Bestimmung
klagen hinter ihn. Ich hörte Rosmarie zwar ab und zu auf ihrem Zimmer weinen, aber vor uns zeigte sie keinerlei Gefühle. Sie hatte gelernt, die Entscheidungen ihres Mannes anzunehmen, ohne Wiederwort und Diskussion und so war Annas Auszug auch kein Thema mehr.
Die Wochen danach verliefen relativ ruhig, außer, das ich mich immer mehr zur Frau entwickelte. Meine schwarzen Haare fielen mir mittlerweile bis zu den Hüften herab, meine Brust war ausgewachsen, prall und schön geformt. Ich war schlank, wenn auch nicht sehr groß. Viele Stunden verbrachte ich allein vor dem Spiegel, um mich und meinen neuen Körper in Einklang zu bringen und kennenzulernen.
Die Blicke der Männer und Jungen ließen mich kalt, manchmal hatte ich Angst, ich würde mich nie verlieben. Und weil die Realität so wenig Aufregung und Abwechslung brachte, vertiefte ich mich immer mehr in meine Träumereien. Es waren kindliche Träume, romantisch, von dem Einen, der mich über alles lieben und mich glücklich machen würde.
Immer wieder tauchte Er in diesen Träumen auf, so sehr ich mich auch bemühte, Ihn aus meinen Gedanken zu verbannen. Aber jedes Mal, wenn ich über romantische Spaziergänge und einen Ritter in weiß nachdachte, tauchte Sein Bild vor mir auf, Seine herrische Art, Seine Dominanz. Diese Träume endeten auch jetzt noch jedes Mal darin, dass ich selber Hand anlegen musste, um mir die Entspannung zu geben, die mein Körper bei dem Gedanken an Ihn einforderte.
Mich verwirrte meine Sehnsucht nach diesem Mann, der Seinen Weg mit Härte und einer Gnadenlosigkeit ging, die ich bisher noch nie kennengelernt hatte. Aber mir war auch klar, dass ich mir keinerlei Gedanken darüber zu machen brauchte, wen ich in Zukunft meinen Mann nennen durfte. Diese Entscheidung würde nicht ich fällen, sondern mein Vater, also war es völlig sinnlos, mich deshalb zu quälen.
Kapitel 8
Das Jahr war so schnell vergangen, mein 17. Geburtstag stand vor der Tür und bald würde ich wieder abreisen müssen. Würde Er da sein um mich zu begrüßen? Würden wir wieder an Silvester bei Ihm feiern? Wie würde mein Leben zu Hause weitergehen?
Rosmarie schenkte mir zu meinem Geburtstag ein wunderschönes Kleid, ein paar Schuhe passend dazu und es wurde ein ruhiger, aber sehr schöner Abend.
Da ich keinerlei Lust hatte, Abends auszugehen, blieben auch die letzten Wochen ereignislos und als wir kurz vor Weihnachten meine Sachen zusammen packten und heimfuhren, war ich eigentlich ganz froh. Ich hatte in dem Jahr völlig vergessen, wie furchtbar es für mich zu Hause war. Aber kaum war ich angekommen und die erste Freude über mein Heimkommen vorbei, wusste ich wieder, was mich damals von hier fort getrieben hatte.
Simon und Daniel grinsten mich die ganze Zeit nur an und stierten mir auf die Brüste, Vater war zwar besser drauf aber trank ziemlich viel und ich wurde den ganzen Tag nur herum geschickt, um alles für die Vier zu tun, was sie so wollten.
Weihnachten und Silvester stand ich in der Küche und ich fühlte mich so einsam und verloren wie immer. Ich bediente meine Brüder und deren Freunde - wie es mir ging, danach fragte keiner. Von Ihm hatte ich nichts gesehen oder gehört, aber vielleicht war das auch besser so. Ich musste Richard McKinley endlich aus meinem Kopf kriegen. Meine Zeit hier war bestimmt bald vorbei, es war nur eine Frage der Zeit, bis Vater den passenden Mann für mich finden würde.
Und so begann das neue Jahr trist und grau, und wenn ich an das letzte Silvester und die Feier dachte, traten mir die Tränen in die Augen. Warum musste immer alles so kompliziert sein?
Kapitel 9
Aber es sollte noch komplizierter werden...
An einem Tag im Frühling ging ich nachmittags in den Stall, um beim Ausmisten der Pferde zu helfen. Plötzlich raschelte es hinter mir und bevor ich mich umdrehen konnte, packte mich eine Hand an meinem Pferdeschwanz und riss mir den Kopf nach hinten. Ich erschrak so sehr, dass ich mich zuerst gar nicht gewehrt habe, vielleicht dachte ich auch, dass es Simon oder Daniel waren, die mir einen Streich spielen wollten.
Dann hörte ich die Stimme:
„Halt dein Maul, wenn du schreist, bist du tot!“
Das war nicht Simon und auch nicht Daniel, diese Stimme hatte ich noch nie gehört. Ich bekam es mit der Angst und versuchte, mich zu befreien, aber der Unbekannte hatte mir mit seiner anderen Hand längst einen Arm auf den Rücken gedreht und als ich anfing, nach hinten auszutreten, riss er
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