Beuterausch
entgegen. »Dean.«
»Chris.«
Trotz der glatten, weichen Hände war sein Griff überraschend fest.
»Verdammt schöner Tag, was?«
»Viel mehr kann man um die Jahreszeit nicht erwarten, Chris.«
»Du sagst es. Was hast du auf dem Herzen?«
»Ist das so offensichtlich?« Dean versuchte ein gequältes Lächeln.
»Wie geht’s Diane?«
»Das Heim ist wirklich schön. Sie kümmern sich um sie, so gut sie können. Ich muss mich noch mal bei dir bedanken, Chris, dafür, dass du bei denen da oben ein gutes Wort für uns eingelegt hast. Die niedrigere Rate hilft uns. Sehr sogar.«
»Freut mich zu hören. Diane ist eine tolle Frau. Sie verdient nur das Beste. Geht’s ihr ein bisschen besser?«
»Tja … sie hat es natürlich bequemer, aber …«
Er wollte dieses Thema mit Dean nicht zu sehr vertiefen. Diane würde sich nicht erholen, das wussten sie beide. Alzheimer. In fortgeschrittenem Stadium, wie er gehört hatte. Er tätschelte seinem Gegenüber leicht die Schulter. Zigarettenasche fiel auf den Ärmel von Deans weißem T-Shirt, aber er schien es nicht zu bemerken.
»Hey. Warum gehst du nicht eine Runde schwimmen, Kumpel? Und verstopfst mit deinen ganzen Haaren den Abfluss. Tu dir was Gutes.«
Dean probierte wieder ein Lächeln. Es passte nicht.
»Ja.«
Stattdessen saugte er an seinem Budweiser.
Nun kam die peinliche Pause, die Chris vorhergesehen hatte. Er lehnte sich an die Birke und trank von seinem Bier. Über den Rasen hinweg sah er, dass Belle Darlin’ von der Bank gezerrt hatte und sie zum Haus schleifte.
»Erinnerst du dich noch, dass du gesagt hast, ich solle zuerst zu dir kommen, wenn ich jemals ans Verkaufen denke?«
Jetzt kommt’s, dachte Chris. Ich wusste es.
»Ja«, sagte er. »Aber ich habe keine Lust, meinen besten und einzigen Nachbarn zu verlieren.«
»Ich … ich kann mich einfach nicht mehr auf den Futtermittelladen konzentrieren. Ich finde niemanden, der die Buchhaltung so gut erledigt, wie Diane es konnte. Die Konkurrenz macht mich sowieso fertig. Kannst du dir vorstellen, dass ich Kunden, die fünfunddreißig Jahre bei mir gekauft haben, wegen zwei Cent Preisunterschied pro Pfund verloren habe?«
»Auf lange Sicht wird ihnen das noch leidtun. Die großen Ketten werden ihnen nicht so wie du Kredit einräumen und sie monatelang unterstützen.«
Dean schien ihn nicht zu hören. Er bückte sich und lehnte seine Flasche vorsichtig gegen den Baumstamm.
»Ich sitze ganz schön in der Klemme, Chris. Und ich muss ehrlich sein. Ich habe nicht die Kraft, mich daraus zu befreien. Ich verbringe so viel Zeit wie möglich oben bei Diane im Heim, aber ich möchte noch öfter bei ihr sein.«
»Verständlich.«
»Also, was ich vorhabe … Ich will alles verkaufen und mir eine kleine Einzimmerwohnung da oben in der Nähe besorgen, damit ich diese letzten Monate bei ihr sein kann. Ich glaub nicht, dass sie noch viel mehr hat.«
Dieses Mal schnippte Chris die Asche ab, ehe er seine Hand auf Deans Schulter legte.
»Wenn es dir wirklich ernst ist mit dem Verkaufen, bin ich froh, dass du dich an mich gewandt hast. Komm Montag runter zum Büro, dann kümmern wir uns um den Papierkram. Ich kann dir nicht die Welt geben für den Laden, aber ich mach dir einen fairen Preis.«
»Das weiß ich, Chris.«
Der Mann wirkte schon etwas gelöster.
»Das Gute bei alten Freunden ist, dass man sich keine Sorgen machen muss, über den Tisch gezogen zu werden«, sagte Chris.
»Deshalb komme ich zu dir, Chris.«
»Das hast du gut gemacht. Ich hab eine Idee. Was hältst du davon, wenn wir beide uns einen richtigen Drink besorgen? Du bist ein Scotch-Typ, genau wie ich, stimmt’s?«
»Bourbon.«
»Wir können bestimmt was organisieren.«
Er hob Deans Flasche auf und gab sie ihm und drehte ihn zum Haus um.
»Hast du schon Käufer für den Laden?«
»Noch nicht. Ein paar haben vorgefühlt.«
»Okay, darüber reden wir auch am Montag. Mal sehen, was wir tun können. Was soll’s, oder?«
»Klar. Was soll’s.«
Und mit dem Arm um seine Schultern steuerte er Dean quer über den Rasen.
Als sie zu Darlin’ kam, hielt ihre Tochter Danny Clapps Gesicht in beiden Händen und küsste ihn immer wieder auf den Mund. Der Junge litt vor Scham Höllenqualen, was man ihm nicht verdenken konnte, und versuchte sich herauszuwinden. Belle war wütend.
»Ich hab’s dir doch gesagt! Kein Küssen mehr! Das … das gehört sich einfach nicht. Ganz abgesehen davon, dass du dadurch krank werden kannst. Wenn ich dich noch
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