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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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Rätsel.«
    »Wurden die Buchstaben mit der Hand geschrieben?«
    »Ja, und der Leiche in den Mund gestopft.«
    »Und Sie haben keine Ahnung, wer der Tote ist?«
    »Er lag im Kofferraum des Fahrzeugs eines Verdächtigen.«»Wessen verdächtig?«
    »Er gehörte wohl zu einem international operierenden Wilderer-Ring. Aber das wissen jetzt nur Sie.«
    »Ich verstehe.«
    »Ergibt das irgendeinen Sinn?«, wollte Simon wissen. Seine Stimme klang drängend.
    »Ja. Ich glaube schon.«
    Eine kurze Pause trat ein, in der Pater Bruno versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Seit Jahren nahm er vor dem Einschlafen eine Dosis Niaspan, um die Durchblutung in seinen teilweise verstopften Arterien zu unterstützen, und manchmal bekam er dadurch Hitzewallungen. Nun waren es plötzlich mehr als vorübergehende Wallungen.
    »Das ist natürlich Latein. Ein Satz, der angeblich von Jesus Christus ausgesprochen wurde und mit precipitentur in infernum endete. Ich glaube, das sind die Worte, die Sie gefunden haben.«
    »Das war gut.«
    »Latein war die erfolgreichste, logischste Sprache, die je entwickelt wurde. Ich wundere mich, dass bei der Polizei niemand ermuntert wird, sie zu erlernen.«
    »Was bedeuten die Worte?«
    »Es ist ein Fluch, der auch von den Benediktinern benutzt wird. ›Möge er in den tiefsten Tiefen der Hölle schmoren!‹, gefolgt von ›Weiche, Satan!‹.«

 
    KAPITEL 28
     
    J ames und Martin waren ins Haupthaus zurückgekehrt, und James besichtigte mit seinem Besucher dessen Quartier.
    »Ich hoffe, die Matratze ist in Ordnung. In diesem Bett hat seit einem halben Jahr niemand mehr geschlafen.«
    Martin sah ihn fragend an. »War dies das Zimmer meines Vaters?«
    »Ja. Nichts wurde verändert.«
    Martin schaute sich um und ließ den Blick über die vertraute Auswahl häufig benutzter wissenschaftlicher Bücher und allerlei Krimskrams gleiten. Was er nicht erwartet hatte, war ein Heiligenbild an der Wand.
    »Benedikt«, sagte James, »eine kleine Handzeichnung von Hans Memling. Wie man mir versicherte, wurde sie 1482 angefertigt, fünf Jahre vor dem Ölgemälde gleichen Themas, das in den Uffizien in Florenz hängt.«
    »1482 ...«
    »Ja. Das Jahr, in dem unsere Ahnin entweder vom Pferd fiel oder ermordet wurde oder beides.«
    »Du machst Witze! Das ist ein Memling, ein Original?«
    »Ja. Edward hat dieses Bild sehr geliebt.«
    »Aber das muss ein verdammtes Vermögen wert sein«, sagte Martin und konnte kaum der Versuchung widerstehen, es mit den Fingern zu berühren. Keine Glasscheibe schützte das mit einem prachtvollen Rahmen versehene Porträt.
    »Ist schon in Ordnung. Berühre es ruhig. Natürlich wurde hier nichts jemals begutachtet oder bewertet. Nichts von allem in diesem Haus.«
    »Heißt das, hier gibt es noch mehr davon?«
    James blickte stumm ins Leere.
    »Im Wert von einer Milliarde Euro?«
    »Setz dich doch, mein Junge.«
    Martin streifte die Schuhe ab und ließ sich vorsichtig auf das Bett sinken, wusste er doch, dass sein Vater noch vor nicht allzu langer Zeit den Kopf in das alte mit Gänsedaunen gefüllte Kissen gebettet hatte. Er streckte sich aus, starrte in den trüben Lichtschein einer Vierzig-Watt-Glühbirne und dachte daran zurück, wie er zum letzten Mal mit seinem Vater einen Bücherflohmarkt in Saint Albans am Rand von London besucht hatte. Sein Vater hatte darauf bestanden, auch in die Kirche zu gehen, die älteste und, soweit Martin wusste, die einzige katholische Kirche in England, die so etwas wie eine Blüte hatte erleben können. Er erinnerte sich vage an die Geschichte von dem römischen Soldaten, der zum Märtyrer wurde und später heilig gesprochen wurde. Mehr wusste er nicht darüber. Und er hatte auch nicht darauf geachtet, wie wichtig seinem Vater diese Legende gewesen war.
    »Die Verkäufer haben den langfristigen Wert eines Corporate Village im Auge«, begann James.
    »Corporate Village? Tut mir leid. Was soll das heißen?«
    »Martin, sie sind keine Trottel. Ich kenne sie. Reiche Bauernfamilien aus Sens. Sie haben ihre eigene glanzvolle Geschichte und pochen darauf, dass sie einst die wichtigste Familie in Mittelfrankreich waren.
    Diese drei Familien aus Sens, südöstlich von Paris, haben eine hohe Meinung von ihrem Alter und ihrer Bedeutung sowie dem Wert der paar tausend Hektar, die ihnen da drüben gehören, jenseits der drei Gebirgszüge, die du von hier nicht sehen kannst. Es wird von einem arabischen Scheich gemunkelt, der das Land unbedingt in seinen Besitz bringen und da

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