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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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setzt euch in Bewegung!«
    Ich wurde auf einen Stuhl gehoben, und Bobby holte eine Servozange aus seiner Tasche; in fünfzehn Sekunden hatte er die Metallstütze an der Unterseite des Rollstuhles gerade gerichtet. Ohne Servozange hatte es mich eine halbe Stunde und jedes Quentchen Kraft, das ich aufbringen konnte, gekostet, um die Strebe zu verbiegen.
    Hubbley nahm seinen Arm von Pegs Mitte, die daraufhin erschauerte, und verließ den Gemeinschaftsraum. Ich schnappte meinen ›Freiheizkamf‹ und ließ mich von Peg zu meinem Bett schieben und einsperren. Sie behandelte mich noch grober als sonst – sie hatte überreagiert und fragte sich, ob irgend jemandem aufgefallen war, wie stürmisch sie Jimmy Hubbley beschützt hatte. Es war ihr entgangen, daß alle anderen über ihre hoffnungslose Leidenschaft Bescheid wußten und darüber spotteten. Arme Peg. Dumme Peg. Ich rechnete fest mit ihrer Dummheit.
    In meinem Zimmer schob ich die Decke auf der Pritsche so zusammen, daß es aussah, als würde ich darunter liegen. Das war nicht leicht, denn es war eine dünne Decke. Den auffallend unbesetzten Rollstuhl ließ ich dicht daneben stehen, so daß er sofort ins Auge fallen mußte, sobald die Tür auch nur einen Spalt breit offen war. Ich selbst hockte mich hinter die Tür, die Beine unter mich geschlagen.
    Wie lange würde Peg brauchen, um sich auszuziehen? Kontrollierte sie die Taschen ihres Overalls? Natürlich machte sie das. Sie war ein Profi. Aber ein dummer Profi. Und krank vor Liebe.
    Dumm und liebeskrank genug? Wenn nicht, dann war ich so tot wie Leisha.
    Ich saß beinahe in derselben Stellung wie Leisha, als sie gestorben war. Aber Leisha hatte es nicht einmal mehr bemerkt, als die Kugel sie traf. Ich würde es bemerken. Die Formen in meinem Innern waren hart und flink – silbrige Haie, die das geschlossene grüne Gitterwerk umkreisten.
    Die Nachricht in Pegs Tasche war mit demselben Stift geschrieben wie meine ›Geshichte des Freiheizkamfs‹ – es war möglicherweise der einzige Stift, der in dem ganzen Bunker existierte –, aber nicht auf das dicke gelbliche Packpapier. Sie war auf einem Stück Spitze von Abigails Hochzeitskleid geschrieben, einem Rechteck, das ach-so-zufällig in irgendeinem Korridor fallengelassen worden war, einem Rechteck mit weniger Perforationen als die meisten anderen und damit mehr Platz zum Schreiben – in einer Handschrift, die so verschieden war von meiner ›Geshichte‹, wie es nur ging. Natürlich würde ein Experte für Handschriften herausfinden, daß sie beide von ein und derselben Person stammten. Aber Peg war keine Handschriftenexpertin. Peg konnte kaum lesen. Peg war dumm. Peg war ganz krank vor heißer Liebe und Eifersucht und Beschützerdrang für ihren übergeschnappten Anführer.
    Die Botschaft lautete: Sie is eine Veräterin. Planen wir was. Arlens Zimer am sichersten. Ich hatte sie mitten unter all dem Zerknüllen und Zerreißen und Herumgerutsche verfaßt, und es war nicht schwer für mich gewesen, sie in Pegs Tasche zu schieben. Nicht für jemanden, der einst, vor langer Zeit, dem Gouverneur von New Mexico, Leishas Gast, die Brieftasche gezogen hatte – einfach deshalb, weil der Gouverneur ein prominenter Macher war und ich ein mißlauniger verkrüppelter Teenager, der gerade aus der dritten Schule geflogen war, in die Leishas Macher-Geld mich hineingebracht hatte.
    Leisha…
    Die Silberhaie bewegten sich rascher durch meinen Geist. Konnte Peg das Wort ›Veräterin‹ buchstabieren? Vielleicht hätte ich bei kürzeren Wörtern bleiben sollen. Vielleicht überwog aber auch ihre Professionalität ihre Liebeskrankheit? Oder sie war weniger dumm als eifersüchtig? Vielleicht…
    Das Türschloß leuchtete auf. Die Tür öffnete sich. In derselben Sekunde, in der sie im Raum stand, schleuderte ich ihr den Rollstuhl ins Gesicht, indem ich ihn mit aller Wucht, die ich mit der künstlich verstärkten Muskelkraft meiner Arme aufbringen konnte, vom Boden schräg nach oben schwang. Peg fiel zurück gegen die Tür und schloß sie damit. Sie war nur eine Sekunde lang benommen, aber ich brauchte nicht mehr als diese eine Sekunde. Ich schwang den Rollstuhl erneut hoch, wobei ich diesmal mit der Armstütze, die ich nach außen gebogen hatte, auf ihren Bauch zielte. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte ich ein Stück weiter nach unten zielen können. Geduldig hatte ich die Polsterung von der Armstütze entfernt und im Schweiße meines Angesichts die Metallstrebe vor und zurück

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