Bettler 03 - Bettlers Ritt
Ich kam gerade rein, als das Haussystem mir sagte, du wärst hier, und es hätte irgendein Mißverständnis gegeben, so daß du denken könntest, man würde nicht mit dir reden wollen. Tut mir leid.«
»Ach ja, immer diese ungeschickten Computer…«, bemerkte Vicki.
»Ich wollte dich heute vormittag ohnehin anrufen«, fuhr Rogers fort. Ein fleischiger Wulst über dem Kragen seines Labormantels wanderte auf und ab. »Wir haben jetzt einen ersten Vorbericht über die Veränderungen in den Gehirnen deiner Objekte.«
»Dann komm raus und gib ihn mir«, sagte Jackson. »Persönlich. Ich beiße nicht, Thurmond.«
Das Gesicht an der Wand lachte gezwungen. »Natürlich nicht. Aber ich habe mir das Kreuz verrissen, als ich aus dem Wagen stieg, und ich würde mich lieber nicht viel bewegen, ehe der Zellreiniger das wieder in Ordnung bringt.«
»Dann kommen wir eben zu dir«, sagte Jackson gleichmütig.
»Laß mich zuerst einmal erklären, welche Tests wir bisher durchführten und wie die Resultate aussehen. Wir fanden zunächst heraus… Ist das wirklich notwendig?«
Aus der Tasche ihres Overalls hatte Vicki ein Aufnahmegerät hervorgeholt und richtete es auf das Bild von Thurmond Rogers. Sie sagte: »Durchaus. Für das Protokoll: Doktor Rogers befindet sich in einem versiegelten Raum in den Hochsicherheitslabors von Kelvin-Castner, weil er etwas wahrhaft Alarmierendes über dieses neuartige Neuropharm herausgefunden hat und nicht das geringste Risiko eingehen möchte, daß es ihm möglicherweise in sein eigenes überaus kostbares und hochgebildetes Hirn steigt. Habe ich recht, Doktor Rogers?«
Mit tiefem Abscheu blickte Rogers sie an. »Wie ich soeben ausführen wollte, haben wir die medizinischen Scans und Gewebeproben der Versuchsobjekte umfassenden Tests unterzogen. Die erhaltenen Resultate sind zwar vorläufig, jedoch ganz außergewöhnlich, Jackson. Die Objekte haben offenbar ein GenMod-Molekül eingeatmet, vermutlich über ein gentechnisch verändertes Virus. Das Molekül selbst ist für eine Analyse nicht verfügbar, weil es sich irgendwann, nachdem es das Gehirn erreicht hatte, aufgelöst hat. Doch wir waren in der Lage, den Weg nachzuvollziehen, den es genommen hat, und von den pharmakodynamischen Wirkungen ausgehend teilweise Rückschlüsse auf seine annähernde Zusammensetzung zu ziehen.«
Rogers holte tief Atem, was ihn etwas zu beruhigen schien, obwohl der Fleischwulst über seinem Kragen immer noch auf und ab wanderte. Jackson fragte sich, was er wohl in die Luft seines Büros gemischt hatte. »Das Molekül, von dem wir hier sprechen, war offenbar dazu ausersehen, sowohl als Agonist als auch als Antagonist verschiedene Neuralpunkte anzugreifen, mit dem Ziel…«
»Und in einfacher, dem durchschnittlich gebildeten Anwalt verständlicher Sprache hieße das?« unterbrach ihn Vicki.
»Jackson, ist das notwendig?«
»Offensichtlich«, sagte Jackson.
Mit steinerner Miene starrte Rogers Vicki an. »Ein ›Agonist‹ aktiviert bestimmte Nervenrezeptoren und bringt sie dazu, ihre Biochemie zu verändern. Ein ›Antagonist‹ blockiert andere Untertypen von Rezeptoren.«
»Vielen Dank«, sagte Vicki zuckersüß. Jackson hatte plötzlich den Eindruck, das alles wäre ihr wohlbekannt, und sie ließ Rogers nur zu ihrem eigenen Vergnügen durch Reifen springen.
»Das Molekül scheint eine hohe Bindungsaffinität für einen oder mehrere Rezeptoren im Amygdaloidkomplex zu haben. Scans zeigen dort sowie in anderen Gebieten des limbischen Systems und in der rechten Schläfengegend der Gehirnrinde eine jüngst stattgefundene hohe Durchblutungsaktivität. Offenbar löste das Molekül einen sehr komplexen Kaskadeneffekt aus, bei dem die Ausschüttung gewisser biogener Aminosäuren die Ausschüttung anderer chemischer Stoffe auslöste und so weiter. Wir haben bereits Veränderungen in der räumlichen Struktur zwölf verschiedener Peptide identifiziert, und das ist vermutlich erst der Anfang. Es sind auch Abweichungen in der zeitlichen Koordinierung synchroner Nervenreize feststellbar.«
»Weist die Summe all dessen auf permanente Veränderungen in den NMDA-Rezeptoren hin?« fragte Jackson.
»Ich fürchte, ja. Die Veränderungen scheinen eine Umstellung in der Erzeugung von Aminosäuren einzuleiten, einschließlich jener Aminosäuren, die nur unter pathologischen Bedingungen auftreten. Dazu kommen Änderungen bei den Neurotransmitterprozessen in den Synapsen, in der Zusammensetzung von Rezeptoren und sogar bei den
Weitere Kostenlose Bücher