Beth
Beutel bei sich, von dem ich wußte, was darin war - noch war, in dieser Zeit.
Der Lilienkelch, dessen Hüter Landru im Jahre 1666 noch war. Den er von Sippe zu Sippe trug, um ihnen vampirischen Nachwuchs zu schenken. Und der ihm im nächsten Jahrhundert von Felidae gestohlen werden würde .
Nun war Landru also nach Jerusalem gekommen, wo es nach Remigius' Worten keine Vampire gab.
»Wer bist du, daß du es wagst, mir so dreist gegenüber zu treten?« fragte Remigius den Hüter.
Landru war inzwischen bis auf wenige Schritte herangekommen. Und weder verhehlte er, wer er war, noch, was seine Absicht war.
Seine Hand verschwand in der ledernen Tasche und kam mit dem Kelch wieder zum Vorschein.
»Ich bin der Verwalter dieses Grals«, sagte er ruhig, »und ich bin gekommen, um endlich auch Jerusalem damit zu weihen. Nachdem ich die geeigneten Täuflinge gefunden habe.«
»Du redest wirr«, befand Remigius. Offensichtlich wußte er nichts über das Unheiligtum der Alten Rasse. So stimmte es also, daß kein Mensch je etwas vom Kelch und seinem Zweck gehört hatte, stellte ich fest. Remigius gab seinen Männern einen Wink. »Greift ihn!«
Dem ersten, der sich ihm näherte, schlug Landru in geradezu erschreckend beiläufiger Geste mit dem Kelch den Schädel ein. Die anderen wagten keinen Schritt mehr in seine Richtung.
Nach demjenigen, der mit blutverschmiertem Schopf zu Boden gestürzt war, bückte sich Landru, packte ihn und zog ihn hoch. Ob der arme Kerl schon tot war, oder ob nur noch Reflexe seinen Körper zucken ließen, wußte ich nicht. Es tat auch nichts zur Sache ... Land-ru hielt ihn so, daß ihm der Kopf in den Nacken fiel, dann fletschte der Hüter die Lippen, offenbarte seine langen Augzähne - und hieb sie dem anderen regelrecht in den Hals!
Das Blut seines Opfers indes soff er nicht. Landru war es allein um den Effekt gegangen. Und der tat seine Wirkung. Wenn auch wohl anders, als der Hüter es sich erhofft haben mochte .
Denn die Männer wichen nicht angstbebend von ihm ab - sondern rückten im Gegenteil geschlossen auf ihn zu, angefeuert und vorwärts gepeitscht von Remigius' Worten!
»Er ist einer von ihnen!« rief er zürnend. »Laßt ihn nicht entkommen - pfählt ihn!«
Ich fühlte mich hin- und hergerissen zwischen den Möglichkeiten, die mir blieben. Sollte ich die Chance zur Flucht nutzen? Oder mußte ich (der Gedanke allein war schon blanker Irrwitz!) etwas zu Landrus Unterstützung tun? Nicht, weil mir an ihm lag, sondern lediglich um den Lauf der Geschichte nicht zu verändern!
Was würde geschehen, wenn es diesen Männern gelang, den Hüter hier und heute zu pfählen? Würde in der Zukunft, beginnend schon mit dieser Minute, alles anders werden? Und würde ich in der Folge nicht durch Lilith Edens Hand sterben - weil es dann womöglich keine Lilith Eden geben würde?
Oder war all dies, wie es hier geschah, schon Teil der wirklichen Historie?
Mir schwindelte ob all dieser Fragen, die ich nicht zu beantworten wußte.
Und instinktiv entschied ich mich für einen Weg, der mir offenstand - den zur Flucht!
Ich erhob mich, während Landru gegen die pfahlbewehrten Männer kämpfte, die mehr als ihre Muskelkraft in die Waagschale warfen.
Was waren das nur für Kerle .? Fast erinnerten sie mich an die Il-luminaten. Ich verbat mir, genauer hinzusehen und weiter darüber nachzudenken, um mich nicht von meinem Vorhaben abbringen zu lassen.
Remigius' Stimme traf mich wie ein Dolch, ihr Klang legte sich kettengleich um mich und zwang mich in Starre. »Bleib stehen, Weib! Du bist die Nächste!«
»Das wird sie nicht sein!«
Die andere Stimme peitschte aus dem Dunkel des Gewölbes. Und sie lähmte mich kaum minder als die Remigius'. Denn sie zu hören, hätte ich nie erwartet - nie mehr .
* »Tobias!«
Er trat aus den Schatten, rannte zu mir, schloß mich in seine Arme. Ich genoß seine Nähe, nur eine einzige Sekunde lang, die mir wie ein Geschenk des Himmels schien.
»Wer im Namen des Allmächtigen bist du?« brauste Remigius' Stimme.
»Tobias Stifter«, stellte sich mein Mann vor. »Mein Name wird dir nicht geläufig sein - denn du hast Monte Cargano verlassen, ehe ich mich der Illuminati anschloß.«
»Er ist - einer von euch?« entfuhr es mir erstaunt.
»Er war es«, erklärte Tobias. »Salvat jagte ihn davon.«
»Salvat!« Remigius spie den Namen des Illuminati-Führers förmlich aus. »Dieser Narr! Er war blind für das, was wir für die Welt und ihre Menschen tun können. So tat
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