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Betörend wie der Duft der Lilien

Betörend wie der Duft der Lilien

Titel: Betörend wie der Duft der Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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fing gerade an, als Cameron seinen schnittigen gelb-schwarzen Phaeton geschmeidig durch die Tore des Hyde Parks lenkte und ihn in die bunte Parade einreihte. Calliope spannte ihren Sonnenschirm auf und hielt ihn schräg nach hinten, um die Nachmittagssonne und zumindest die Blicke einiger Neugieriger abzuwehren.
    „Fühlen Sie sich wieder ganz wohl, Miss Chase?“, fragte Cameron, während er auf einen etwas weniger frequentierte Nebenweg einbog. In Bezug auf seine Fahrkünste hatte sie sich nicht geirrt: Seine behandschuhten Hände lagen federleicht auf den Zügeln, die Pferde reagierten prompt auf seine kaum merklichen Signale – genau wie sie sich beim Tanz von ihm hatte führen lassen.
    „Ein gesunder Schlaf und eine Kanne starker Tee können Wunder wirken“, antwortete sie, während sie Emmeline und ihrer Mutter zunickte, die ihnen in ihrer Kutsche entgegenkamen.
    „Sie haben also gut geschlafen?“
    Calliope lachte bedauernd. „Kaum. Ich hatte schreckliche Träume.“
    „Von herabstürzenden Statuen?“
    „Von einem haarigen Minotaurus, der mich durch endlose Flure jagte.“
    Er lächelte mitleidig. „Allein das Haus kann einem schon üble Träume verschaffen, auch ohne besondere Vorkommnisse.“
    „Allerdings. Ich hoffe, dass ich Acropolis House nie wieder sehen muss.“
    „Und seinen Besitzer?“
    „Den auch nicht. Meinen Sie, er wird überleben?“
    „Der Arzt, der letzte Nacht gerufen wurde, hat eine recht günstige Prognose gestellt. Sofern das Gehirn keinen Schaden genommen hat. Keinen weiteren Schaden, meine ich.“
    Calliopes Kehle war plötzlich trocken. „Und haben Sie gehört, wie man sich den Zwischenfall erklärt?“ „Der Duke hat sich an seinem Schatz ergötzt, und die Figur hat sich von ihrem lädierten Sockel gelöst. Ein tragischer Unfall.“ „Zumindest bis der Duke aufwacht und sagt, wie es wirklich war.“
    „Bis dann, ja. Wie geht es Ihrer Schwester heute?“
    „Sie ist still, aber halbwegs wohlauf. Clio findet ihr seelisches Gleichgewicht im Allgemeinen schnell wieder. Ihre Version der Geschichte deckt sich mit dem, was Sie wohl vermuten. Der Duke hat sie überrascht, als sie die Alabastergöttin betrachtet hat, und als er … etwas zu erzwingen versuchte, hat sie sich mit der Statue gewehrt.“
    „Bravo.“
    Calliope lachte. „Ich glaube, sie ist ein bisschen enttäuscht, dass sie es nicht zu Ende gebracht hat.“
    „Ich nehme an, dass eines Tages ein anderer das erledigen wird. Der Duke hat viele Feinde.“
    „Sie zum Beispiel, Lord Westwood?“
    Er betrachtete sie aus den Augenwinkeln. „Wer weiß, was die Zukunft bringt. Aber hatte ich Sie nicht gebeten, mich Cameron zu nennen?“
    „Wenn wir unter uns sind.“
    „Sind wir das nicht?“
    Calliope ließ den Blick über ein Bataillon von Reitern und Kutschen schweifen. „Wohl kaum.“
    „Aber niemand kann uns hören.“
    „Nun gut … Cameron. Ich hoffe, dass nicht Sie es sein werden, der eines Tages kurzen Prozess mit dem Duke macht.“
    „Sie wollen mich also nicht in Newgate sehen?“
    Calliope stellte sich ihn in abgerissenen Kleidern im Gefägnis vor, wie er dem Galgen entgegendämmerte. Früher hätte sie darüber gelacht, jetzt fröstelte es sie. „Der Duke ist es nicht wert, dass Sie oder meine Schwester seinetwegen leiden.“
    „Da sind wir entschieden einer Meinung.“
    „Und wie können wir das verhindern?“
    „Wir?“
    Calliope betrachtete ausgiebig die Parklandschaft, all die ordentlichen Baumreihen, und antwortete betont beiläufig: „Ich finde, wir haben gestern Abend ganz gut zusammengearbeitet, oder?“
    „Ja“, räumte er zögerlich ein. „Wir konnten verhindern, dass irgendjemand erfährt, was in der Galerie vorgefallen ist, aber ich möchte wetten, dass es trotzdem allerhand Spekulationen gibt.“
    Calliope dachte wieder an die Gerüchte, von denen Emmeline ihr erzählt hatte: die Wetten, wie bald Westwood und sie heiraten oder aber sich gegenseitig umbringen würden. „Mit Sicherheit. Die Leute lassen sich das Tratschen nicht verbieten.“
    „Wie gut, dass wir über so etwas erhaben sind“, spottete er. „Wir kümmern uns nur um die Belange der Kunst!“
    Calliope lachte. „Ich muss gestehen, dass auch ich mich ab und zu in die Niederungen … sagen wir … spekulativer Konversation begebe.“
    „Unmöglich! Nicht Miss Calliope Chase.“
    „Traurig, fürwahr, aber ich kann es nicht leugnen“, seufzte sie.
    „Und worüber stellen Sie Spekulationen an?“
    Über Sie,

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