Bettler 02 - Bettler und Sucher
ihrer Einflechtung. Er hatte nicht vor, mich bei dieser Sache mit irgend etwas Wichtigem zu betrauen. Ich war zu hastig herangezogen worden, galt als zu leichtfertig, zu unverläßlich. Daß ich meine Ausbildung vorzeitig abgebrochen hatte, war Beweis genug für meine Unzuverlässigkeit, meine mangelnde Loyalität, meine Untragbarkeit für irgend etwas Wichtiges. Das ist die Art und Weise, wie diese Beamtentypen denken. Vielleicht zurecht.
Der Überwachungsjob, den Colin für mich vorgesehen hatte, würde sich darauf beschränken, mich als Verstärkung einzusetzen für eine ohnehin bereits dreifach besetzte Aufgabe. Dafür gab es eine Theorie bei Überwachungseinsätzen: billig, begrenzt selbständig. Es hatte als Theorie bei der Robotertechnik begonnen, fand aber bald Eingang in den Polizeidienst: Wenn man zahlreiche Detektive mit eng begrenzten Aufgaben einsetzte, würden sie nicht zu einer einzigen übereinstimmenden voreiligen Ansicht kommen, wonach sie suchen mußten. Auf diese Weise mochte etwas völlig Unerwartetes zutage treten. Colin wollte mich als Äquivalent für den Jolly Joker.
Das machte mir nichts aus. Ich würde aus San Francisco rauskommen, das reichte mir.
»Seit zwei Jahren reisen die SuperS in die Vereinigten Staaten ein«, fuhr Colin fort. »Einzeln oder zu zweit, sorgfältig getarnt natürlich, sowohl kosmetisch als auch elektronisch. Sie besuchen verschiedene Nutzer-Städte oder Macher-Enklaven und kehren wieder nach Hause auf La Isla zurück. Wir möchten gern wissen, zu welchem Zweck sie kommen.«
»Vielleicht leiden sie am Gravison-Syndrom«, murmelte ich.
»Entschuldige, was sagtest du?«
»Ich sagte, ist es euch schon gelungen, in Huevos Verdes einzudringen?«
»Nein«, antwortete er. Aber er hätte es mir wohl in keinem Fall verraten. Die sexuelle Anspielung entging ihm vollends.
»Und wen genau soll ich beschatten?« Die Erregung steckte mir bereits wie eine kleine Blase in der Kehle, was mich überraschte. Es war lange her, daß mich irgend etwas erregt hatte. Außer David, natürlich, der seine sexy Schultern und seinen wortreichen Charme und sein Überlegenheitsgefühl zusammengepackt hatte und bereit hielt, um sich damit bis auf Widerruf ins Leben irgendeiner anderen Frau zu werfen.
»Du wirst Miranda Sharifi verfolgen«, sagte er.
»Ah.«
»Deine Ausstattung und alle notwendigen Dokumente für dich befinden sich abholbereit in einem Schließfach in der Gravbahn-Station. Dort kannst du als Nutzerin auftreten.«
Das war eine subtile Beleidigung. Colin gab mir damit zu verstehen, daß meine Attraktivität nicht aufsehenerregend genug war, um keinen Zweifel an der GenMod-Herkunft zu lassen. Aber ich ließ es durchgehen.
»Sie selbst hat erst einmal die Insel verlassen«, fuhr Colin fort. »Glauben wir. Und beim nächstenmal setzt du dich auf ihre Fährte.«
»Wie willst du denn so sicher sein, daß sie es dann auch wirklich ist? Wenn sie sowohl kosmetische als auch elektronische Tarnungen benutzen, könnte sie veränderte Gesichtszüge haben, eine andere Frisur und sogar eine Gehirnwellenprojektion, die ihre eigene überlagert.«
»Stimmt. Aber die Köpfe der SuperS sind alle ein wenig mißgestaltet und etwas zu groß. Das ist schwer zu kaschieren.«
Das wußte ich natürlich. Alle wußten das. Vor dreizehn Jahren, als die SuperS von Sanctuary heruntergekommen waren, hatten ihre großen Köpfe zu reichlich geschmacklosen Witzen Anlaß gegeben. Tatsache war, daß ihr stets auf Hochtouren laufender Metabolismus und die veränderte Gehirnchemie auch andere Anomalien hervorgerufen hatten; die Manipulation menschlicher Gene ist eine äußerst komplexe Sache. SuperS sind, wenn ich mich recht erinnere, kein besonders lieblich anzusehendes Völkchen.
»Also, so groß sind ihre Köpfe nun auch wieder nicht, Colin! Bei schlechter Beleuchtung fallen sie kaum auf.«
»Außerdem haben wir die Infrarotaufnahmen ihrer Körper gespeichert. Noch vom Prozeß her. Niemand kann die Lage seiner Leber verändern oder das Tempo der Verdauungsvorgänge im Zwölffingerdarm korrigieren.«
Was beides nicht besonders aussagekräftig ist. Infrarotaufnahmen sind nicht einmal zur Identitätsbestimmung bei Gericht zugelassen. Zu unzuverlässig. Immerhin, besser als nichts.
Alles davon war besser als das Nichts mit David. Das Nichts von Stephanie. Das Etwas von Katous. Danke, Dame!
Colin sagte: »Die Reisetätigkeit von Huevos Verdes intensiviert sich graduell. Sie planen etwas. Wir müssen
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