Bettler 03 - Bettlers Ritt
was Sanctuary wünscht von mir als nächstes?« Er hatte einen starken russischen Akzent, aber die Satzstruktur war nicht russisch; im Geist aus dem Französischen übersetzt, vermutete Jennifer.
Will wirkte nicht so gelassen wie Strukow. »Sie wurden doch schon informiert über unsere Wünsche.«
»Ich will es in Ihren Worten hören.«
»Wir möchten«, sagte Will ein bißchen zu scharf, »daß Sie das GenMod-Virus, das Sie bereits entwickelt haben, modifizieren. Die Proben, die wir erhielten, sind nicht zufriedenstellend ausgefallen.«
»Und warum ist es, daß Sanctuary, im Besitz der besten wissenschaftlichen Laboratorien des ganzen Sonnensystems, nicht kann selbst modifizieren dieses Virus?«
»Wir haben unsere Gründe«, sagte Will, »es nicht selbst zu tun.«
»Vielleicht ich kann erraten. Sanctuary wird geleitet durch gemeinschaftliche Beschlüsse, ist das nicht so? Und viele Ihrer Leute lehnen wohl ab das, was immer Sie planen. Gewiß viele andere kennen nicht Ihre Pläne. Außerdem Ihre Laboratorien auf Sanctuary sind eingerichtet für gentechnische Veränderungen an Embryos und für Forschungen auf diesem Gebiet. Sie sind nicht eingerichtet, das tödliche Virus zu erzeugen und in Umlauf zu bringen.«
Will sagte nichts. Strukow warf den Kopf zurück und lachte – ein mächtiges, ehrliches Lachen, das den Raum erfüllte. Karim lächelte. Jennifer Sharifi und Will Sandaleros hatten im Gefängnis gesessen, weil sie den Versuch gemacht hatten, fünf amerikanische Städte mit der Drohung zu erpressen, auf ihrem Gebiet ein tödliches GenMod-Virus freizusetzen.
»Achtundzwanzig Jahre verändern viel, ist das nicht so?« fuhr Strukow fort. »Und nicht nur in der Mikrobiologie. Doch wie dem auch sei, plus ca change, plus c’est la même chose. Sie wünschen zu wiederholen diesen Angriff auf den amerikanischen Staat?«
»Nein«, sagte Will. »Doch was wir mit dem Virus tun, ist allein unsere Sache. Die Ihre ist es, das Virus wie vereinbart zu liefern.«
»Ein Kinderspiel.« Sichtlich genießerisch ließ Strukow das Wort auf der Zunge zergehen. Karim lachte auf.
»Möglicherweise doch nicht«, sagte Will. »Sie kennen noch nicht die genauen Spezifikationen der von uns gewünschten Modifizierung.«
»Erlauben Sie mir, Ihnen zu zeigen die modifizierten Formen, die ich bereits geschaffen habe«, sagte Strukow. »Angélique, commence. Le programme de démontrer.«
»Oui«, sagte der Computer.
Die Holobühne schaltete sich ein. Ein dreidimensionales Modell des menschlichen Gehirns in hellem Grau, umgeben von einem schemenhaften Umriß des Schädels. Zwei mandelförmige Stellen hinter den Ohren, so groß wie der Daumennagel eines Babies, leuchteten plötzlich rot auf.
»Die rechte und die linke Amygdala«, erklärte Strukow, »mit Sitz an der inneren Unterseite der Schläfenlappen. Beide Amygdalae sind essentiell identisch. Angélique, ca va.«
Die linke Amygdala dehnte sich aus, füllte die ganze Bühne und trat an die Stelle des Gehirns. Sie wurde zu einem komplizierten Gewirr dicht gepackter Neuronen, von dem verästelte Nerven ausgingen.
»Der dominante Neurotransmitter in den Amygdalae ist Glutaminsäure. Dies ist eine interessante Aminosäure. Feine Veränderungen des Stoffwechsels können verwandeln Glutaminsäure in ein Exzitotoxin, welches tötet Neuronen im Hypothalamus, einem Teil des Gehirns, der benötigt wird zur Bildung von Erinnerungen. Schlechter Transport von Glutaminsäure kann töten Neuronen im Gehirn und im Rückenmark. Überstimulation der Glutaminproduktion führt zu vielen chronischen Degenerationskrankheiten.«
Jennifer verzog keine Miene. Das waren grundlegende, allgemein bekannte Informationen; Strukow unterschätzte ihr Wissen. Ein Irrtum? Oder eine Beleidigung?
Will sagte: »Aber jede metabolische Veränderung, die ein Toxin hervorbringt, würde vom Zellreiniger in Ordnung gebracht werden. Er würde Toxine schneller zerstören, als sie entstehen können. Und Überproduktion ist das Resultat fehlerhafter DNA-Codierung, die der Zellreiniger augenblicklich korrigieren würde.«
»Richtig.« Strukow nickte. »Das ist der Grund, weshalb verschwunden sind Krankheiten wie Chorea Huntington, genannt Veitstanz, und ALS, die amyotrophische Lateralsklerose. Und auch Vergiftungen. Aber die Amygdala tut mehr. Angélique, ca va.«
Das Holomodell ging über in die Großaufnahme eines Dutzends geballter Zellen mit verschlungenen langen Axonen und Dendriten. Strukturen in und auf der
Weitere Kostenlose Bücher