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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Maul du!« Sie überlegte angestrengt. Ich spürte Jonceys Herzschlag nicht mehr.
    Eine Frau rannte in den Korridor. »Abby, was is’n los, du? Das U-Boot is’ schon vor der Küste…« Abrupt verstummte sie.
    Das U-Boot. Mit einemmal begriff ich, wie die Untergrundrevolution es geschafft hatte, der AEGS so lange verborgen zu bleiben. Ein U-Boot setzte militärische Hilfe voraus. Also waren Regierungsstellen involviert – oder zumindest Einzelpersonen innerhalb von Regierungsstellen. EIGENTUM DER U.S.-ARMEE! STRENG GEHEIM! VORSICHT, GEFÄHRLICH!
    Ich fühlte mich, als wäre ich tot.
    »Na gut, Arlen«, sagte Abby, »gib ihn mir un’ sperr dich in dem Lagerraum da ein.«
    »Kommt mir nicht zu nahe«, sagte ich und fuhr langsam rückwärts in den Raum mit den aufgestapelten Behältern; Joncey lag immer noch über meinen Knien. Im letzten Moment ließ ich ihn auf den Boden fallen und knallte die Tür hinter mir zu. Man konnte sie zwar von innen verriegeln, aber ich hatte keinen Zweifel, daß Abby in der Lage war, die Sperre aufzuheben. Ich baute auf das Drängen in der Stimme der neu hinzugekommenen Frau, die Panik, die in ihren Worten mitschwang: Abby, das U-Boot is’ schon vor der Küste! Lieber Gott, mach, daß das U-Boot bereit zum Auslaufen ist! Mach, daß Abby Joncey ehestens in einer RoboAmbulanz sehen will – und zwar mehr, als sie mich tot sehen will! Mach, daß die Behälter rundum keine tödlichen Viren enthalten, und wenn, dann mach, daß sie nicht per Fernbedienung freigesetzt werden können…
    Mit klopfendem Herzen saß ich da, die Formen in meinem Kopf rot und schwarz und stachlig, schmerzhaft wie Kakteen.
    Nichts geschah.
    Die Minuten zogen sich hin.
    Schließlich erhellte sich ein kleiner Abschnitt der Wand neben mir. Es war ein Holoschirm, und ich hatte ihn nicht einmal bemerkt. Ein blödes Terminal. Abbys blutverschmiertes, haßverzerrtes Gesicht füllte es aus.
    »Hör zu, Arlen, du! Du wirst da unten krepieren. Ich hab alles dichtgemacht. Un’ die Terminals, die sin’ lahmgelegt, alle. In ‘ner Stunde stellt sich die ganze restliche Versorgung automatisch ab. Könnte dich jetz’ gleich erledigen, aber ich möchte, daß du erst mal drüber nachdenken kannst… Hast du gehört, du? Du bist tot, du! Tot, tot, TOT!« Mit jedem Wort wurde ihre Stimme schriller, bis sie nur noch ein Kreischen war. Ihr Kopf zuckte hin und her, das blutverkrustete Haar peitschte ihr über das Gesicht. Da wußte ich, daß Joncey tot war.
    Jemand zog sie weg vom Schirm, und er erlosch.
    Vorsichtig und langsam öffnete ich die Tür. Der Rollstuhl war so verzogen, daß ich ihn kaum durch die Gänge manövrieren konnte. Mein Sehvermögen schien mich zeitweilig im Stich zu lassen, so daß ich nicht mehr genau sagen konnte, welche Formen ich vor mir sah und welche nur in meinem Kopf existierten – ausgenommen das dunkle Gitterwerk, das war ohne jeden Zweifel in meinem Kopf. Es regte sich und begann sich zum erstenmal zu öffnen; jede Handbreit davon fuhr wie ein Messer in meine Seele.
    Ich stieß auf Jimmy Hubbley. Sie hatten ihn rasch und sauber getötet, soweit ich das beurteilen konnte. Eine Kugel in die Stirn. Francis Marion war, wenn ich mich recht erinnerte, friedlich in seinem Bett gestorben. An einer Infektion.
    Campbell mußte sich verbissen gewehrt haben. Sein riesenhafter Körper blockierte den Korridor, blutüberströmt und zerschlagen wie von wiederholten heftigen Hieben mit einer Machete. Er lag mit ausgebreiteten Gliedmaßen über dem gefangengenommenen Arzt. Das Gesicht des Doktors drückte sowohl Todesangst als auch Empörung aus: Wie kam er dazu? Das war doch nicht sein Krieg! Sein Blut glitt über die nano-glatten Wände, die dafür vorgesehen waren, Flüssigkeiten abzustoßen.
    Zwei Tote lagen auf dem Boden des Terminalraumes, den ich nach unzähligen vergeblich geöffneten Türen doch noch entdeckt hatte. Eine Frau namens Junie und ein Mann, den alle nur ›Alligator‹ genannt hatten. Auch diese beiden waren sofort tot gewesen, auch sie durch Schüsse in die Stirn. Abigails Griff nach der Macht hatte keinen sadistischen Beigeschmack. Sie wollte nichts als kompromißlose Kontrolle. Sie wollte das Sagen haben. Bei der Entscheidung, was für 175 Millionen Amerikaner – ein paar Millionen Macher mehr oder weniger, was spielte das für eine Rolle – das beste war.
    Ich saß vor dem Hauptterminal und sagte: »Terminal ein!« Es antwortete: »JAWOHL, SIR!«
    Von militärischer Disziplin hatte Francis

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