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Betörend wie der Duft der Lilien

Betörend wie der Duft der Lilien

Titel: Betörend wie der Duft der Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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Gefahren, die sie nicht begriff. Selbst dieser öde Vortrag war plötzlich in etwas Bedrohliches umgeschlagen. Sie war froh, Cameron hinter sich zu wissen.
    Während sie sich den dunklen Flur entlangtasteten, fühlte sie sich an ihre Suche im Haus des Dukes erinnert. Nicht, dass die Räumlichkeiten der noblen Altertumsgesellschaft viel mit dessen Rumpelkammern gemein hatten, aber auch hier standen Statuen und hingen Gemälde. Schmale Lichtstreifen fielen auf die roten Tapeten, und von unten drangen leise Stimmen herauf. Und sie war allein mit Cameron, war sich seiner Atemgeräusche ebenso bewusst wie seines charakteristischen Dufts, der sich beruhigend über den Geruch von Politur, Staub und alten Büchern legte.
    Die ersten Türen waren wirklich abgeschlossen, und wenn sie ihr Ohr ans Holz legte, hörte sie nicht das leiseste Seufzen.
    „Sie kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben“, murmelte Calliope, während sie vergebens an einem weiteren Türknauf drehte.
    „Man kann ihr kaum verübeln, dass sie nicht mit Averton in einem Raum bleiben wollte“, meinte Cameron.
    „Aber sie hätte mir sagen sollen, wo sie hingeht.“
    „Vielleicht wusste sie das selbst noch nicht. Kommen Sie, probieren wir’s da drüben.“
    Und tatsächlich: Die nächste Tür öffnete sich zu einem der kleinen Studierzimmer, die die Mitglieder der Gesellschaft tagsüber zur Lektüre nutzten, da die Bücher nicht entliehen werden durften. Im schwachen Mondlicht, das das einzige Fenster hineinließ, waren schemenhaft zwei Tische, mehrere Sessel und ein Bücherregal auszumachen. Doch von Clio keine Spur.
    Calliope trat ans Fenster und schlang sich fröstelnd die Arme um die Taille, während sie auf die Passanten hinabblickte.
    „Sie waren mit dem Duke auf der Universität?“
    „Ja, leider.“ Er trat nicht neben sie, sondern blieb an der Tür stehen. Dennoch spürte sie seine Nähe und seine Wärme. Sie fühlte sich sicher und war zugleich nervös.
    „Und er hat damals … Frauen misshandelt?“, hakte sie nach. „Sich unehrenhaft verhalten?“
    Er seufzte. „Ach, Calliope. Ich möchte wetten, dass viele Leute sein Verhalten nicht als ‚unehrenhaft‘ betrachten würden. Er hat schließlich nichts getan, was nicht viele andere junge Herren von Stand jeden Tag tun.“
    „Aber Sie sind anderer Meinung.“
    „Die meisten Frauen, die er – wie Sie sagten – misshandelt hat, waren Wirtshausdirnen oder Krämerinnen, Putzmacherinnen und Hausmädchen. Keine feinen Damen, die man beschützt. Aber er hat sie sich genommen, ob sie wollten oder nicht, und manch einer sehr wehgetan. Ein Mädchen hat sich danach ertränkt.“
    Sofort sah Calliope vor ihrem inneren Auge Clio in den kalten Fluten versinken.
    Als sie aufstöhnte, kam Cameron zu ihr und legte ihr sanft die Hand auf den Arm. „Es tut mir leid. Ich hätte das nicht erzählen dürfen.“
    „Nein, nein, das war ganz richtig. Ich bin froh, dass ich jetzt über diesen schrecklichen Mann Bescheid weiß. Die armen Mädchen …“
    „Ja, arm waren sie. Schutzlos und allein. Er hatte kein Recht, sie so zu behandeln.“
    Calliope spürte, wie die Wut in ihm hochkochte, doch seine Berührung blieb ganz zart.
    „Aber was mag er nur von Clio wollen? Sie ist nun wirklich nicht arm oder schutzlos!“
    „Vielleicht will er sie zu seiner Frau machen, eine Familie gründen.“
    Calliope prustete entrüstet. „Dann sollte er sich schleunigst umorientieren. Clio würde nie so einen Schuft heiraten. Das sollte er spätestens begriffen haben, als sie ihn bewusstlos geschlagen hat.“
    „Vielleicht reizt ihn ihr Widerstand. Die Chase-Musen sind Rosen voller Dornen. Man muss schon sehr mutig sein, um sich an eine von Ihnen heranzuwagen.“
    Calliope drehte sich zu ihm um und versuchte im Mondlicht seine Miene zu lesen. Wie schön er war! Ein Geschöpf der griechischen Sonne und See, so frei und voller Elan. Sacht fuhr sie mit den Fingern über sein klassisches Kinn, in dem prompt ein Muskel zuckte. „ Sie haben sich herangetraut.“
    „Dann muss ich wohl mutig sein. Oder verrückt.“ Er legte ihr die Arme um die Taille und zog sie an sich. Sie leistete keinen Widerstand, sondern gab ihrer Neugier und diesem überwältigenden, unbekannten Gefühl in ihr nach. Es war berauschend, schwindelerregend, und sie klammerte sich an seine Schultern, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Noch nie war sie einem Mann so nah gewesen. Wie das prickelte; wie zu viel Champagner! Oder wie das Gras auf der

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