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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tobias
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Martin.
    James' verzweifelter Blick verlieh der Frage zusätzliche Dringlichkeit.
    »Ja, damit habe ich den ganzen Tag verbracht«, erwiderte Edouard.
    »Und wenn sie dir gefolgt sind?«, meinte Lance besorgt.
    »Nein. Ich bin stundenlang gefahren, alleine. Die Antwerpener Polizei ist am frühen Nachmittag abgezogen. Ihr Interesse galt vorwiegend Jacobs Haus, nicht dass sie dort irgendetwas finden. Und der Landkartensammlung des Museums, die natürlich ebenfalls keinerlei Hinweise liefern wird«, versicherte Edouard ihnen.
    »Was zum Teufel ist da im Gange?«, wollte Martin von James wissen.
    Edouard sah ihn über einen dreihundert Jahre alten Globus und über einen fleckigen Schreibtisch aus dem 17. Jahrhundert hinweg fragend an, während der Regen heftig gegen das große Fenster nach Westen prasselte.
    »James, wie viel hast du deinem Neffen erzählt?«
    »Nicht alles«, gab James zu.
    »Was ist mit seiner Frau? Wir brauchen sie.«
    »Martin fährt in Kürze los, um sie vom Genfer Flughafen abzuholen.«
    Martin warf James einen irritierten Blick zu. Woher wusste er das?
    »Diese Mauern haben eine bemerkenswerte Akustik«, erklärte James. »Es war nicht zu überhören.«
    »Max, sind Sie fahrbereit?«, fragte James.

 
    KAPITEL 32
     
    E s war kurz nach fünf Uhr morgens, als Fabritius Cadiz es endlich schaffte, Simon und Mans über sein Mobiltelefon zu erreichen, während sie durch die Außenbezirke von Dijon fuhren. Sie waren unterwegs zu einem Best Western Hotel, wo sie ein paar Stunden Schlaf nachholen, eine heiße Dusche nehmen und in Ruhe eine Tasse Kaffee trinken wollten.
    »Wir haben eine Spur aufgenommen«, berichtete Cadiz.
    »Wie klar ist die Spur?«, wollte Simon wissen.
    »Nun, irgendwo in Burgund. Sie kennen die Gegend ja, also müssten Sie sich ausrechnen können, wo genau sich unser Zielobjekt befindet«, fuhr der belgische Polizist fort. Er saß in der Polizeizentrale in Antwerpen. »Es gibt da ein Problem, das wir nicht verstehen. Wir haben sehr starke Interferenzen. Revere fährt offenbar durch ein von tiefen Schluchten durchzogenes Gelände.«
    »Aber es gibt dort keine Schluchten.«
    »Nun, dann vielleicht hohe Berge.«
    »Der höchste erreicht gerade mal tausend Meter.«
    »Dann ist die Wanze defekt.«
    »Schildern Sie, was Sie sehen.« Simon hatte selbst den kleinen Peilsender unter dem Heck von Reveres Wagen befestigt, ehe er früher am Nachmittag das Museum verlassen hatte.
    »Der Satellit zeichnet steile Abhänge auf.«
    »Welches ist die nächste Stadt?«
    »Château-Chinon.«
    »Und weiter?«
    »Einundzwanzig Kilometer genau nach Norden. So lauten jedenfalls die Angaben. Aber man muss eine Abweichung von zwölf bis dreizehn Prozent einrechnen.«
    »Und das Fahrzeug hat angehalten?«
    »Ja. Vor einer Stunde. In der Nähe ist keine Ortschaft. Es sieht so aus, als stünde es jetzt im Nationalpark.« Er gab einige Koordinaten durch.
    »Danke, Fabbi.«
    »Was hat er gesagt?«, wollte Mans wissen.
    »Nehmen Sie die nächste Abfahrt. Wir müssen ein Stück zurück in Richtung Nevers und dann suchen. Allerdings habe ich so eine Vermutung.«
    »Aber das dauert mindestens eine Stunde oder mehr. Wir müssen tanken. Und ich brauche einen Kaffee.«
    Simon studierte seine Landkarte von Burgund. Revere befand sich irgendwo in der Nähe von Montsauche in der Gegend des Lac de Settons zwischen den Flüssen Yonne und Cure, die beide während der heftigen Regenfälle beinahe Hochwasser führten. Es war wohl kein Zufall, dass Serkos Leiche genau hier gefunden wurde, dachte er. Es war eine wilde Gegend - die wildeste im gesamten Morvan, wie die Region genannt wurde. Sie war ein unübersichtlicher Teil des Zentralmassivs, das sich über zwanzig Prozent der Gesamtfläche Frankreichs erstreckte, und ein Gebiet voller Kare und Senken aus Granit und Porphyr, in Urzeiten bewohnt, aber in historischer Zeit weitgehend ungenutzt - was wiederum erklärte, dass es im Wesentlichen Naturgebiet und unerschlossen war -, und Höhlen, in einigen Fällen kilometertief, ausgeschmückt mit steinzeitlichen Wandbildern.
    Simons Großvater war ein echter »Morvandeau« und sein Vater auch. Beide bedienten sich der alten Sprache, des so genannten Sologne-Bourbonnais-Dialekts.
    Etwas anderes bekam jetzt ebenfalls einen Sinn, aber Simon musste seinen Vater anrufen, um sich eine Bestätigung zu holen.
    Er wählte die Telefonnummer, da er die Gewohnheiten seines Vaters, eines Bauern, kannte. Er war Frühaufsteher.
    »Mom? Ich bin's.

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