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Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition)

Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition)

Titel: Betreutes Wohnen: Ein WG-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Bartel
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verhaftet«.
    Sie grinst, dann versuchen wir die wiederkehrenden Gesten Georg-Friedrichs zu deuten, bis seine Bewegungen sich beruhigen, zuletzt nur noch angedeutet werden und schließlich ganz versiegen.
    Er bleibt abrupt stehen, wendet sich Sarah zu und informiert sie umgehend, auf dem Weg zur Halle dreiundneunzig Straßenlaternen, davon dreizehn mit defekten Beleuchtungskörpern, und in der Halle fünfhundertdreiundzwanzig Konzertbesucher gezählt zu haben. Ich frage, ob er unter diesen auch irgendwelche Defekte hat feststellen können, aber Sarah zischt mir zu, dass dies kein guter Zeitpunkt sei, einen Autisten mit Fangfragen aus dem Konzept zu bringen. Der Drewermann ignoriert mich und fährt mit seinen statistischen Betrachtungen fort.
    Er hat eine ausgesprochen schöne Sprechstimme, ein voller, gut sitzender Bariton, mit dem man Lebensversicherungen verkaufen oder Erweckungspredigten halten könnte, und tatsächlich umgibt ihn ja diese Aura eines etwas menschenscheuen Theologen. Als ich ihm in die Augen schaue, guckt er schnell weg und sagt dann in seinem eigentümlichen Singsang: »Siebenunddreißig Blumen vorne auf dem Hemd.« Ich schaue an mir herunter und bin beeindruckt. Nicht von meinem Hemd, das ist ziemlich scheiße, wie mir allerdings erst jetzt auffällt, sondern von der schnellen Auffassungsgabe des Drewermanns.
    Als ich freilich zu Hause nachzähle, stimmt die Zahl nicht, es sind viel mehr Blumen drauf. Georg-Friedrich ist zwar Autist mit Zahlentick, kann aber nicht besonders gut rechnen, werde ich später erfahren. Oder er gibt absichtlich falsche Ergebnisse bekannt, damit man ihn nicht mit Dustin Hoffman aus »Rain Man« verwechselt und für einen Casinobetrug zu missbrauchen versucht. Genau das hatte ich kurz in Erwägung gezogen.
    Das Konzert ist vorbei, die Tore öffnen sich und aus einer dunstigen Wand aus Tabak, Dope und Schweiß taumelt die Besucherschaft ins Freie. Es sieht ziemlich bescheuert aus, wenn man es von unserer Seite aus sieht, und Sarah fällt als passender Vergleich der Film »Nebel des Grauens« ein.
    Wir sitzen auf dem Bordstein, Georg-Friedrich ist friedlich in sein Heft vertieft, das er mit geheimnisvollen Hieroglyphen beschriftet. Ich hätte längst zurückgehen können, zu Carina und den anderen, und ich weiß nicht einmal genau, was mich zurückgehalten hat. Carina ist unglaublich schön, steht ganz offensichtlich auf mich und ist auch nicht blöd oder so.
    Matthes winkt mir zu, er hat Priscilla im Arm, die beiden sehen ziemlich durchgeschwitzt und abgekämpft aus, aber auch so, als ob sie einen Sieg errungen haben.
    Matthes und Priscilla lecken sich gegenseitig den Schweiß vom Gesicht.
    Ich sitze neben einem fremden Mädchen und einem Behinderten.
    Bernd kommt mit dem Punk im Arm zu uns gestolpert und stellt ihn als Wolle vor. Die beiden sind Freunde geworden. Wolle sagt, dass Bernd krass unterwegs ist. Bernd sagt, dass Wolle einen formidablen linken Haken schlägt.
    »Wo ist denn Carina?« Die Frage kommt von Matthes.
    »Weiß nicht, wahrscheinlich schon weg«, sage ich und Matthes verdreht die Augen.
    Ich werde sie später aber doch wiedertreffen, als Sarah sich bereits verabschiedet und Georg-Friedrich überredet hat, in den Bus zu steigen, obwohl ihm dessen Nummer nicht gefällt, Matthes und Piscilla ineinander verschlungen die Straße hinunterlaufen, während Bernd und der Punk auf jede Straßenlaterne zurennen, um sie auszutreten.
    Ich werde lügen und behaupten, dass ich bloß frische Luft habe schnappen wollen, die Ordner mich aber nicht wieder reingelassen hätten, weil mein Stempel abgewaschen gewesen sei. Und das wird sie glauben, denn vermutlich klang ich sehr überzeugend, weil ich es selber glauben wollte, und dann wird sie sagen: »Schade, war ein geiles Konzert. Machen wir noch was?«
    Und das werden wir dann auch.
    Ich werde am nächsten Morgen neben ihr aufwachen, der Sex wird großartig gewesen sein, zumindest wird es Sex gewesen sein, die Sonne wird durch das Fenster ihres Wohnheimzimmers scheinen und ich werde Kaffee gemacht haben. Wir werden gemeinsam frühstücken und dann einen Sonntag aus dem Lehrbuch mit Picknick und allen Schikanen verbringen, aber durch das Bombardement von Hormonen und Serotonin und die quecksilbrige Erkenntnis, dass Glück möglich ist, wird leise, aber deutlich vernehmbar eine Stimme hindurchquäken: »Du gehörst hier nicht hin.«
    Und als Carina im späten Nachmittagslicht ihre Lippen auf meine gedrückt haben wird und

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