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Bestimmung

Bestimmung

Titel: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mycha Chick
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wusste genau, wo er seine Tochter und mich suchen musste. Er stand in der Tür, sah mich, schaute sich nach Anna um, fand sie knutschend und fummelnd mit einem anderen Mann in der Ecke stehen.
    Er rannte auf sie zu, schlug dem jungen Kerl ins Gesicht und zerrte Anna hinter sich her zum Ausgang. Ich packte unsere Sachen zusammen und rannte hinter den Beiden her. Robert stieß Anna unsanft in die Kutsche, mich hinterher und trieb die Pferde an.
    Es herrschte absolute Stille, ich denke, sogar Anna hatte begriffen, dass sie zu weit gegangen war. Als wir zu Hause waren, zerrte uns Robert beide zur Haustür, schleuderte mich gegen die Wand, kam ganz nah an mich heran und schlug auf mich ein. Erst ins Gesicht, dann in den Bauch, den Rücken und als ich bereits am Boden lag, packte er mich an den Haaren und schlug mir noch mehrmals mit der Faust ins Gesicht.
    Ich blieb zitternd liegen, konnte mich vor Schmerzen kaum rühren.
    „Rauf in dein Zimmer, ich will dich nicht mehr sehen!“
    Da rappelte ich mich mit letzter Kraft auf und stolperte die Stufen hoch, ich wollte nicht noch mehr von seiner Wut auf mich lenken. Ich fühlte mich so schrecklich, genau diese Abreibung hatte ich verdient! Warum hatte ich Anna nicht davon abgehalten, dort hinein zu gehen? Warum hatte ich nicht auf die Uhrzeit geachtet, um rechtzeitig zum vereinbarten Ort zu gehen? Wie hatte ich mich nur auf so etwas einlassen können?
    Aber die Schmerzen in meinem Gesicht und auf meinem Rücken erinnerten mich daran, dass ich meine Strafe bekommen hatte und so rollte ich mich einfach nur auf meinem Bett zusammen und hoffte, das Robert nicht allzu sauer auf mich war.
     
    Ich konnte ihn unten toben hören und ich hörte das „Klatsch“ jedes Mal, wenn er auf Anna eindrosch. Ich hörte ihre Schreie, bis sie irgendwann still war und später in der Nacht ihr Schluchzen, weil sie vor Schmerzen nicht schlafen konnte.
    Wir sahen von ihr die nächsten Tage nichts. Ich sollte Anna das Essen vor die Tür stellen, meistens holte ich es unberührt wieder ab. Robert hatte uns verboten, in ihr Zimmer zu gehen um ihr zu helfen. Dieses Mal, so meinte er, sollte sie sehen, was passiert, wenn man sich gegen den eigenen Vater auflehnt.
    Ich selber hatte mich am nächsten Tag aufrichtig und mehr als unterwürfig bei ihm entschuldigt, mir tat das alles so schrecklich leid! Am dritten Tag des Schweigens kam er dann auf mich zu: „Alexandra, ich weiß, dass du einfach nur zu schwach warst und zu naiv, um dich richtig zu verhalten. Du allein wärst dort nicht hineingegangen und du hättest auch nicht gegen meine Befehle gehandelt. Aber auch das hat dich nicht vor der Strafe geschützt, denn du musst lernen, für dich einzustehen. Wenn du dich als Frau in solchen Gegenden herum treibst, wird dir Niemand helfen können. Und wenn irgendein Mann dich dann nimmt, dann kann man ihm noch nicht einmal einen Vorwurf machen, denn du hast ihm signalisiert, dass du willst. So ist das nun mal, also halte dich von solchen Orten fern. Du bist ein anständiges Mädchen, lass dich nicht zu solch einem Unsinn verleiten. Und jetzt ist gut, ich akzeptiere deine Entschuldigung!“
     
    Als Anna nach ein paar Tagen herunter kam, erschrak ich trotzdem bei ihrem Anblick. Noch immer war das Gesicht zugeschwollen, ihr Auge blau unterlaufen und jeder Schritt tat ihr weh, das konnte man deutlich sehen. Aber noch schlimmer war ihr Gesichtsausdruck, der falsche Stolz, mit dem sie ihrem Vater begegnete. Sie hätte sich einfach nur zu entschuldigen brauchen und aus all dem etwas lernen können. Aber sie kämpfte auf der falschen Seite, fühlte sich zu unrecht bestraft und verstand nicht, warum ihr Vater so gehandelt hatte. Sie hasste ihn dafür, anstatt zu erkennen, dass er sie nur beschützen wollte. Und so stand sie wie immer mit hochgerecktem Kinn in der Küche und gab ihrer Mutter einen Brief, dann verschwand sie wieder.
     
    Liebe Mutter!
    Ich gehe zurück in die Schule, komme aber nie mehr nach Hause.
    Ich hasse Papa und kann mit eurem Leben, das ihr da führt, nichts anfangen.
    Ich will frei sein, mich nicht einem Mann unterordnen, ich bitte dich dafür um Verständnis.
    Ich liebe dich!
     
    Ich sollte Anna nicht mehr wiedersehen, denn sie war, während wir den Brief lasen, aus dem Haus verschwunden und kam auch nicht mehr zurück.
    Ich bewunderte Rosmarie für ihre Haltung in den nächsten Stunden und Tagen. Ihre einzige Tochter verließ sie, weil ihr Mann sie verprügelt hatte und sie stellte sich ohne

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