Betthupferl: Roman (Fraueninsel-Reihe) (German Edition)
Sonnfischers ähnelt der Stube der Lechner-Oma, es hat aber noch niedrigere Decken, das Holz der Eckbank und des schweren Tisches ist dunkler und abgestoßener. Über der Eckbank ist der Herrgottswinkel, gegenüber ein gedrungener dunkelgrüner Kachelofen, neben dem Ofen das Kanapee, und an den Wänden, Rahmen an Rahmen, hängt ein Bild am anderen.
»Und, zeig mal deine Zähn! Wackelns schon?«
»Wieso?«, frage ich verdutzt den Sonnfischer, der mich freundlich angrinst und statt Kaffee zwei Nopis vor uns hinstellt.
»Weil ich mir vorstellen kann, dass du sie dir ganz schön ausbeißt an den Insulanern.«
Ich lächle schwach, mir ist heute wirklich nicht mehr nach Scherzen zumute, und der Boni kneift mich munter in die Backe wie einem kleinen Kind, kippt sich seinen Nopi rein und lässt mich mit meinem Klosterlikör allein.
Bevor Kati die Zimmertür aufreißt, schreit sie »Fräääänzi« ins Haus hinein, und bevor ich mich noch darauf vorbereiten kann, steht ihre Zwillingsschwester vor mir, die langen Haare zu einem Knoten zusammengewurschtelt und so angezogen, als wollte sie gerade aus dem Haus gehen. Hinter ihr drückt sich der Junge ins Zimmer, mit dem ich sie gestern Abend gesehen habe, in U-Boot-fömigen Basketballschuhen und einer Hose, in deren Schritt man ohne Weiteres Katis heutigen Fang transportieren könnte.
»Hi«, macht er lässig und guckt mich unter ziemlich langen Wimpern an. Täusche ich mich, oder hat der mir gerade zugezwinkert? »Mir fehlt nur noch der Obi-Wan Kenobi in meinem Star-Wars- Album. Willste mal sehen?«
Ich starre Fränzi überrascht an, aber die stupst ihren Sohn nur an die Schulter.
»Xaver, ab in dein Zimmer – du darfst eine halbe Stunde Angry Birds spielen, aber nicht länger!«
»Hübscher kleiner Cowboy«, meine ich und sehe ihm hinterher. »Der flirtet ja schon!«
Die Fränzi schnaubt. »Kein Wunder, bei den Genen!«
»Wieso«, dämmert mir was, »wer ist denn sein Vater?«
»Dreimal darfst du raten«, antwortet die Fränzi und sieht mich an, als würde sie mit mir am liebsten noch einmal Titanic spielen.
»Oh! Janni?«
»Ja genau!« Sie schaut mich finster an. »Und du? Wie siehst du eigentlich aus? Ich dachte, Raubkatzen sind wasserscheu?«
Kati mischt sich ein.
»Hohoho, ganz ruhig. Du setzt dich jetzt mal hin, Fränzi, und hörst dir an, was die Josepha zu sagen hat. Weil die nämlich mit dem Janni gar nichts hatte.«
»Aber wenn man nach dem Janni geht, dann hast du ihn so zugerichtet – und zwar auf dem Wasserbett!«, funkelt mich Fränzi an, und ich kann mir vorstellen, dass es der Janni mit ihr auch nicht besonders leicht hat.
»Und warum regst du dich so darüber auf? Bist du denn noch mit ihm zusammen? Du machst auf mich eher einen, äh, unabhängigen Eindruck.«
»Unabhängig?« Die Fränzi lacht bitter. »Das kann man wohl sagen. Nein, mit mir und dem Janni, das wird nichts mehr, und das ist auch gut so. Aber er ist der Vater vom Xaver, und ich wollte das Besuchsrecht lockern, weil der Xaver einfach seinen Papa braucht. Dieses Wochenende war eigentlich ein Test. Und wir hatten ausgemacht: Keine Weibergeschichten, solange der Xaver auf der Insel ist.«
»Fränzi, da waren keine Weibergeschichten. Ich habe den Janni am Morgen nach Josephas Ankunft gesehen, und so sieht keiner aus, der hammermäßig beglückt worden ist«, beruhigt Kati ihre Schwester.
»Okay, okay«, sagt Fränzi und schlägt die Augen nieder. »Aber es hat nur nicht geklappt, weil die Josepha ihm aufs Maul gehauen hat. Also, ich würde sagen: Für dieses Mal ist der Testballon geplatzt, und ich muss mir das gründlich überlegen, wann der Janni den Xaver mal übers Wochenende nehmen kann.«
»Heißt das jetzt trotzdem: Frieden?«, fragt Kati und schaut von mir zu ihrer Zwillingsschwester.
Fränzi zuckt die Schultern und murmelt ein kaum hörbares »Okay, Frieden.«
Die Nopi-Flasche kreist, und Fränzi und ich genehmigen uns zur Versöhnung einen ordentlichen Schluck. Kati enthält sich, sie winkt aus dem Fenster, und hinter ihren Augen knipst jemand zwei Scheinwerfer an, als sich die Tür öffnet.
»Salü, ich bin der David«, sagt der große, dunkelhaarige Mann in einem schicken grauen Anzug und mit einem großen Setter an der Leine zu mir. »Du bist die Josepha, nicht wahr? Ich habe schon gehört, dass du mit dem Janni sehr hart verhandelt hast. Gut, dass da jemand mal neutralen Boden verlassen hat!«
»Und das sagst du als Schweizer?«, kichert Kati, ihre Stimme um
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