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Betrug und Selbstbetrug

Betrug und Selbstbetrug

Titel: Betrug und Selbstbetrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Trivers
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leicht massive Vergeltungsschläge auslösen. Jedenfalls sind Selbstmordanschläge ein präziser Maßstab dafür, in welchem Umfang die Bereitschaft besteht, Gewalt gegen Außenstehende zu verüben und dafür einen hohen persönlichen Preis zu bezahlen.
    Interessant ist die Frage, welche Rolle die Religion bei alledem spielt – ob sie dafür oder dagegen ist oder eine ganz andere Position einnimmt. Forschungsarbeiten aus jüngerer Zeit geben darauf eine sehr interessante Antwort. Auf eine bestimmte Weise gemessen, macht religiöse Aktivität die Teilnahme an Selbstmordattentaten (und ihre Unterstützung) wahrscheinlicher. Misst man anders, hat Religion keine Auswirkungen. Wo liegt der Unterschied? Religion hat einen äußeren, sozialen und einen inneren, kontemplativen Aspekt. Unter verschiedenen Voraussetzungen für Selbstmord (Umfragen unter Palästinensern, ein wichtiges Ziel der Feindseligkeit für israelische Siedler) steht die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen (der soziale Aspekt) in einer positiven Korrelation zur Unterstützung von Selbstmordanschlägen, bei Gebeten (dem introspektiven Aspekt) gibt es einen solchen Zusammenhang nicht. Dies wurde in einer Studie nach der anderen bestätigt. In einer Übersichtsuntersuchung an sechs Religionen aus ebenso vielen Staaten erwies sich die regelmäßige Teilnahme an Gottesdiensten als Vorhersagefaktor für Feindseligkeit gegenüber Außenstehenden und in manchen Fällen auch für die Bereitschaft, zum Selbstmord-Märtyrer zu werden – Gebete hatten diese Wirkung nicht. Der sufistische äußere Dschihad wird durch soziale Wechselbeziehungen vorangetrieben, der größere innere Dschihad dagegen durch Gebete, mit denen man seine Unabhängigkeit erlangt. Das ist nach meiner Überzeugung das Doppelgesicht der Religion: einerseits nach außen gerichtet, feindselig und egozentrisch, andererseits nach innen gerichtet, kontemplativ und gerade nicht egoistisch.
    Von der Religion über Selbstgerechtigkeit
zum Krieg
    Religionen tragen auf mehrfache Weise zu Kriegen bei. Das von ihnen begünstigte Gruppendenken wird durch ein System der Fortpflanzung gestützt, das die Verwandtschaft innerhalb der Gruppe enger werden lässt (während die Verwandtschaft zwischen den Gruppen abnimmt), und sie liefern bereitwillig die kollektive Selbsttäuschung, die zur Grundlage für das Handeln der Gruppe wird. Darüber hinaus bringen viele Religionen aber noch ein letztes Geschenk mit: die Selbstgerechtigkeit. Anders als innerhalb der Gruppe ist Mord an Außenstehenden nicht nur nicht verboten, sondern wird manchmal sogar gefordert. Es ist deine moralische Pflicht, die Gottlosen, die Ungläubigen, die anderen zu töten. Damit erfüllst du nicht nur deine eigene Pflicht oder die deiner Gruppe, sondern verrichtest das Werk des Herrn. Du erfüllst mehr als nur dein vorbestimmtes Schicksal – du bist die ausführende Hand Gottes. Du bringst die natürliche Selektion auf ihrem vorgegebenen Weg voran. Allerdings warnt die Bibel vor diesem Weg: »Mein ist die Rache«, sagt der Herr.
    1 Religion als virusähnliches Mem: Dawkins 2006 , Dennett 2006 ; ein Vertreter der Mem-zentrierten Sichtweise: Dennett 2007 .
    2 Religion verstärkt Kooperation in der Gruppe: Norenzayan und Shariff 2008 ; zwei Augen auf einem Computerbildschirm: Burnham und Hare 2007 ; »Gottesprimer«: Shariff und Norenzayan 2007 ; Angst vor Gott verringert die Kosten egoistischen Verhaltens: Johnson 2009 .
    3 Religiosität und höhere falsche Meinungen über sich selbst: Trimble 1997 ; religiöse Sekten langlebiger als säkulare Gruppen: Sosis und Alcorta 2003 ; höhere Anforderungen sind besser: Sosis und Bressler 2003 .
    4 Männlicher Gott und frauenfeindliches Verhalten: Ruether 2009 .
    5 Religion und Gesundheit: Lee und Newberg 2005 .
    6 Kirchenbesuch und Vorhersage gesundheitsbewussten Verhaltens: Gillings et al. 1996 .
    7 Weniger ACC -Aktivität und religiöser Glaube: Inzlicht et al. 2009 ; Parasiten und Religionsvielfalt: Fincher und Thornhill 2008 a.
    8 Sprachenvielfalt: Fincher und Thornhill 2008 b.
    9 Gesellschaften mit hoher Parasitenbelastung stärker fremdenfeindlich: Fincher et al. 2008 , Thornhill et al. 2009 , Schaller und Murray 2008 , Faulkener et al. 2004 ; der Anblick der Krankheitssymptome eines anderen verstärkt beim Betrachter die Immunantwort: Schaller et al. 2010 .
    10 Veränderung des Christentums nach Konstantin: Wright 2009 .
    11 Islam als Beispiel: Wright 2009 .
    12 Einseitigkeit beim

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