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Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition)

Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition)

Titel: Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Bartel
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Typen vom Obdachlosenheim, hilft ein bisschen auf dem Schrottplatz aus, sammelt Pfandglas ein oder liegt auf der Wiese. Ansonsten malt er.
    Bei der letzten Supervision wurde beschlossen, dass es mal wieder Zeit sei, Horsti behutsam an feste Strukturen heranzuführen. Das wird alle paar Jahre mal versucht, hat unsere Chefin zugegeben, aber Horsti ist immun gegenüber pädagogischen Maßnahmen jeder Art, außerdem verfügt er über eine amtlich beglaubigte »Werkstättenunfähigkeit« und das muss man auch erstmal schaffen. Die Supervisorin findet das bedenklich. »Immerhin hat er jetzt ein Zuhause«, hat unsere Chefin Horsti verteidigt. »Er übernachtet nicht mehr draußen, das ist ein großer Fortschritt.«
    »Wir werden den Generalsuperintendenten in der Aula begrüßen«, sagt die Diepenkötter, das heißt, wir können einfach sitzenbleiben, denn nach dem Mittagessen wird die Cafeteria automatisch zur Aula. Man muss nur die Teller wegräumen.
    Frau Diepenkötter hühnert herum, gibt Anweisungen und geht noch einmal die verschiedenen Programmpunkte durch: Es gibt eine kurze Begrüßungsansprache, dann singt der Chor, eine Rollstuhltanzgruppe tritt auf und schließlich gibt es eine kleine Schau mit Arbeitsproben aus der Werkstätte. Zur Koordinierung der Aktivitäten hat Frau Diepenkötter sieben Arbeitsgruppen gebildet, die sich jetzt gegenseitig im Weg herumstehen. Annika hat sich für alle Arbeitsgruppen gemeldet und heult, weil sie nicht weiß, wo sie zuerst hingehen soll.
    Mario tröstet sie, indem er erst ihre Wange und dann ihre Brust knetet. Annika zeigt sich erfreut, umarmt ihren Mario und erklärt sich bereit, allen Zwist und Hader mit sofortiger Wirkung zu vergessen. Aber vorher zählt sie seine Verfehlungen noch einmal auf, Mario bekennt sich schuldig im Sinne der Anklage und schaut dabei versonnen auf die wachsende Beule in seiner Hose.
    »Mario, ich liebe dich und dat weißt du auch«, ruft Annika ihrem Gespons ins Gesicht, der keine Handbreit vor ihr steht, und lässt sich divenhaft in seine Arme sinken. Mario pariert glänzend, macht einen Ausfallschritt, um das nicht unbeträchtliche Gewicht seiner Geliebten auszutarieren, dann gehen die beiden einander beschmachtend zu Boden und stecken sich ihre Zungen in den Mund.
    »Boah, die bekloppten Mongos«, ruft Horsti, drängelt sich durch die dichter werdenden Zuschauerreihen und handelt sich für beides einen giftigen Blick von Frau Diepenkötter ein. Horsti ficht das freilich nicht an. »Wie die Karnickel«, findet er und meint das durchaus anerkennend.
    Annika und Mario bewegen sich nämlich bereits in den Randbereichen bürgerlicher Schicklichkeit, und deswegen fragt die Diepenkötter, ob sie nicht lieber rübergehen wollen.
    »Jawoll, ins Fickzimmer«, freut sich Horsti.
    »Es ist ein Snuselraum«, versuche ich Horsti die offizielle Bezeichnung und Benutzung ins Gedächtnis zu rufen. Vergeblich. Der Snoezelraum sieht aus wie eine Opiumhöhle für Minderjährige und ist mit einer durchgängigen Liege- und Sitzlandschaft eingerichtet. Wassergefüllte Stelen leuchten verschiedenfarbig vor sich hin und eine Farbdrehscheibe projiziert erbarmungslos grinsende Fische an die Decke. Im Snoezelraum soll man Stress abbauen, sich entspannen und Sinneswahrnehmungen genießen. Mit anderen Worten: Es ist ein Fickzimmer.
    »Der Dirigent ist da!«, schreit Horsti kurze Zeit später in den allgemeinen Aufruhr hinein.
    Tatsächlich haben sich die klerikalen Granden beinahe unbemerkt eingeschlichen, und nur der Geistesgegenwart eines Käpt’n Horsti ist es zu verdanken, dass der hohe Besuch ordnungsgemäß im Namen der Bundesregierung begrüßt werden konnte. Während Frau Diepenkötter Annika und Mario nachdrücklich gen Snoezelraum lotste, hat er sich bereits als Leiter der Einrichtung vorgestellt.
    »Ich bin Käpt’n Horsti«, sagt er, knufft dem Superintendenten in die Seite und deutet in den Raum. »Und das sind alles Bekloppte.« Der Kleriker schaut würdevoll, aber unverständig.
    Frau Diepenkötter legt den Finger auf die Lippen und macht sehr laut »Psst«, wie sie es immer tut, wenn Ruhe einkehren soll. Der pädagogischen Theorie nach sollten jetzt alle den Finger auf die eigenen Lippen legen und still sein. Aber weil die Praxis der Theorie wieder mal um eine Nasenlänge voraus ist, brüllt sie: »Ruhe, verdammt nochmal!« Es wirkt.
    Der Landeskirchenmann sagt, dass sie – die geschätzte Frau Diepenkötter, souffliert einer seiner Begleiter – hier wohl

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