, den gekreuzigten Jesus Christus zwischen den Geweihstangen. Danach hörte er auf, Jäger zu sein, und wurde stattdessen ein leidenschaftlicher Tierschützer.«
    »Nett. Aber wer hat nun deinen Freund getötet? Dieselben Leute? Die Wilderer?«, wollte Martin wissen.
    »Ich sagte dir schon, dass er nicht nur im Immobiliengeschäft tätig ist, sondern auch als Anwalt arbeitet«, meinte James zu Edouard Revere. »Was möchtest du trinken?«
    »Einen doppelten Malt, was immer du im Schrank hast«, entschied Edouard.
    Für Martin signalisierte ein doppelter Malt Whisky Wiederbelebung, Aufschwung, Hoffnung. »Ich nehme auch einen, danke.« Max erklärte, er sei noch im Dienst, und verzichtete.
    Lance ging zur Bar.
    »Schenk gleich noch einen dritten ein«, sagte James, dann wandte er sich an Edouard. »Wann und wie sind sie an Jacob herangekommen?«
    Martin bemerkte das Glitzern einer Träne, die aus dem Auge seines Onkels quoll.
    »Gestern. Kurz nachdem es ihm gelungen war, das Tier zu befreien. Sie haben ihn, aufgespießt auf ein Horn, im Garten des Museums zurückgelassen.«
    »Mein Gott ...«, stieß James mit schwacher Stimme hervor.
    »Aber die Polizei nimmt sich doch sicher der Sache an, oder?«, fragte

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