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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartens
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das auch für mich jetzt einfacher mit der Verhütung, aber eben nur theoretisch.
    Clara ist eine wunderbare Frau, nur offenbar sind wir uns mit den Jahren weitgehend abhandengekommen. Wenn man so weit ist, wie wir es sind, wäre es vielleicht besser, sich zu trennen. Nur wegen unserer beiden Mädchen wäre es jammerschade.
    Dabei war sie heute Abend sogar anders als sonst. Milder, aufmerksamer. Fast so, als hätte sie mir gegenüber ein schlechtes Gewissen. Nicht einmal Clara kann übersehen, wie ich leide. Jetzt findet sie offenbar auch nicht in den Schlaf. »Ich habe Sehnsucht nach dir«, sagt sie leise. »Ich brauche dich!«
    Habe ich richtig gehört? Was ist denn mit ihr los? Das hat sie ja seit fast zehn Jahren nicht mehr zu mir gesagt. Die Trennung ist erst mal aufgeschoben.
    Ich robbe zu ihr rüber und kuschele mich gleich an sie. Es ist so weit, wir werden intim, ich weiß es, zwar noch nicht sofort, aber es wird so weit kommen. Clara will es auch, ganz langsam, ganz in Ruhe, und sie sagt deshalb betörend gurrend: »Lass dir Zeit.«
    Das ist auch in meinem Sinne. So ganz traue ich dem Ganzen da unten noch nicht, seit ich meine Samenstränge habe kappen lassen.
    Zärtlich streicheln wir uns, küssen uns auf Hals und Schultern, sie schmiegt sich an mich, dreht ihren Oberkörper in mich hinein, jetzt ist es gleich so weit.
    »Hallo«, wimmert es plötzlich. »Hallooo!«
    Miriam steht in der Tür. »Ich habe schlecht geträumt«, schluchzt sie, während sie sich zu Clara unter die Decke kuschelt. Miriam ist noch im Halbschlaf. Gleich wird sie weiterschlummern oder sogar zu ihrer Zwillingsschwester Rebecca zurück ins Zimmer gehen. Vielleicht können Clara und ich uns auch wieder näher kommen, wenn Miriam hier bleibt, ganz leise. Oder darf man das nicht, wenn das eigene Kind neben einem liegt? Wird es dann traumatisiert fürs Leben, wenn es mitbekommt, wie Mama und Papa sich lieb haben?
    Werden sie ähnlich traumatisiert wie jene Singlemenschen, die befreundete Pärchen in ihrer Wohnung als Übernachtungsgäste dulden, sich aber verbitten, dass dort etwas läuft? Ich habe ganz früher mal meine Freundin besucht, die in einer fernen Stadt ein Praktikum machte und währenddessen bei einer guten Bekannten wohnte. An dem Fleck auf dem Bettlaken hätten Freun de des Rorschachtests ihre Freude gehabt. Ich wusch das mit der Hand aus und bearbeitete die Stelle dann mit einem Fön, um keine verräterischen Spuren zu hinterlassen.
    Bevor ich diese Erwägungen mit einem befriedigenden Ergebnis abschließen kann, fragt Miriam erstaunlich wach: »Hat Papa eigentlich auch eine Scheide?« Es muss tatsächlich ein Albtraum gewesen sein, der unsere Tochter gerade heimgesucht hat.
    »Nein, das weißt du doch, mein Schatz«, sagt Clara beruhigend. »Papa hat ein Schwänzchen.«
    Sie sagt tatsächlich Schwänzchen. Mehr Erniedrigung ist kaum möglich. Aber selbst was die Kernthese ihrer Behauptung angeht, bin ich mir inzwischen nicht mehr so ganz sicher. In den letzten Wochen und Monaten bin ich mir weitgehend geschlechtslos vorgekommen, nicht nur wegen der Operation. Zur Bestätigung verkriecht sich mein Schwänzchen sofort wieder und geht bald darauf schlafen. Kindern kann man nicht böse sein, auch wenn sie als fleischgewordenes Verhütungsmittel auftauchen und nicht nur die Fortpflanzung, sondern auch jeden Sex verhindern.
    Miriam kuschelt sich zwischen uns, und nachdem sie mit tiefen Seufzern eingenickt ist, tritt sie mich im Schlaf mehrmals kräftig in den Unterleib. Es ist nun endgültig kein Gefühl von Lust mehr da, dafür ehrlich empfundener Schmerz am Schwänzchen.
    Während ich am nächsten Morgen durch die Stadt zum Institut laufe, kommt die Ungewissheit wieder. Nein, nicht wegen Miriams Fragen. Seit einigen Wochen habe ich nun schon den Eindruck, dass mein Penis immer kleiner wird. Es ist wie eine fortschreitende Krankheit. Er ist nur noch sehr selten in Gebrauch und verkümmert deshalb langsam, aber stetig. Es ist erschreckend. Man muss ihn ja nicht gießen oder gelegentlich düngen wie eine Topfpflanze, aber eingehen kann er vermutlich trotzdem. Da redet nur niemand drüber, und die Ärzte verschweigen dieses häufige Problem wahrscheinlich auch, um ihre Patienten nicht zu beunruhigen. Ein medizinisches Tabu.
    Beim Mandrill ist die Größe der Hoden direkt davon abhängig, wie oft er sich mit einem Weibchen paart. Das Alphatier hat die größten, und auch sein Testosteronspiegel steigt an, wenn er die Gruppe

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