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Betrug und Selbstbetrug

Betrug und Selbstbetrug

Titel: Betrug und Selbstbetrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Trivers
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unter Kontrolle bringt. Dieser persönliche Kampf erfordert, dass man die eigenen körperlichen Bedürfnisse (nach Geld, Freude, Befriedigung) im Zaum hält und damit die Seele läutert. Diese Bedürfnisse verschleiern die Selbstkenntnis und begünstigen damit nach unserem logischen System die Selbsttäuschung. In der sufistischen Gedankenwelt muss man die eigenen Bedürfnisse zu Sklaven machen, sonst versklaven sie uns. Und schließlich ist Selbstbeherrschung auch ein nützliches Mittel, um die Kontrolle über die Außenwelt zu gewinnen. Sehr prägnant fasste das einmal der griechische Philosoph Thales zusammen. »Oh Meister«, wurde er gefragt, »was ist das Schwierigste, was man tun kann?« – »Sich selbst zu kennen«, erwiderte er. »Und das Einfachste?« – »Anderen Ratschläge zu erteilen.« Verschiedene östliche Religionen dringen in manchen Fällen auch auf recht extreme Formen der körperlichen Selbstverleugnung, um den Einzelnen von seinem egozentrischen Mittelpunkt zu befreien.
    Funktionieren Fürbittengebete? 13
    Eine bizarre, in christlichen Kreisen weitverbreitete Vorstellung ist die von der Wirksamkeit von Fürbittengebeten. Viele glauben offenbar, dass Menschen, die sich in einem Raum versammeln, angestrengt die Stirn runzeln und sich intensiv auf jemanden konzentrieren, der sich viele Kilometer entfernt einer Operation unterzieht, das Ergebnis dieser Operation positiv beeinflussen können. Wäre es so, würden die Gesetze der Physik jeden Tag, ja sogar jede Minute von einer Gottheit verletzt, die sich dafür entscheidet, die Realität aufgrund des Flehens der Bittsteller nach irgendeinem unbekannten Kriterium zu verändern – eine höchst unwahrscheinliche Annahme für die reale Welt. Die Frage wurde mehrere Male einer Überprüfung unterzogen, häufig aber mit schlecht kontrollierten Studien und kleinen Stichproben – genau unter solchen Bedingungen rechnet man mit widersprüchlichen, positiven und negativen Ergebnissen; damit nährt man die Illusion, es könne tatsächlich etwas dran sein.
    Dann kam eine Studie, die mehrere Millionen Dollar kostete, sorgfältig organisiert war und sechs Krankenhäuser einbezog. Gruppen beteten für bestimmte Patienten, und zwar vom Vortag ihrer Operation bis zwei Wochen danach; eine andere Gruppe von Patienten wurde nicht mit solchen Gebeten bedacht. Ein Teil derer, für die gebetet wurde, erfuhr davon, ein anderer Teil nicht. Nach der Operation wurden die Patienten einen Monat lang beobachtet. Die Ergebnisse waren eindeutig: Fürbittengebete wirken sich nicht auf das Ergebnis aus, es gab nicht die Spur einer nützlichen Wirkung. Damit ist unsere erste Frage beantwortet: Fürbitten haben keinen unmittelbaren Effekt.
    Aber haben sie eine Placebowirkung? Bringt der Glaube an die Wirksamkeit von Fürbitten dem Betreffenden irgendeinen Nutzen? Ganz im Gegenteil. Bei denen, die wussten, dass für sie gebetet wurde, traten mehr postoperative Komplikationen aller Art auf als bei jenen, die es nicht erfahren hatten. Eine Hypothese besagt: Wenn man weiß, dass andere für einen beten, hält man die eigene Lage für schlimmer, als sie in Wirklichkeit ist, und das ist mit Stress verbunden. Die Patienten erhielten nichts anderes als ein nutzloses Gebet: kein Gespräch über die Reinigung der Wohnung oder die Versorgung des Hundes, keine Investitionen in ihre Zukunft, nichts außer der Behauptung, dass andere Menschen intensives Wunschdenken zu ihren Gunsten betrieben.
    Festzuhalten bleibt, dass die wahrhaft Gläubigen mit diesen neuen wissenschaftlichen Befunden kein Problem haben – Gott reagiert auf solche Experimente, indem er den üblichen Nutzen von Fürbittengebeten in diesem Fall vorenthält, um die Wissenschaftler (und die Ungläubigen im Allgemeinen) im Dunkeln zu lassen. Sagte nicht schon Jesus: »Ich werde den Kindern offenbaren, was ich vor den Weisen verborgen halte«?
    Religion und die Unterstützung
von Selbstmordanschlägen 14
    Weltweit nimmt die Zahl der Selbstmordanschläge, zumindest wie sie während der letzten 20 Jahre gezählt wurden, exponentiell zu. Ein Mitglied einer Gruppe opfert sein Leben, um zahlreiche oder sehr wichtige Mitglieder einer anderen Gruppe (durch den Tod oder auf andere Weise) zu schädigen. Zweifellos könnte ein solches Verhalten im Prinzip eine wirksame politische (und der Fortpflanzung dienliche) Strategie sein, die der Großfamilie des Märtyrers einen Nutzen bringt; doch genauso sicher ist, dass solche Verhaltensweisen

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