Betreuung von Angehoerigen
unterbringungsähnlichen Maßnahme die Rede.
Gurte, Gitter, Psychopharmaka
Eine mechanische Vorrichtung liegt vor, wenn der Betreute im Zimmer eingeschlossen wird, nachts die Eingangstüren verschlossen werden oder Bauchgurte und Bettgitter den Betroffenen hindern, nachts aus dem Bett zu steigen. Auch das Festbinden mit Gurten an Stühlen oder Rollstühlen (etwa wenn der Betroffene nicht sicher sitzen kann) gehört zu unterbringungsähnlichen Maßnahmen. Unter Medikamente fallen Schlafmittel, falls sie gezielt verabreicht werden, oder Psychopharmaka zur Ruhigstellung der Betroffenen. Eine „sonstige Weise“ liegt vor, wenn Alarmetiketten an der Kleidung angebracht werden oder das Personal den Betroffenen am Verlassen der Einrichtung hindert.
Freiheitsentzug durch Angehörige
Eine unterbringungsähnliche Maßnahme liegt nur vor, wenn sie über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig zur Freiheitsentziehung verwendet wird. Wenn Familienangehörige eine psychisch oder körperlich erkrankte Person pflegen und zu Hause festhalten, einsperren oder anbinden, ist nicht von unterbringungsähnlichen Maßnahmen die Rede, auch wenn es sich um typische Aktivitäten der Freiheitsentziehung handelt. In der Praxis sind Angehörige schwer kontrollierbar, und so kommt es immer wieder vor, dass alte Menschen jahrelang von ihren eigenen Verwandten, ja sogar den eigenen Kindern, zu Hause weggesperrt werden. Ein Betreuer aus der Familie darf eine solche Praxis unter keinen Umständen dulden, da er sich sonst strafbar macht.
EXPERTENTIPP
In manchen Fällen ist es sinnvoll, wenn Verwandte oder sonstige Personen eine Betreuung durch eine familienfremde Person anregen. Jeder Bürger hat das Recht und die Pflicht, gegen illegale Freiheitsentziehung anderer Bürger vorzugehen. Ein kritischer Betreuungsrichter wird entsprechenden Hinweisen nachgehen. Manchmal ist ein Berufsbetreuer wesentlich besser als Familienangehörige in der Lage, die Rechte eines Betreuten zu wahren.
Freiheit in eigener Wohnung
Lebt eine betreute Person in ihrer eigenen Wohnung, so sind freiheitsentziehende Maßnahmen nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ein eingeschalteter familienfremder Pflegedienst darf die Wohnung des Betreuten nur mit richterlicher Genehmigung abschließen. Angeregt durch kritische Berichte über untragbare Zustände in Heimen (Befestigung von Bettgittern ohne Not, Ruhigstellung mit Psychopharmaka) ist in der Rechtsprechung die Tendenz festzustellen, freiheitsentziehende Maßnahmen sehr kritisch zu bewerten, abzulehnen und nur in gut begründeten Ausnahmefällen zuzulassen.
EXPERTENTIPP
Jeder Betreuer ist gut beraten, freiheitsentziehende Maßnahmen entweder nicht zu akzeptieren oder beim Gericht eine Genehmigung einzuholen. Niemand, auch kein Betreuer, sollte sich hier in eine gefährliche Grauzone zwischen Legalität und Illegalität begeben.
Beginn, Ende und Verlängerung der Unterbringung
Der Betreuer stellt für den Betroffenen den Antrag auf Unterbringung, wenn sein Aufgabenkreis „Wohnungsangelegenheiten“, „Aufenthaltsbestimmung“ oder „Unterbringung“ umfasst. Notfalls muss der Aufgabenkreis des Betreuers erweitert werden. Gegen den eigenen Willen darf eine freiheitsentziehende oder unterbringungsähnliche Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn dies zum Wohle des Betreuten erforderlich ist.
Erforderlich ist die Unterbringung nicht, wenn eine weniger einschneidende Maßnahme ausreichend wäre. Nur das mildeste Mittel darf angewendet werden. Erforderlich ist die Freiheitsentziehung, wenn die Gefahr besteht, dass sich der Betreute selbst tötet oder er sich selbst erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt. Unsoziales Verhalten genügt nicht. Die Gefahr muss aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten bestehen. Eine Wahrscheinlichkeit der Gefahr ist erforderlich. Eine Unterbringung kommt auch bei der Notwendigkeit einer Heilbehandlung unter folgenden Voraussetzungen in Betracht, die alle gegeben sein müssen:
Eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff ist notwendig.
Es muss ein nicht nur geringfügiger Gesundheitsschaden drohen, wenn die ärztliche Maßnahme nicht durchgeführt wird.
Die ärztliche Maßnahme selbst kann ohne die Unterbringung nicht durchgeführt werden.
Eine ambulante Behandlung ist nicht ausreichend.
Der Betreute ist aufgrund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder
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