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Betrug und Selbstbetrug

Betrug und Selbstbetrug

Titel: Betrug und Selbstbetrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Trivers
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Ahnung, ob meine hier geäußerten Spekulationen stimmen, denn echte wissenschaftliche Forschung zu dem Thema gibt es nicht. Bisher spricht nichts dafür, dass Frauen grundsätzlich in der Lage sind, Täuschung besser zu durchschauen oder geschickter zu begehen. Das Gleiche gilt für die Selbsttäuschung – vielleicht mit Ausnahme des übermäßigen Selbstvertrauens: In dieser Hinsicht liegt das Schwergewicht sicher bei den Männern.
    Täuschung und Selbsttäuschung bei
der Partnerwerbung
    Wenn man die Täuschung und Selbsttäuschung beim ersten Kontakt zwischen den Geschlechtern untersuchen will, sollte man wissen, dass Frauen sich bei ihrer Partnerwahl gewöhnlich auf Stellung, Vermögen und Investitionsbereitschaft eines Mannes konzentrieren, aber (insbesondere wenn sie gerade ihren Eisprung haben) auch auf Anzeichen für seine genetische Qualität, 3 die sich in körperlicher Attraktivität ausdrücken kann (zum Beispiel in Form eines symmetrischen, maskulinen Gesichts). Deshalb rechnet man damit, dass Männer ihr Standing hinsichtlich all dieser Attribute übertreiben. Sie erwecken den Anschein, mehr zu haben und bereitwilliger zu geben, als tatsächlich der Fall ist, und mit besseren Genen ausgestattet zu sein, als sie de facto sind (diese letzte Eigenschaft ist vielleicht am schwierigsten zu simulieren).
    Männer konzentrieren sich bei ihrer Partnerinnenwahl auf körperliche Anzeichen für Fruchtbarkeit – jugendliches Aussehen, Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang (»weibliche Rundungen«), Größe und Symmetrie der Brust – und Anzeichen für genetische Qualität, wie ein ebenmäßiges, weibliches Gesicht. Und schließlich legen Männer (ungeachtet ihrer eigenen Neigungen) viel Wert auf die Monogamie der Frau.
    Angesichts der anfangs höchst unterschiedlichen elterlichen Investitionen – im Extremfall steht auf der einen Seite eine Samenzelle, die ein Billionstel Gramm wiegt, auf der anderen eine neunmonatige Schwangerschaft, die ein dreieinhalb Kilo schweres Baby hervorbringt – ist es nicht verwunderlich, dass Männer (im Vergleich zu Frauen) größeren Wert auf kurzfristige Paarbeziehungen legen als auf langfristige. Dies führt, was die Sexualität selbst angeht, zu einem großen, beständigen psychologischen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Auf der ganzen Welt haben Männer eine stärkere Vorliebe für sexuelle Abwechslung als Frauen. Männer wünschen sich über verschiedene Zeiträume hinweg mehr Partnerinnen, lassen sich leichter auf Sex mit einer attraktiven Fremden ein, haben je Zeiteinheit doppelt so viele sexuelle Phantasien, suchen häufiger Prostituierte auf und schrauben ihre Ansprüche an Frauen bei kurzfristigen Beziehungen zurück. Frauen berichten häufiger als Männer, sie hätten sich im Hinblick auf Ziele, Ehrlichkeit, Freundlichkeit und Gefühlsstärke ihrer Partner geirrt. Nur was die Bereitschaft zum Sex angeht, werden Frauen mehr Täuschungen zugeschrieben als Männern – was angesichts des männlichen Interesses am Sex kaum überrascht.
    Ebenso sorgt die Selektion dafür, dass Frauen häufiger einen Orgasmus vortäuschen, während bei Männern selten ein entsprechender Druck (oder eine Notwendigkeit dazu) besteht. Frauen simulieren einen Orgasmus, um das männliche Ego zu streicheln und einen unerwünschten sexuellen Akt zu Ende zu bringen. Manche Männer lassen sich vollständig täuschen, viele vermutlich zumindest manchmal. Der echte weibliche Orgasmus hat den Annahmen zufolge positive Auswirkungen auf die Beweglichkeit der Spermien, die dann stärker nach innen gesaugt werden. Außerdem macht er weitere sexuelle Aktivitäten mit demselben Partner wahrscheinlicher.
    Man kann aber auch messen, wie stark sich die Geschlechter jeweils über bestimmte Täuschungsmanöver des anderen Geschlechts ärgern. Erwartungsgemäß sind Frauen ungehaltener, wenn Männer ihr Vermögen und ihre Stellung übermäßig positiv darstellen, als umgekehrt. Aber das ist nicht so ausschlaggebend. Wirklich wütend werden Frauen bei zwei miteinander verwandten Täuschungsmanövern: wenn Männer die Tiefe ihrer Gefühle vor dem ersten Geschlechtsverkehr falsch darstellen und wenn sie sich danach nicht mehr melden. Ich habe keinen Zweifel daran, dass an solchen Verhaltensweisen auch Selbsttäuschung beteiligt ist. Anfang der 1960 er Jahre, als ich ein junger Mann war, hatte ich ein Bewusstsein für »falsche Gefühle«, wie ich sie nannte. Ich lernte eine Frau kennen, fühlte mich

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