Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
auch so blass, aber nature !«
Das » nature « spricht sie französisch aus, also »natühr«, und spätestens bei der Erwähnung des Märchenkönigs Ludwig II. erinnere ich mich, wen ich da vor mir habe.
»Ah, jetzt weiß ich es wieder. Du bist die Emerenz Schöngruber. Du hast dich dafür gar nicht verändert.«
»Aber keinen Kropf hab ich mehr! Die Frau Doktor Brüderle hat einfach ein Wahnsinnsgespür für meine Schilddrüse«, schwärmt sie und reckt stolz den Truthahnhals. »Aber du weißt schon, dass da jetzt niemand daheim ist, bei der Drechsel Caro, gell?«
»Ja, das weiß ich. Aber weißt du denn, wo sie hingefahren ist?«
»Na, aber ich kann’s mir denken, und das hab ich der Anneliese auch schon gesagt. Die ist halt in den Urlaub gefahren, bestimmt wieder in den Süden, wie sie es früher immer gemacht hat im Winter. Weil bei uns war’s ihr dann ja immer ned schön genug, weils eine Dame ist oder wenigstens meint, dass eine ist, gell. Ganz verschwinden tut so eine nicht, wenn man so eine feine Villa hat auf der Fraueninsel.«
»Hm. Ich glaube, mit ein bisschen Telefonieren und ein paar E-Mails werde ich sie sicher ausfindig machen können. Weißt du denn, ob die Tante Caro Internet hat?«
»Des weiß ich nicht, aber das will auch nicht wissen, weil mich das immer ganz narrisch macht, wenn ich da daran denk! Weil sich das nicht schickt, dass die Telekom Geld einschiebt für das Internetz, weil der Wiggerl technisch gesehen so ein Fuchs war, dass er seinerseits das Internetz erfunden hätte, wenn man ihn nicht hinterrücks gemeuchelt hätte in jungen Jahren!«
Der Hexentrunk von der Lechner-Oma fährt mir während des Heimwegs so im Gleichgewichtsorgan herum, dass ich mich an der Emerenz festhalten muss, um nicht über meine eigenen Füße zu fallen.
»Hoitala!«, stöhnt das alte Weiberl und schiebt mich wieder auf den schmalen Kiesweg zurück. »Man könnt glatt meinen, du hast an Hackl 7 , so eine Fahne wie du hast.«
»Jawoll«, nicke ich begeistert, »drei Tassen heißer Nopi mit Honig!«
Jetzt verschlägt es der Emerenz tatsächlich kurz die Sprache, und sie jongliert angestrengt ihren Schirm, um ihn über mich zu halten, bis sie sich lauthals wundern kann.
»Wie viel? Ein Haferl, das sind ja mindestens fünf Stamperl! Kein Wunder, dass du schwankst wie ein Fahnderl im Wind!«
»Wieso, was ist denn drin in so einem Nopi-Tee?«
»Tee? Dass ich nicht lach! Nonnenpisse ist das!«
Mir wird auf der Stelle ziemlich blümerant, aber die Emerenz zieht mich weiter.
»Aber das sagt man bloß wegen der Farb, und weils ihn im Kloster brennen, den Likör. Aber jetzt sind wir eh gleich da, da vorn kommts scho, die feine Villa.«
»Feine Villa«, sagt sie wieder mit so einem gewissen Unterton, aber in mir erwacht trotzdem ein wenig Familienstolz, als wir das Haus von Tante Caro erreichen. Eine Straßenlaterne wirft ihr Licht auf das verwaschene Ocker, das Türmchen rechts vom Giebel und das steile Kupferdach. Das Haus ist umgeben von Bäumen und Rasen, der ein wenig abschüssig bis zum Seeufer hinunterführt. Ich kann mich gut daran erinnern, wie groß der Garten ist, weil ich ihn früher in den Ferien nur verlassen habe, wenn mir gar nichts anderes mehr übrig blieb.
»Servus die Damen!«, sagt eine Stimme, und aus dem Halbschatten der efeubewachsenen Holzveranda löst sich eine dunkle Gestalt. Ich stoße einen Schrei aus und bin auf einen Schlag stocknüchtern, und auch die Emerenz hüpft nicht schlecht in die Höhe. Vor uns steht unerwartet ein Mann, vielleicht um die dreißig, mit Helm, blauer Uniform und einem wallenden dunklen Mantel aus Ölzeug, eine Figur wie aus einem alten Film. Ich ziehe instinktiv den Kopf ein, aber dann nimmt der Uniformierte seinen Helm ab, legt einen astreinen Vokuhila frei und verneigt sich zur Begrüßung.
»Ich wollt nur nach dem Rechten schauen«, erklärt er in gewähltem Uniformdeutsch, »das ist meine Pflicht als Feuerwehrhauptmann. Und dich auf der Fraueninsel begrüßen, Josepha. Hat dich der Basti gut hergebracht?«
»Na ja«, meine ich, zwar erleichtert, dass ich offensichtlich nicht überfallen worden bin, aber mit so einer unguten Ahnung, wer da vor mir steht, »kalt war’s schon.«
»Ja, ich war leider ein bisserl zu spät zur Stelle. Ich hätte selbstverständlich dafür gesorgt, dass du trocken ankommst. Aber leider hatten wir gerade einen Fortbildungsabend bei der freiwilligen Feuerwehr, und ich als Hauptmann …«
»Jessas, Janni, du
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