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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartens
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Vorfall, der vielleicht wichtig ist: Ich war nicht sehr freundlich zu ihm. Habe ihn gar nicht beachtet, nachdem ich eine Woche lang weg war. Ja, es liegt an mir, Sie haben recht, ich habe gar nicht wahrgenommen, was er alles für mich vorbereitet hat in meiner Abwesenheit. Auch Nudelsalat. Nein, das war nicht sehr nett von mir, wirklich nicht, Herr Wachtmeister. Ich habe ihn wahrscheinlich verletzt, und das tut mir auch wirklich leid. Nein, nicht körperlich, nein, keine Stichverletzungen. Nein, Würgemale auch nicht. Ich war aber auch sehr müde, wissen Sie. Gut ja, ein bisschen zärtlicher hätte ich schon zu ihm sein können, freundlicher, zugewandter, das stimmt. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er so empfindlich reagieren würde.«
    So in etwa wird sie es wohl ausdrücken. Bei der Polizei gibt es ja Kräfte, die im Zuhören geschult sind.
    Ich bin jetzt schon mindestens eine halbe Stunde lang im Bad und beschließe, es ihr nicht länger so schwer zu machen. Außerdem ist die Unterseite meiner Schenkel schon ganz taub, weil ich auf der Klobrille sitze. Ich bin jetzt wieder versöhnlicher gestimmt, kann vergeben und verzeihen. Also gehe ich aus dem Bad zurück ins Schlafzimmer und lege mich unter die Bettdecke. Ich bin bereit zu einem offenen Gespräch, ohne Vorwürfe und Gram, den Blick nach vorn gerichtet.
    Clara liegt noch genauso da, wie ich sie verlassen habe. Die Bettdecke ist wurstartig unter ihrem Körper festgezurrt. Zutritt verboten, kein Einlass. Sie schläft fest, ihre Atemzüge sind tief und regelmäßig.

Harmonischer Energiefluss
    Es klingelt. Diesmal ist es nicht das Telefon, sondern jemand läutet an der Haustür. Es ist seit Studententagen nicht mehr vorgekommen, dass jemand spontan vor der Tür steht, ohne Teppiche verkaufen zu wollen, Spenden für blinde oder misshandelte rumänische Waisenkinder einzutreiben oder eine Bioobst- und -gemüsekiste für die ganze Familie anzupreisen.
    Dorothee steht in der Tür. Langsam wird es lästig, denkt Clara, diese Frau ist einfach nicht abzuschütteln.
    »Was für eine Überraschung«, sagt Clara mit gespielter Freundlichkeit.
    »Ein bisschen mehr Freude könntest du schon zeigen, wenn deine beste Freundin spontan Zeit für dich hat.« Dorothee hat ihre Sporttasche dabei und eine große, gerollte Yogamatte unter dem Arm.
    »Bist du aus deiner Wohnung rausgeschmissen worden und willst hier bei uns einziehen?«, fragt Clara. »Das hätten wir vorher besprechen müssen.«
    »Ich muss dir etwas Unglaubliches zeigen. Und du musst sofort mitmachen.«
    »Bitte verschon mich. Ich hör dir gern zu und lasse mir alles von dir erzählen, aber ich mache jetzt keine Turnübungen.«
    »Aber es würde dir guttun – beruflich und erst recht privat.«
    Clara schwant Übles. Das letzte Mal, als Dorothee ihr versprochen hatte, sie könne privat wie beruflich gleicher maßen profitieren, ging es um eine bizarre Darbietung unter dem Titel »Puppetry of the Penis«, zu der Dorothee sie bei einem Junggesellinnenabschied mitgezerrt hatte. Zwei Jungs aus Australien führten eine Art Penisorigami vor und verknoteten ihr Genital und die Hoden zu allerlei Figuren. Bei dem Kasperletheater bildeten sie Hamburger, den Eiffelturm, das Gehirn oder auch »Die Armbanduhr« nach.
    Die akrobatischen Leistungen der beiden Herren waren in der Tat erstaunlich, aber Clara konnte sich nicht recht konzentrieren, weil sie immer fürchtete, einer der beiden würde eine akute Hodentorsion erleiden und sie müsste auf der Bühne Erste Hilfe leisten und das verdrehte Gemächt wieder entwirren. Erotisch war das jedenfalls nicht. Sie ist jetzt doch gespannt, was Dorothee ihr Erbauliches vorführen will.
    »Ich war doch gerade in Indien in diesem Ayurveda-Hotel«, sagt Dorothee. »Das war so wunderbar. Diese freundlichen Menschen, dieses Klima und das leckere Essen. Aber eine Ahnung von der wahren Erfüllung habe ich erst am allerletzten Abend bekommen.«
    »Was, jetzt hast du dir schon für einen Haufen Geld in Indien Öl aufs Hirn gießen lassen, und es hat doch noch nichts genützt, oder wie soll ich das verstehen?«
    »Doch, doch, es war unfassbar schön. Aber von höheren Graden der Befriedigung habe ich erst später erfahren, das muss ich noch vertiefen. Nächstes Wochenende geht der Kurs hier weiter.«
    »Was für ein Kurs – und welche Befriedigung?«
    »Na, tu doch nicht so. Kennst du das nicht, dass du dich den ganzen Abend darauf freust, aber er dann viel zu früh kommt?«
    »Alex kommt oft

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