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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Marion ja viel gehalten.
    Es kostete mich fünfzehn Minuten, alles zu versuchen, was Jonathan Markowitz mir beigebracht hatte. Ich sprach jeden Schritt laut aus oder tippte ihn manuell ein und hatte keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte. Selbst wenn Jonathan es mir erklärt hätte, hätte ich es nicht verstanden. Und er hatte es mir nicht erklärt. Die Formen in meinem Kopf zuckten pfeilschnell hin und her, scharf wie Krallen.
    »SENDEBEREIT, SIR!«
    Ich rührte mich nicht.
    Falls Abigail die Wahrheit gesagt hatte, blieben mir noch siebenunddreißig Minuten, bevor die lebenserhaltenden Systeme in der unterirdischen Bunkeranlage ihren Betrieb einstellten.
    Aus Huevos Verdes vor der mexikanischen Küste konnte in fünfzehn Minuten jemand hier sein. Aber würde jemand kommen? Miranda war bis jetzt nicht aufgetaucht!
    »SIR? SENDEBEREIT, SIR!«
    Jetzt endlich öffnete sich das dunkle Gitterwerk in meinem Innern.
    Es begann sich aufzurollen wie ein Regenschirm oder eine Rosenknospe. Es gibt jetzt Rosenknospen, GenMods, die sich, mit dem richtigen Stimulans in Kontakt gebracht, innerhalb von fünf Minuten komplett öffnen. Machen sich hübsch bei besonderen Festlichkeiten. Die matten rautenförmigen Felder des Gitterwerks wurden heller und zogen sich auseinander, beides gleichzeitig. Und das Gitter selbst wurde breiter und größer, bis es sich vollständig geöffnet hatte.
    In seinem Innern befand sich ein zehnjähriger Junge mit strahlendhellen Augen, schmutzig und selbstsicher.
    Hatte ihn seit Jahrzehnten nich’ mehr gesehen, ich.
    Und auch nicht die absolute Sicherheit, mit der er wußte, was sein Ziel war, nicht die Geradlinigkeit, mit der er es verfolgte. Dieser Junge war völlig selbständig gewesen; er hatte seine eigenen Entscheidungen getroffen, nicht im mindesten davon beeinflußt, was die Welt dazu sagte. Ich hatte ihn nicht gesehen seit dem Tag, an dem er in Leisha Camdens Anwesen in New Mexico aufgetaucht war, seine ersten Schlaflosen getroffen und seinen Geist ihrem überlegenen anvertraut hatte. Nicht seit ich der Lichte Träumer geworden war. Nicht seit ich Miranda kennengelernt hatte.
    Und jetzt war er wieder da, der einsame grinsende kleine Kerl, befreit von dem steinernen Gitter, das ihn umschlossen hatte. Eine hell leuchtende Form in meinem Kopf.
    »SIR? WÜNSCHEN SIE DIE SENDEBEREITSCHAFT AUFZUHEBEN, SIR?«
    Noch einunddreißig Minuten.
    »Nein«, rief ich schnell und sagte den Code für die Notüberbrückung auf, den Code, den ich auf hartnäckiges Drängen von Huevos Verdes so sorgfältig auswendig gelernt hatte. Eindringlich hatte man mir ans Herz gelegt, ihn ja nicht zu vergessen – denn Drew Arlen, dem primitiven Nutzer, war ja durchaus zuzutrauen, daß er ihn dann im Notfall verschwitzt hatte.
    Sie meldete sich persönlich: »Drew? Wo sind Sie?«
    Ich nannte ihr die exakte geographische Länge und Breite, die mir beide das Terminal lieferte, und gab ihr genaue Anweisungen, wie das Rettungsteam durch den morastigen Tümpel absteigen mußte. Nicht die geringste Unsicherheit war in meiner Stimme. »Es handelt sich um ein illegales unterirdisches Labor. Es ist Teil der Revolution, auf deren Konto bereits die Freisetzung des Duragem-Spalters geht. Aber das wissen Sie ja schon alles, nicht wahr?«
    Ihre Augen sahen mich fest an. »Ja. Es tut mir leid, daß wir es Ihnen nicht sagen konnten.«
    »Ich verstehe.« Und ich verstand wirklich. Vorher hatte ich nicht verstanden, jetzt schon. Seit Jimmy Hubbley. Seit Abigail. Seit Joncey. Ich sagte: »Es gibt viel, was ich Ihnen sagen muß!«
    »In zwanzig Minuten sind wir bei Ihnen«, versicherte sie mir. »Wir haben schon Leute ganz in der Nähe… warten Sie nur zwanzig Minuten, Drew.«
    Ich nickte und sah in ihr Gesicht auf dem Schirm. Sie lächelte nicht, die Sache war zu bedeutsam. Das gefiel mir. Die Formen in meinem Innern ließen keinen Platz für ein Lächeln. Der weinende Junge, die Menschen – alle Menschen dieser Welt – in dem dunklen Gitterwerk. In mir, in meiner nicht gewollten Verantwortlichkeit.
    »Nur zwanzig Minuten«, sagte Carmela Clemente-Rice mit ihrer warmen Stimme. »Und in der Zwischenzeit erzählen Sie uns, wie…« – und in diesem Moment erlosch der Schirm, als Huevos Verdes das Signal auffing, es annullierte und meine Verbindung mit der AEGS abschnitt.

 
    14
    Billy Washington:
    East Oleanta
     
    Am selben Morgen, als der Präsident den Ausnahmezustand erklärte, da fand ich den toten GenMod-Hasen beim Fluß. War

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