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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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lesen können, die Straßenschilder, die Namen auf den Wettscheinen für Rollerrennen. Ich hoffte zum Himmel, daß sie lesen konnte.
    Selbstverständlich hatte mich irgendein Monitor immer unter Beobachtung. Ich beugte mich über das Papier, das Peg mir brachte – rauhfasrige gelbliche Blätter, vermutlich Verpackungsmaterial für irgend etwas. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, wann ich zum letztenmal mit der Hand geschrieben hatte; aber ich war nie besonders gut darin gewesen. Der Stift wog schwer in meiner Hand.
    Drew, so mußt du ihn halten!
    Für was soll’n das gut sein, Leisha? Kann doch zum Terminal reden, wenn ich was wissen will.
    Und wenn du eines Tages kein Terminal hast?
    Daß ich nich’ lache 1 . Terminals wird’s immer geben!
    Langsam schrieb ich in Blockbuchstaben: GESHICHTE DES ZWEIDEN AMERIKANISCHEN FREIHEIZKAMFS.
    Drei Stunden später, nach vielem Zerknüllen und Zerreißen von Papier und Herumgerutsche in meinem Rollstuhl, hatte ich drei zum Großteil durchgestrichene Seiten zusammengebracht. Hubbley höchstpersönlich schritt in den Gemeinschaftsraum und beugte sich über meine Schulter. Ich fragte mich, wieso er so lange gebraucht hatte.
    »Also, Mister Arlen, Sir, das macht mir ehrlich große Freude! Sie interessieren sich so sehr für unseren Freiheitskampf, daß Sie darüber schreiben! Aber natürlich muß ich überprüfen, was Sie da sagen. Damit auch alles seine Richtigkeit hat, Sie verstehen, mein Sohn.«
    »Heißt das, irgend jemand wird das tatsächlich zu Gesicht bekommen?« fragte ich und reichte ihm die Blätter. Aber er schnappte den Köder nicht. Sein Gesicht, das stets knochig und kantig aussah, wirkte hager und hohlwangig. Die Haut unter den Augen bildete dicke Tränensäcke. Er warf kaum einen Blick auf meinen ›Freiheizkamf‹.
    »Teufel, das ist prächtig, mein Sohn. Bloß brauchen Sie mehr über Oberst Marion. Inspiration ist die Seele der Tat, wie wir hier herunten immer sagen.«
    »Ich habe noch nie einen von euch das sagen hören.«
    »Hmmm«, machte er; er hatte mir kaum zugehört, sondern blickte sich zerstreut um.
    Abigail lachte immer noch hellauf mit ihren Freunden und nähte an ihrem ewig unvollendeten Hochzeitskleid. Seit drei vollen Stunden war sie damit beschäftigt. Sie war jetzt im siebenten Monat schwanger, und die weiße Spitze türmte sich hoch über ihrem Bauch. Joncey war verschwunden. Genau wie Campbell und der Doktor. Peg, die hellwach neben mir saß, starrte Hubbley an wie den Sonnengott. Irgend etwas war im Gange, irgend etwas, das ich nicht mitkriegte.
    Die Formen in meinem Kopf waren verwunden und hart, so in sich geschlossen wie das dunkle Gitterwerk. Mir blieb nicht mehr viel Zeit.
    Ich legte die Handflächen auf die Armlehnen des Rollstuhls und stemmte meinen Körper leicht in die Höhe. Dann verlagerte ich mein Gewicht zur linken Hand hin, bis der Rollstuhl – nicht annähernd so stabil wie mein eigener – umkippte. Ich fiel auf Peg, die augenblicklich die Finger um meinen Hals legte und zudrückte. Ich zwang mich dazu, jede Reaktion zu unterlassen. Jede Faser in meinen Armen schrie danach, ihr ein paar gutsitzende Gerade zu verpassen, aber ich blieb völlig passiv, riß die Augen weit auf und ließ mich erwürgen. Der Raum begann zu schwanken und wurde dunkel. Eine Ewigkeit verging, ehe Jimmy Hubbley Peg von mir hochriß.
    »He, Peg, he, nun laß doch! Der Mann will doch nicht kämpfen, er fiel bloß hin…! Peg! Laß los!«
    Sie gehorchte. Luft rauschte in meine Lunge, so brennend und qualvoll wie Säure. Ich keuchte und schnaufte mit pfeifendem Atem.
    Hubbley hielt Peg fest, obwohl sie ihn um einen Viertelmeter überragte und zweifellos kräftiger war. Er hielt sie um die Mitte gefaßt, während er meinen Rollstuhl wieder aufrecht hinstellte. Inzwischen hatten sich bereits ein paar Zuschauer eingefunden.
    »He, gibt nichts zu gucken hier, Männer! Mister Arlens Rollstuhl ist umgekippt – seht ihr, da, dieses Metallteil ist ganz verbogen. Ruhig, Peg, ruhig. Teufel, er ist doch nicht mal bewaffnet! Haben Sie sich weh getan, Mister Arlen, Sir?«
    »N-n-nein.«
    »Meine Güte, das sind so Sachen, die passieren können. Starrett, heb Mister Arlen auf den Stuhl da. Wo ist Bobby? Ah, da bist du ja. Bobby, das fällt in deine Zuständigkeit. Bieg das Metallding da gerade, damit der Rollstuhl nicht wieder unter Mister Arlen wegkippt. Ist ja richtiggehend gefährlich, das. So, Männer, und jetzt heißt es bald ›Licht aus!‹ Also auf,

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