Betrug und Selbstbetrug
häufig erstaunt, wie naiv junge Männer hinsichtlich der olfaktorischen Dimension des Lebens sind. Von Studenten höre ich immer wieder die gleiche Geschichte: »Ich war später mit meiner Freundin verabredet, aber diese Frau war scharf auf mich, also habe ich mich mit ihr ein wenig vergnügt, nichts Besonderes, nichts, was mich von meiner Freundin ablenken würde, aber sobald ich dann zu ihr kam, war es, als wüsste sie ganz genau, dass etwas im Busch war.« Dann frage ich diese jungen Männer, ob sie daran gedacht hätten, nach dem Sex zu duschen. Nein, auf die Idee waren sie nicht gekommen – vielleicht war das ihr Problem. Sie lebten in einer anderen olfaktorischen Welt als ihre Partnerinnen. Natürlich gibt es kein Entrinnen – wer das Verhalten des Partners gut kennt, erkundigt sich vielleicht, warum er zu dieser seltsamen Tageszeit geduscht hat.
Die unterschiedliche olfaktorische Wahrnehmung lässt sich auch auf viele andere Aspekte des Geisteslebens übertragen. Frauen können Gesichtsausdrücke besser deuten, Männer erkennen jedoch in einer Menschenmenge besser feindselige Mienen. 8 Geräusche werden vermutlich bei Männern und Frauen in unterschiedlichen Gehirnarealen verarbeitet, und interessanterweise wird das weibliche Gehirn offenbar bei einer ganzen Reihe mentaler Aufgaben stärker symmetrisch aktiv als das der Männer – das heißt, die beiden Gehirnhälften werden zur Lösung einer vorgegebenen Aufgabe eher gleichberechtigt eingesetzt. Da Symmetrie im Leben allgemein und im geistigen Leben ganz besonders häufig ein Vorteil ist – so hängen beispielsweise sowohl die Tiefenwahrnehmung als auch die visuelle und akustische Lokalisierung von der gleichzeitigen Informationsnutzung in beiden Gehirnhälften ab –, muss man zunächst einmal davon ausgehen, dass Frauen aus diesem Grund gegenüber Männern im Vorteil sind. Das Corpus callosum, das die Gehirnhälften verbindet, ist bei Frauen im Verhältnis größer als bei Männern, das heißt, Informationen können leichter übertragen werden, und symmetrische Funktionen sind wahrscheinlicher.
Selbsttäuschung von Männern über
das Interesse der Frauen
Eine ganze Reihe von Indizien lässt darauf schließen, dass Männer sich selbst täuschen, was das sexuelle Interesse der Frauen an ihnen angeht. Dass eine Frau größeres sexuelles Interesse an ihnen hat, als es der Wirklichkeit entspricht, glauben Männer nach Angaben von Frauen häufiger als das Umgekehrte. Frauen dagegen zeigen keine einseitige Einschätzung des (hohen oder geringen) Interesses der Männer an ihnen. Experimente liefern übereinstimmende Ergebnisse. Theoretisch haben Männer durch eine solche einseitige Wahrnehmung mehr zu gewinnen als Frauen. Aufgrund ihrer vielen falschen Projektionen fangen sie mehr Frauen ein, die tatsächlich Interesse an ihnen haben. Wenn Fehler keinen hohen Preis fordern (die Frau weist ihn ab, er geht), zahlt sich die Voreingenommenheit unter dem Strich also aus. Teurer könnte es allerdings werden, wenn der Mann dadurch in den Ruf gerät, ein bisschen übereifrig zu Werke zu gehen. Dies könnte dazu führen, dass der Mann aufgrund seiner Selbsttäuschung von größerem Interesse der Frauen ausgeht und sich gleichzeitig für »cool« hält, das heißt für relativ zurückhaltend gegenüber anderen.
Manches deutet darauf hin, dass diese Illusion der Männer durch das Verhalten der Frauen verstärkt wird. Wenn man als Experiment einen Mann und eine Frau miteinander bekannt macht und diese erste Begegnung filmt, zeigt die Frau in der ersten Minute ein verstärktes Werbeverhalten (indem sie beispielsweise mit dem Kopf nickt), das aber nicht mit tatsächlichem Interesse verbunden ist. 9 In einem Zusammenhang mit echtem Interesse steht ein solches Verhalten erst in späteren Stadien (vierte bis zehnte Minute), die Frau scheint also bereits Interesse zu signalisieren, bevor es sich wirklich entwickelt. Dies verschafft Männern die Illusion eines noch gar nicht vorhandenen Interesses, und tatsächlich kann man anhand des Nickens der Frau während der ersten Minute voraussagen, wie viel der Mann in späteren Stadien reden wird.
Leugnung homosexueller Neigungen
bei Männern
Lange herrschte die Ansicht, die Leugnung der eigenen homosexuellen Impulse werde dazu führen, dass man sie auf andere projiziert. Es ist, als würden wir in unserem unmittelbaren Umfeld homosexuelle Inhalte entdecken, unseren eigenen Anteil daran leugnen und bei anderen danach suchen.
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