Betrug beim Casting
geduldig zu.
Kim sah zwischendurch unauffällig auf ihre Armbanduhr. Acht Minuten hatten sie schon überstanden. Jetzt mussten sie noch sieben Minuten herumkriegen. Hoffentlich konnten sie Frau Ternieden so lange einlullen!
Während Kim und Marie sich mit Frau Ternieden beschäftigten, checkte Franziska schnell alle Räume ab. Im Erdgeschoss gab es neben dem Wohnzimmer nur noch ein Musikzimmer mit einem Klavier drin. Im ersten Stock waren das Bad, das Schlafzimmer der Eltern und das Zimmer von Jette und Julia. Letzteres platzte vor lauter Klamotten fast aus den Nähten. Franziska ließ es links liegen und nahm sich das Arbeitszimmer von Frau Ternieden vor. Sie erkannte es sofort, weil auf dem Schreibtisch mehrere Fotos von ihr standen und daneben ein Stapel zartrosa Visitenkarten in einer Muschelschale lag.
Helga Ternieden
Immobilienmaklerin
Termine nach Vereinbarung
Franziska musste grinsen. In puncto Geschmacklosigkeit konnte Frau Ternieden locker mit ihren Töchtern mithalten. Dann konzentrierte sich Franziska wieder auf ihre Arbeit. Der Schreibtisch war peinlich aufgeräumt, und in einem Ablagekörbchen lag fein säuberlich ein Stapel Papiere. Franziska ging ihn durch: Es waren leider nur lauter langweilige Prospekte von irgendwelchen neuen Häusern.
Neben dem Schreibtisch standen ein Kopierer und ein Bücherregal, gefüllt mit Telefonbüchern, den Gelben Seiten, Wörterbüchern, trockener Fachliteratur über Betriebswirtschaft und einigen kitschigen Frauenromanen. Aha, hier hatte also Frau Ternieden ihre kleine weibliche Schwäche!
Trotzdem half das Franziska nicht weiter. Langsam wurde sie nervös. Lauter harmlose Dinge, kein einziges Fitzelchen sah hier verdächtig aus, keine Quittung über Bestechungsgelder, nichts! Als ob Frau Ternieden geahnt hätte, dass ihr Büro durchsucht werden würde. Franziska sah sich noch mal in dem Raum um. Doch außer einem geblümten Sofa gab es nur noch ein paar Grünpflanzen und einen Rollcontainer, auf dem ein großer Strauß Astern stand. Franziska bückte sich und guckte sich den Rollcontainer von der Seite an. Da war ja noch eine kleine Tür! Neugierig machte Franziska sie auf. Innen lagen wieder Papiere. Vorsichtig holte Franziska sie heraus: Rechnungen, private Briefe und Kontoauszüge, ordentlich zusammengeheftet. Franziska setzte sich aufs Sofa und blätterte die Kontoauszüge durch. Die meisten Posten auf der Habenseite waren Eingänge von Kunden, die für die Vermittlung ihrer Immobilien bezahlt hatten. Und die meisten Posten auf der Sollseite waren Abbuchungen von Boutiquen und Schuhläden. Kein Wunder bei den Klamotten von Jette und Julia. Ihre Mutter besaß garantiert mindestens genauso viele Kleider und Schuhe.
Plötzlich stutzte Franziska. Bei einer Abbuchung von fünfhundert Euro stand als Verwendungszweck: »Musik-Coaching«. Das klang doch megaverdächtig. Franziska guckte auf die Uhr und erschrak: schon 15:17 Uhr! Wo war nur die Zeit geblieben? Trotzdem blätterte sie weiter. Vielleicht gab es ja noch eine verdächtige Abbuchung. Da hörte sie auf einmal laute Stimmen unten im Flur.
»Nein, danke«, sagte Marie. »Sie müssen sich wirklich nicht die Mühe machen. Die Telefonnummer vom Reitstall hier in der Nähe bekommen wir auch so heraus.«
»Aber das ist doch gar kein Problem«, sagte Frau Ternieden. Ihre Stimme wurde immer lauter. Gleichzeitig hörte Franziska energische Schritte, die die Treppe heraufkamen.
Franziskas Herz hämmerte gegen die Brust. Panisch stopfte sie die Kontoauszüge in den Rucksack. Dann sah sie sich verzweifelt um. Flüchten konnte sie nicht mehr, dazu war es zu spät. Also blieb nur verstecken übrig, aber wo? Ihr Blick fiel auf das Sofa. Das war die einzige Rettung. Franziska warf sich auf den Boden und robbte in den schmalen Spalt zwischen Boden und Sofarahmen hinein. Verdammt, war das eng!
»Das sind wir auch schon«, sagte Frau Ternieden, und ihre Füße in Hausschuhen traten auf Franziskas rechte Hand, die sie nicht rechtzeitig hatte zurückziehen können.
Franziska biss vor Schmerz die Zähne zusammen. Jetzt war alles aus! Frau Ternieden hatte sie entdeckt. Doch die lief seelenruhig weiter zum Bücherregal. Franziska wischte sich den Angstschweiß von der Stirn und lugte unter dem Sofa hervor.
»Wartet, gleich hab ich’s«, sagte Frau Ternieden und blätterte in den gelben Seiten. »Hier ist es! Reiterhof Blumenau . Vielleicht hat Tinka ja die Pferde gerochen und ist dorthin
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