Betrug und Selbstbetrug
Begehrens), Bandagieren der Füße (zur Einschränkung der Mobilität) und Einsperren (zur sozialen Isolation) dienen dazu, die Wahlmöglichkeit der Frauen im Vorfeld der Versuchung zu vermindern; allerdings habe ich meine Zweifel, ob solche Praktiken in den betreffenden Gesellschaften allgemein auf diese Weise rationalisiert werden.
Auch das Gesetz ist einseitig. Historisch und über Kulturgrenzen hinweg war »unerlaubter« Geschlechtsverkehr mit einer verheirateten Frau sowohl für den Mann als auch für die Frau ein Verbrechen, und der Ehemann war das Opfer. In manchen Teilen der Vereinigten Staaten rechtfertigte bis vor sehr kurzer Zeit schon der Anblick von Ehebruch einen Mord – und zwar des Ehemanns an beiden Beteiligten. Außereheliche Sexualität bzw. sogar ein entsprechender Verdacht kann also für die Frau (und den anderen Mann) sehr gefährlich sein. Aus diesem Grund dürfte sich mit der Täuschung hinsichtlich außerehelicher Beziehungen ein sehr starker Selektionsdruck verbinden, der beispielsweise Mord und Inhaftierung einschließt. Nach meinen eigenen (sehr begrenzten) Erfahrungen lassen sich parallel laufende Sexualbeziehungen vom Bewusstsein her kaum leugnen; sexuelle Aktivität außerhalb der eigenen Paarbeziehung erfordert also zwangsläufig bewusste Täuschung, und die Selbsttäuschung kann im besten Fall das Selbstvertrauen angesichts möglicher Vorwürfe stärken.
Nehmen wir beispielsweise den Mord. In vielen amerikanischen Großstädten ist sexuelle Eifersucht das zweit- oder dritthäufigste Mordmotiv, und in vielen Gesellschaften steht sie sogar an erster Stelle. In Detroit war 1972 ein Drittel aller Morde »verbrechensspezifisch« (beispielsweise als Teil von Raubüberfällen), aber von den übrigen war ein volles Fünftel auf sexuelle Eifersucht zurückzuführen. Interessant ist dabei die genaue Aufschlüsselung dieser 58 Fälle: Männer unternahmen viermal häufiger als Frauen Handlungen, die letztlich zu einem Mord oder Totschlag führten. Dabei töteten Männer ungefähr in gleicher Zahl ihre Partnerinnen oder den anderen Mann, und nahezu ebenso häufig wurden sie selbst bei dem Versuch von der Frau (manchmal mit Hilfe ihrer Angehörigen) getötet. Zwei Männer ermordeten ihre untreuen homosexuellen Liebhaber – das Problem einer unsicheren Vaterschaft stellte sich hier nicht! Wenn ein Partner untreu war, hatten Frauen einen etwas größeren Erfolg: Sie töteten in neun Fällen den Ehebrecher und wurden nur in zwei Fällen vom Partner umgebracht.
In Kanada spielt in 55 Prozent aller Strafprozesse, in denen es um misshandelte Ehefrauen geht, Eifersucht zumindest eine gewisse Rolle. Verdächtigen Männer ihre Frauen der Untreue, reagieren sie mit Wut, Alkoholkonsum, Drohungen und sexueller Erregung. Interessanterweise ist bei vielen mehr oder weniger monogamen Tierarten der Anblick der eigenen Partnerin, die Sex mit einem anderen hat, für das Männchen sexuell erregend. Selbst Enten, die von mehreren Männchen vergewaltigt wurden, werden häufig unmittelbar danach von ihrem eigenen Partner nochmals vergewaltigt, vermutlich weil dessen Spermien damit in Konkurrenz zu den gerade zuvor eingeschleusten treten können. 6 Es ist also ein Merkmal der männlichen Psychologie, dass Indizien für Untreue oder Phantasien, in denen die Partnerin sich mit anderen einlässt, sexuell erregend wirken. Das Umgekehrte habe ich nie beobachtet. Frauen reagieren auf außereheliche Beziehungen des Partners mit Tränen, vorgetäuschter Gleichgültigkeit und dem Bemühen, ihre eigene Attraktivität zu steigern. Männer werden wütend und trinken.
Bei der Bewertung der außerehelichen Aktivitäten ihrer Partnerinnen neigen Männer natürlich zur Selbsttäuschung. Je schlechter ihr Selbstbild ist, desto größer wird ihr Misstrauen sein – bis hin zu einer regelrechten Paranoia. Je weniger tatsächliche Qualitäten der Mann mitbringt, desto stärker wird die Frau versucht sein, fremdzugehen. Wenn er also mutmaßt, dass seine genetische Qualität geringer ist, kann sie ihn einfacher dominieren, so dass er es unter Umständen nicht wagt, seinen Untreueverdacht auszusprechen, weil er fürchtet, dann völlig fallen gelassen zu werden. Ein zweiter Grund, warum Männer die Selbsttäuschung praktizieren, sind ihre eigenen Schuldgefühle. Ich habe oft beobachtet, wie Männer ihren arglosen Partnerinnen genau das vorwarfen, was sie selbst getan hatten – auch dies ein Fall von Leugnung und Projektion; die
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