Bettler 03 - Bettlers Ritt
zu den Labors und Wohneinheiten. Auf dem glänzenden Tisch aus Teakholz, der von bequemen Stühlen umgeben war, stand ein silbernes Kaffeeservice. An den Wänden reihten sich weitere Stühle. Auf einem niedrigen Tischchen befand sich eine Holobühne.
Jennifer ging zu einem der Stühle an der Wand, setzte sich und schlug die Augen nieder. Dies war das Resultat von zähen Verhandlungen, die Will geführt hatte. Die Berber, seit drei Jahrtausenden gewiefte Geschäftsleute in ihrem feindseligen Lebensraum, hatten sich mühelos darauf eingestellt, Vermittler für den internationalen Untergrund zu sein. Weit weniger mühelos konnten sie sich darauf einstellen, mit weiblichen Unternehmern zu verhandeln. Und wäre Jennifer irgendeine andere Frau gewesen, hätte man ihr nicht einmal Zutritt zu diesem Raum gewährt.
Irgendeine andere Frau – mit Ausnahme von einer. Miranda, die die Ihren verraten und den Kontakt mit diesem Schläfer-Abschaum dadurch erst notwendig gemacht hatte.
Will und die Berber ließen sich an dem Teakholztisch nieder. Gunnar blieb zwischen Jennifer und dem Lift an der Wand stehen, so daß er alles überblicken konnte.
»Kaffee?« fragte Karim.
»Ja, bitte«, sagte Will. »Wo ist Doktor Strukow?«
»Er wird sich in einigen Minuten zu uns gesellen. Wir sind ein wenig zu früh dran.«
Der Kaffee sah schwarz aus, dick, bitter… Jennifer wurde der Mund wäßrig, aber sie zwang den Speichelfluß zum Innehalten. Die drei Berber tranken ihren Kaffee ohne Hast; sie sprachen nicht und schienen völlig unbefangen. Doch selbst Karim erstarrte ein wenig, als eine Tür aufging und Serge Michailowitsch Strukow eintrat.
Das legendäre russische Genie war ein Riese – und seine Körpergröße sichtlich das Ergebnis von GenMods. Seine Hautfarbe spiegelte die charakteristische Gesundheit aller Umgestellten wider. Die Spritzen waren natürlich über der Ukraine ebenso abgeworfen worden wie über dem Rest der Welt, aber inwieweit man sie dort auch benutzt hatte, war nicht bekannt. Nicht nur daß die Ukraine alle ihre Landesgrenzen hermetisch geschlossen hatte, war durch die verrückten Antitechnikkults, die dort seit den regionalen Atomkriegen blühten, jeder Gebrauch des Nets stark eingeschränkt. Und was nicht im Net war, konnte auch nicht herausgeholt werden. Ein Großteil Osteuropas und Westasiens war daher selbst für Sanctuary ein unbekannter weißer Fleck.
Aber nicht Strukow. Den kannte man überall – und sah ihn nirgends.
Mit siebzehn war er aus der Ukraine geflohen. Damals hatte er noch keine Ahnung von Mikrobiologie gehabt, brachte aber einen GenMod-angehobenen, beachtlichen IQ mit. Nie erwähnte er seine Eltern, seine Vergangenheit, seine Jugend oder wie es kam, daß er nicht nur Russisch sprach, sondern auch korrektes Chinesisch und flüssiges Französisch – letzteres mit einem starken Akzent. Mit zweiundzwanzig hatte er bereits seinen Doktor in Mikrobiologie vom Centre d’ Étude du Polymorphisme Humain in Paris. Mit einunddreißig erhielt er den Nobelpreis für Medizin für seine Arbeit über gentechnisch modifizierte Exzitotoxine in neuralen Mitochondrien. Er kam jedoch nicht nach Stockholm, um seinen Preis entgegenzunehmen, und drei Monate später spazierte er aus seinem Labor in Paris und verschwand von der Bildfläche.
In den darauffolgenden zehn Jahren tauchten merkwürdige Berichte über Strukow im Untergrund-Net auf: Andeutungen, daß er angeblich für die Chinesen arbeitete, für Ägypten, für Brasilien – und stets auf dem Gebiet der biologischen Kriegsführung, stets an GenMod-Projekten; es waren Gerüchte, die es nie so richtig in die Schlagzeilen schafften – aber auch nie so richtig aufhörten. Ein Mikrobiologe in der Enklave San Francisco Bay erklärte, daß er an einem bösen Stück GenMod, das ihm ein Arzt aus den chilenischen Kämpfen hatte zukommen lassen, Strukows Handschrift erkannt hätte: einem tödlichen Retrovirus, das die Erinnerungsfunktion im Hippokampus zerstörte. Eine Woche darauf ertrank der Mikrobiologe in der Bucht von San Francisco.
Strukow setzte sich an das Kopfende des Tisches und drehte, Will demonstrativ ignorierend, seinen Stuhl so, daß er Jennifer ins Gesicht sehen konnte. Sie hob den Blick nicht, aber er fuhr fort, sie zu betrachten: fünf Sekunden lang, zehn. Fünfzehn Sekunden. Jennifer spürte, wie die nervöse Spannung im Raum rasant anstieg.
Schließlich drehte Strukow sich zurück zu den Männern am Tisch. Er lächelte leicht. »Was ist es,
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