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Betrug und Selbstbetrug

Betrug und Selbstbetrug

Titel: Betrug und Selbstbetrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Trivers
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analysieren können, müssen wir zunächst die grundlegenden Evolutionsprinzipien für die Geschlechter und die Beziehungen zwischen ihnen einschließlich der Sexualität beschreiben. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse können wir dann untersuchen, wie sich die Geschlechter im Hinblick auf Täuschung und Selbsttäuschung über Sex außerhalb der Paarbeziehung, unsichere Vaterschaft, den weiblichen Monatszyklus, das sexuelle Interesse der Frau, Phantasien, Betrug und Mord unterscheiden.
    Der entscheidende Grund, warum es zwei Geschlechter und Sexualität gibt, liegt in den Nachkommen, die auf diese Weise entstehen können – also in der Funktion des Lebens selbst. Unter Evolutionsgesichtspunkten müssen wir unsere Aufmerksamkeit nur auf zwei Variablen richten: auf die Gene und die elterlichen Investitionen. 1 Nur diese beiden prägen die Nachkommen. Sie erhalten ihre Gene von beiden Eltern (ungefähr zu gleichen Teilen); die Investitionen (das heißt die Mühen und die Ressourcen für das Wachstum) stammen von beiden Eltern oder, was in der Regel für andere Tierarten als den Menschen gilt, allein von der Mutter. Die Gene erhält ein Kind von beiden Eltern zum gleichen Zeitpunkt – nämlich bei der Befruchtung –, aber die elterlichen Investitionen haben in den meisten Fällen schon vorher begonnen und setzen sich danach noch lange fort; beim Menschen sind sie zwischen beiden Geschlechtern auf komplizierte, sich ständig wandelnde Weise aufgeteilt. Bevor wir uns aber mit solchen Verwicklungen beschäftigen, sollten wir fragen: Warum gibt es die Sexualität überhaupt? Warum machen wir uns so viel Mühe?
    Warum Sexualität?
    Warum gibt es die sexuelle Fortpflanzung? Warum gehen wir nicht den einfachen, effizienten Weg und lassen Frauen die Nachkommen produzieren, ohne dass Männer dazu genetisch etwas beitragen? In der Regel leisten Frauen die ganze Arbeit; warum sollen sie nicht auch den alleinigen genetischen Nutzen haben? Mit anderen Worten: Warum gibt es überhaupt Männer? Tatsächlich kennt man viele ausschließlich weibliche Arten, aber bei ihnen handelt es sich meist um kleine Tiere (sehr kleine Insekten, Milben, Protozoen und so weiter); einige bemerkenswerte Ausnahmen findet man allerdings bei Echsen und Fischen. Unter den größeren Formen jedoch bleiben ungeschlechtliche Arten in evolutionären Zeiträumen nicht lange erhalten – sie sterben aus. Wie sind diese beiden Tatsachen zu erklären?
    Die Vorteile der Sexualität müssen sich aus dem Nutzen genetisch unterschiedlicher Nachkommen ergeben. Eine Frau und ein Mann könnten – durch die Magie der ganz normalen Rekombination – Milliarden genetisch unterschiedliche Kinder hervorbringen, ein ungeschlechtliches Weibchen dagegen ist auf sein eigenes Genom und die wenigen Mutationen angewiesen, die es an seine Jungen weitergibt. Und warum ist genetische Variabilität wichtig? Logik und wissenschaftliche Befunde legen nahe, dass es dafür zwei wichtige Gründe gibt. Da die Rekombination ständig neue Genkombinationen erzeugt, können die Gene in vielen unterschiedlichen Verbindungen bewertet werden, und die Organismen sind nicht immer auf die gleiche Genausstattung angewiesen. Auf diese Weise ist eine schnellere Evolution nützlicher Gene möglich. Der dazu notwendige Selektionsdruck geht häufig von Parasiten aus, die zahlreich sind, hohe Kosten verursachen und ständig neue Mittel zum Angriff auf ihren Wirt entwickeln. Parasiten begünstigen beim Wirt sowohl die Produktion genetisch vielfältiger Nachkommen als auch die Entstehung von Nachkommen mit einer hohen inneren genetischen Vielfalt (Heterozygotie). Dieser genetische Zweck hat, wie wir noch genauer erfahren werden, wichtige Auswirkungen auf die Partnerwahl und andere Aspekte der Sexualität.
    Zwei Geschlechter – zwei sich coevolutionär
entwickelnde Arten
    Sexualität ist seit Hunderten von Jahrmillionen die beherrschende Weise der Fortpflanzung bei den meisten biologischen Arten. Zwei Lebensformen, die teilweise im Wettbewerb miteinander stehen, nämlich Männchen und Weibchen (je nachdem, ob sie Samen- oder Eizellen produzieren), sind in einem stabilen, häufigkeitsabhängigen Gleichgewicht gefangen, und das über lange Zeiträume hinweg, in denen die relative Vermehrung der Individuen eines Geschlechts die des anderen wertvoller macht, so dass deren Zahl wiederum ansteigt; auf diese Weise haben sich viele Arten in der Evolution so entwickelt, dass beide Geschlechter ungefähr in

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