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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartens
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sind geheimnisvolle Orte. Manchen bringen sie Glück, anderen Verhängnis.«
    »Was sollen diese Andeutungen? Ich will wissen, was los war.«
    »Ich zog aus, um die Liebe zu suchen, doch ich fand nur Sex«, sagt Raffael gespielt melancholisch.
    »Also haben wir zusammen geschlafen, oder? Red mal Klartext.« Claras Stimmlage geht bedrohlich in die Höhe. So redet sie sonst eigentlich nur mit ihren Töch tern – oder wenn sie Alex’ Annäherungsversuche ab wehren muss.
    »Du darfst den Sex nicht auf zwei oder mehr nackte Körper reduzieren. Sex findet zwischen den Ohren statt. Das ist alles reine Kopfsache. Also, wenn du wirklich wissen willst, was passiert ist, antworte ich dir: Alles, was du dir denken kannst«, sagt Raffael und lächelt. »Und wenn du dir gar nichts denken kannst, dann ist auch nichts passiert. Dahinten ist übrigens das Badezimmer.« Er zeigt auf eine Tür, die in die Wand neben den Maschinen eingelassen ist.
    »Klar, Sex ist Kopfsache. Das sage ich meinen Patienten auch immer, wenn sie keinen mehr hochkriegen.« Clara steht auf. Sie ist vollkommen nackt. Nur den Armreif, den er ihr gestern geschenkt hat, trägt sie noch am Handgelenk. Sie reißt das Bettlaken an sich, bedeckt ihre Blöße. Wie peinlich, so vor Raffael entlangspazieren zu müssen, wie auf dem Laufsteg.
    »Du findest alles, was du brauchst, in dem kleinen Schränkchen. Bedien dich einfach«, ruft Raffael ihr hinterher.
    Clara geht an Korntrenner, Schüttelsieb und Werkbank vorbei und lässt vor der Badezimmertür demonstrativ das Laken fallen. Sie will erst mal duschen. Riecht sie vielleicht nach frischem Sex? Sie weiß es nicht. Auch das Badezimmer ist riesig, aber noch gigantischer ist die Auswahl dort. Es gibt rosa Zahnbürsten, es gibt gelbe, grüne und blaue, mit weichen, harten und mittelharten Borsten. Zahnseide steht da, gewachst und ungewachst, mit Minzgeschmack und ohne, und sogar diese flauschige Seide für die Reinigung größerer Zahnzwischenräume ist da. Was soll das alles? Ist Raffael im Drogeriegewerbe tätig, oder hat er eine Lieferung von Schlecker überfallen?
    Clara öffnet das Schränkchen. Dort gibt es nicht nur Feuchtigkeitscreme, Tagescreme, Nachtcreme und Bodylotion und spezielle Pflegeserien für die Haut ab 30, sondern auch Parfums in allen Preisklassen, Duftnoten und Geschmacksrichtungen, darüber hinaus Damenrasierer, Enthaarungscremes und sogar Binden und Tampons in verschiedenen Stärken. Wie pervers ist das denn?
    Sie entdeckt ein kleines Spiegelschränkchen. Wahrscheinlich hat er dort Kondome in allen Farben und Geschmacksrichtungen gelagert, mit Noppen innen oder außen. Sie soll sich ja bedienen, hat er gesagt, also macht sie es auf. In dem Schrank befinden sich Armreife. Nicht einer oder zwei, sondern schätzungsweise 20. Sie reißt den Schmuck heraus, dabei fällt die Hälfte der Ringe klingend auf den Fußboden. Es dauert, bis sich die taumelnden Ringe in ihrem Tanz auf den Fliesen beruhigt haben.
    Einen nach dem anderen hebt sie auf. Jeder Reif ist mit Gravuren versehen. Auf einigen steht auf der Innenseite »Für den hellsten Stern am Firmament«. Auf mehreren anderen ist »Für meine wilde Raubkatze« eingestanzt. Schließlich findet sie auch ihr Modell. Einen identischen Reif mit der Aufschrift »Für die Eine unter Millionen«.
    Clara reißt – immer noch nackt – die Tür zum Loft auf. Raffael steht am Fenster, schaut auf die Stadt.
    »Du berechnender Schuft!«, schreit sie Raffael an und schmeißt ihm den Armreif vor die Füße. »So kannst du nicht mit mir umgehen, so nicht. Wen willst du damit beeindrucken?«
    »Niemanden«, sagt Raffael unendlich sanft. »Ich möchte lediglich, dass sich eine Frau bei mir wohlfühlt.«

Rückbildungsgymnastik
    Meine Wunden sind wieder verheilt. Es hat länger gedauert, als ich gedacht habe, aber es ist vollbracht. Die Operations- wie auch die Tretwunden. Die psychischen Verletzungen brauchen hingegen noch eine Weile, das ist ein längerer Prozess, bis die nicht mehr schmerzen. Wir liegen im Bett, es ist nach Mitternacht, ich kann aber noch nicht schlafen.
    Was soll das alles? Wozu veranstalten wir dieses Theater eigentlich noch? Unsere Ehe ist nur noch ein Krampf. Sollten wir uns nicht vielleicht doch besser trennen? Lange habe ich versucht, es Clara auf jede Weise recht zu machen, habe mich erniedrigt, sie umgarnt, ihr nach dem Mund geredet, ich war ein Beischlafbettler.
    Und ich habe mich sogar für sie operieren lassen. Okay, theoretisch wäre

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