Bettler 02 - Bettler und Sucher
vor Monaten schon ein paar Macher versteckt gehalten hatten. Es gibt keine Spur mehr von den Leichen. Es gibt nicht einmal mehr das Gebäude!«
Sah sie an, ich. Wußte nich’ mal, daß sie letzte Woche nach Coganville gelaufen war.
»Begreifen Sie nicht, Billy? Was Drew Arlen während Miranda Sharifis Prozeß andeutete, ist wahr! Er sagte es nicht direkt, und ich würde wetten, nur deshalb nicht, weil jemand entschieden hat, daß es der nationalen Sicherheit abträglich wäre. ›Nationale Sicherheit‹! Dafür würde man erst einmal eine wirkliche Nation brauchen!«
Kam immer noch nich’ mit, ich.
Vicky, die sah mich an un’ legte mir die Hand auf’n Arm. »Billy, irgend jemand rüstet Nutzer mit staatseigenen Waffen aus! Irgend jemand leitet einen Bürgerkrieg in die Wege! Glauben Sie wirklich, daß diese ganze Gewalttätigkeit nicht mit Vorbedacht geschürt wird? Wahrscheinlich sind es dieselben Mistkerle, denen die Freisetzung des Duragem-Spalters zu verdanken ist, die noch irgendwo da draußen sind und versuchen, alle Macher auszurotten. Und vielleicht noch alle Schlaflosen dazu, zumindest die, die sich nicht in Sanctuary verkrochen haben. Irgend jemand will, daß dieses Land noch mehr zerfällt, und dieser jemand bekommt soviel heimliche Unterstützung von regierungsnahen Personen, daß er weitermachen kann. Bürgerkrieg, Billy. Diese letzten neun Monate einer biotechnischen Schäferidylle waren nur ein Zwischenspiel. Und wir, die wir uns bemühen, webende Roboter herzustellen, und uns freuen, daß wir von all den alten biologischen Erfordernissen befreit sind, wir werden keine Chance haben. Nicht ohne eine starke Regierung, die sich auf unsere Seite stellt, und dafür sehe ich nicht das geringste Anzeichen.«
»Aber, Vicky…«
»Ah, was rede ich denn da zusammen. Sie verstehen ohnedies kein Wort davon.«
Sie drehte sich um un’ stiefelte davon.
Hatte ja recht, sie. Nich’ ganz, aber halb. Konnte nich’ alles verstehen, ich, aber ‘n bißchen was schon. Mir fiel Annie ein, die wo nich’ weggehen wollte aus East Oleanta, nich’ mal, um Miranda Sharifi aus’m Knast zu holen. Wir haben’s doch gut hier, Billy. Hier brauchen wir uns nich’ fürchten, vor gar nichts.
Vicky kam zurück. »Tut mir leid, Billy. Ich sollte es nicht an Ihnen auslassen. Aber es ist eben so…«
»Was?« fragte ich so freundlich, wie’s nur ging.
»Es ist eben so, daß ich Angst habe. Um Lizzie. Um uns alle.«
»Ich weiß.« Wußte es wirklich, ich. Soviel verstand ich auch von allem.
»Erinnern Sie sich, Billy, was Sie damals sagten, an dem Tag, als Miranda uns die Spritzen gab und sie und Drew Arlen darüber stritten, wer die Kontrolle über die Technik haben sollte?«
Also, ganz genau konnte ich mich an den Tag nich’ erinnern. War wohl der wichtigste Tag in meinem ganzen Leben, damals, der Tag, an dem ich Annie un’ Lizzie un’ meinen Körper zurückkriegte, un’ trotzdem kann ich mich nich’ mehr genau dran erinnern. Mir tat die Brust furch’bar weh, damals, un’ Lizzie war so krank, un’ es passierte einfach viel zuviel. Aber ich erinnere mich genau an Drew Arlens harte Visage, der Teufel soll ihn holen un’ schmoren lassen in Annies Höllenfeuer. Der Arlen, der hat gegen Miranda ausgesagt in dem Prozeß un’ sein eigenes Mädel in den Bau geschickt. Un’ ich erinnere mich an die Tränen in Mirandas Augen. Wer soll die Technik kontrollieren…
»Sie sagten damals, es käme wohl darauf an, wer es kann. Und wissen Sie was? Wir können es nicht. Weder die Nutzer, die ihre Spritzen bekommen haben, noch die Macher, die ihre Spritzen bekommen haben und die sich in ihren geschützten Enklaven verkriechen. Und ohne unsere eigene hochgezüchtete Technik kann uns jeder einigermaßen entschlossene technische Angriff seitens der Regierung oder seitens dieser geistesgestörten Untergrund-Puristen ausrotten. Und er wird es auch.«
Wußte nich’, was ich sagen sollte. Die eine Hälfte von mir, die wollte sich für alle Zeit in East Oleanta einbuddeln, zusammen mit Annie un’ Lizzie – un’ Vicky auch. Aber die andere Hälfte, die konnte einfach nich’! Wir mußten doch die Miranda Sharifi befreien! Wußte nich’, wie, ich, aber wir mußten’s tun! Sie hat doch auch uns frei gemacht.
»Vielleicht«, sagte ich langsam, »gibt’s gar niemand, der wo im Untergrund sitzt un’ die Leute zum Kämpfen aufhetzt. Vielleicht is’ das alles bloß… ‘ne Art Übergangszeit, un’ hinterher, nach ‘ner
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