Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
Vom Netzwerk:
Stellungen nicht leicht zu haben sind, du aber zwei Kinder zu erhalten hast und daher bald einmal zu Verstand kommen und dir vor Augen halten solltest, was du kannst, und nicht nur, was du nicht kannst. A – von Versicherungen verstehst du etwas, denn du warst schließlich mit einem Versicherungsagenten verheiratet; B – von Werbemethoden verstehst du etwas, weil ich mich darin auskenne und es dir schon beibringen werde; C – du sollst zeichnen können und wendest ein, du könntest nur Gipsmodelle entwerfen. Was – frage ich dich – kann es besseres geben für eine Versicherungsgesellschaft, die so viel mit Unfällen zu tun hat? D – betrifft Schreibmaschine und Stenographie, und wenn Welton Brown sich einbildet, er kriegt einen Gerichtsstenographen, der alles das kann, was ich vorher aufgezählt habe, dann ist er ein Schafskopf. E – du sollst selbst schreiben können, und daß du schreiben kannst, läßt sich nicht abstreiten. Denk doch bloß an deine Kindergeschichten und an unsere Geschichte ‹Sandra ergibt sich›. Ich gehe eine Wette mit dir ein, daß sich jede Wochenzeitung alle zehn Finger danach abschlecken würde, wenn wir sie jemals fertig schrieben!»
    «Schön, ich werde zu deinem Mr. Welton Brown gehen und dich nachher in der Mittagspause treffen», versprach ich.
    Nachdem ich mir mein Bürokleid angezogen hatte, erzählte ich Mutter von der Aussicht auf die Stelle und fragte sie, ob sie ehrlich der Meinung sei, mein winziges bißchen Talent und mein großer Eifer zu lernen würden genügen, um Welton Brown zufriedenzustellen.
    Es fiel schwer, von Mutter wegzugehen, die mit den Kindern in der Küche saß, Radio hörte und Gemüsesuppe kochte und nur sagte: «Hinter einem Mann, der Welton heißt, kann sich für mein Gefühl allerhand Unangenehmes verbergen, aber was Mary von dem Posten gesagt hat, klingt vielversprechend. Mach dir keine Gedanken. Wenn er dich nicht nimmt, ist's sein eigener Schaden. Komm, probiere mal die Suppe, ob sie genug gesalzen ist.»
    Es regnete, als ich mich auf den Weg machte. Meine Strümpfe waren bis zu den Waden hinauf mit dunklen Spritzern übersät; der Wind blähte meinen Mantel auf und zauste das Haar in Strähnen unter meiner Kappe hervor und machte es mir sehr schwer, die magere Flamme meines Selbstvertrauens vor dem gänzlichen Erlöschen zu bewahren.
    Welton Brown bestätigte meine schlimmsten Erwartungen, indem er gleich guter Dinge zu schildern begann, daß es bei der Versicherungsgesellschaft wie in einer großen Familie zuginge und es bei den Angestellten weniger auf die Arbeit als darauf ankam, wie sie sich in diese große Familie einfügten, und während er noch anschaulich erzählte, schob er mir einen Stenogrammblock zu und sagte im gleichen frohgemuten Ton: «Wollen wir mal schnell die Stenographie ausprobieren. Eine reine Formsache, aber es gehört nun einmal dazu.» Und dann begann er mit eintöniger Stimme und sehr schnell eine furchtbar schwere Abhandlung über die Verhältnisse an der Börse zu diktieren.
    Aus Eitelkeit tat ich, als schriebe ich alles mit, und wie die Stenotypistinnen im Film ließ ich den Bleistift über die Seiten flitzen, machte völlig bedeutungslose Kringel und Zeichen und war so geschickt, ab und zu innezuhalten und zu tun, als müßte ich mir einen Augenblick überlegen, ob ich richtig verstanden hatte. Anschließend händigte mir Welton einen Bogen gelbes Durchschlagpapier aus und forderte mich auf, mein Stenogramm auf der Maschine in der Ecke zu übertragen.
    Rein um die Zeit zu verbringen, denn ich hatte ja nichts mitstenographiert, zog ich meinen Mantel aus, hängte ihn sorgfältig über den Stuhlrücken, glättete meine nassen Handschuhe, deponierte sie neben meiner Tasche, trödelte daraufhin beim Einspannen des Bogens und rückte ihn hinauf und hinunter und nach rechts und nach links, bis das Papier auf den millionsten Teil eines Zentimeters ausgerichtet war. Als schließlich wirklich nichts anderes zu tun blieb, als das Abschreiben zu beginnen, wandte ich mich um und fragte: «War das nicht ein Artikel aus der ‹Finanzwelt›?» «Ja», gab Welton zu, ohne mich anzusehen. «Es war mir doch gleich so», erwiderte ich frohgemut und ganz, als wäre ich bereits ein Teil der Versicherungsgesellschaftsfamilie. «Während meiner Arbeit im Holzhandel mußte ich allwöchentlich die ‹Finanzwelt› lesen und die interessanten Artikel in einem Sonderbericht zusammenfassen, den wir dann an alle Holzhändler

Weitere Kostenlose Bücher