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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartens
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viel zu spät.«
    »Das meine ich nicht. Du weißt genau, wovon ich spreche.«
    »Ach, Dorothee. Wenn du mit einem Mann schon so lange zusammen wärst wie ich mit Alex, dann käme dir aufregender, gemeinsamer Sex auch vor wie ein fernes, exotisches Ritual, das du nur noch aus dem Fernsehen kennst. Da kommt überhaupt nichts mehr, nada. Im Klartext: Wir haben kaum noch Sex.«
    »Das tut mir echt leid für euch. Aber dann ist es umso wichtiger, die seltenen Momente der Lust möglichst lange auszukosten. Das Zauberwort heißt sexuelle Kontinenz. Auf Deutsch: Er soll möglichst lange dicht halten, und damit das klappt, gibt es spezielle Yogaübungen für sie und ihn.«
    »Ehrlich, Dorothee, bist du nicht ganz dicht? Und ich brauche das nicht. Lass gut sein. Wir sind so verspannt miteinander, da kommt keiner von uns beiden in Versuchung. Wenn wir eines derzeit nicht nötig haben, dann dieses erotische Ausdauertraining.«
    »Aber vielleicht kannst du es irgendwann trotzdem mal anwenden. Komm, ich zeig’s dir.«
    Claras letzte Erfahrungen mit seltsamen Übungen auf stinkenden Gummimatten im Heizungskeller eines Arztes rühren vom autogenen Training her, es war noch zu ihren Studienzeiten. Sie entspannte sich damals ganz gut, aber bei der Aufforderung »Wohlige Wärme durchströmt meine Gedärme« entfuhren einigen der Kursteilnehmer scharfe Winde, was dazu beitrug, dass sie den Folgekurs nicht mehr belegte.
    Ohne auf Claras Reaktion zu warten, rollt Dorothee im Wohnzimmer ihre Yogamatte aus und legt sich auf den Rücken. Clara überlegt, ob sie sich zurückziehen und die Spülmaschine ausräumen soll, während Dorothee ihre erotischen Turnübungen vorführt. Doch dann hört sie diese seltsamen gemurmelten Selbstgespräche. Es klingt ein bisschen so wie die Kommandos auf einem Reiterhof.
    »Ruhig, ja, so ist es gut. Zähme dich, zähme deine Energie und spüre die Ruhe und die Kraft in dir. Lass den Tanz der Ekstase ewig dauern. Du kannst die ganze Nacht Liebe machen, wenn du es nur willst.«
    Clara schaut verwundert auf Dorothee hinunter, die auf ihrer Yogamatte wenig harmonische Zuckungen mit ihrer Körpermitte ausführt und dabei die Beine anwinkelt und wieder abspreizt. Die ganze Nacht? Irgendwann will man ja auch mal schlafen. Am meisten ist sie aber verwundert über die gepressten, hohen Schreie, die Dorothee hervorbringt. Sie klingt ebenso beseelt wie ängstlich. Entspannt wirkt das alles nicht.
    »Du bleibst ganz bei dir und hast die Kontrolle über dich und deinen Körper. Du hast die Kontrolle. Alle Energie bleibt in dir. Zügele dich, du wirst nicht schwach, mein tapferer Krieger.« Sie wird immer lauter, und es klingt eher wie ein Befehl als wie eine erotische Beschwörung.
    Dorothee verdreht ihre Beine, und Clara ist sich sicher, dass ein Mann schon rein technisch so nie zur Erfüllung gelangen kann, wenn er eine dermaßen verknotete Frau vor sich – ja was denn? – sitzen, liegen oder kauern sieht. Da möchte man eher den Orthopäden oder besser einen Unfallchirurgen rufen, als selbst Hand anzulegen.
    »Tut das nicht weh?«, fragt Clara, die das Gesicht verzieht und langsam anfängt, sich fremdzuschämen.
    »Überhaupt nicht, ich spüre, wie eine tiefe, innere Wärme in mir aufsteigt. Es wird immer gewaltiger.«
    »Wahrscheinlich wegen der abgeklemmten Nerven und Blutgefäße. Soll ich dich aus dieser misslichen Lage befreien?«
    »Bloß nicht, ich bin bis in die letzte Pore sinnlich aufgeladen. So erfüllt war ich noch nie. Und ich berste gleich vor Lust.« Dorothee stöhnt leise und atmet etwas schneller.
    Als sie sich wieder beruhigt hat, redet sie in diesem belehrenden, quengelnden Ton weiter: »Und wenn er es gar nicht mehr aushalten kann, musst du ihm sofort den Saft abdrehen und fest hinten an der Wurzel drücken. Das tut ein bisschen weh, aber es wirkt sofort. Und obwohl es so martialisch klingt, er wird es dir danken.«
    »Au ja, können wir mitmachen?« Rebecca und Miriam sind aus dem Kinderzimmer gekommen, haben sich auf Socken von hinten angeschlichen und dem Schauspiel eine Weile zugesehen. Jetzt hocken sie sich auf die Turnmatte neben Dorothee, die eine Weile braucht, bis sie ihre Beine wieder entwirrt hat.

Liebe ohne Worte
    Wir sind mal wieder viel zu spät zu meiner Mutter aufgebrochen. Ich hatte vorher noch im Labor vorbeischauen müssen, um die Auswertungen der Stresshormonmessungen und Testosteronspiegel bei Pavianen zu kontrollieren. Die Autofahrt zieht sich ewig hin, ein Stau nach dem

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