Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne
Das Schönreden und Verdrehen der Tatsachen in den internationalen Medien, änderte auf Dauer nichts an den für die Weltregierung unangenehmen Fakten: Der Angriff auf Matsumotos Japan war fehlgeschlagen.
Doch die erfolgreiche Verteidigung des einzigen Staates, welcher den Mächtigen offen die Stirn geboten hatte, war von endlosem Leid und einer nicht enden wollenden Prozession der Opfer begleitet worden.
Auch in Ivas gab es nicht nur Jubelschreie in jedem der bewohnten Häuser. Die Müllers hatten einen ihrer Söhne auf dem Schlachtfeld im fernen Osten verloren und das gleiche Schicksal hatte die holländische Familie Baastfeldt ereilt. Auch ihr Thomas kehrte nicht mehr zurück.
Von Sven hatten Frank und Alfred lange nichts mehr gehört. Seine Kriegseuphorie war am Anfang am größten gewesen. Erst im Mai 2032 kehrte er nach Ivas zurück und war nicht mehr derselbe. Der junge Mann hatte in vielen Schlachten an der japanischen Südfront gekämpft und auch die Gegenoffensive mitgemacht. Irgendwann wurde er von einer feindlichen Granate getroffen, welche ihm das halbe Gesicht wegriss und seinen Unterarm verstümmelte. Er lag mehrere Wochen in einem Lazarett in Kyoto. Letztendlich flickten sie sein Gesicht so gut es ging zusammen, doch er verlor sein linkes Auge und ein Ohr. Weiterhin mussten drei seiner Finger an der linken Hand amputiert werden.
Der stolze, junge Freiwillige kehrte schließlich entstellt und verkrüppelt nach Litauen zurück. Frank und Alfred kümmerten sich in den ersten Wochen nach seiner Rückkehr sehr um ihn und versuchten, den Soldaten moralisch wieder aufzubauen.
Rolf Hugenthal hatte einen Stich mit dem Bajonett in den Bauch abbekommen, überlebte aber Dank eifriger Ärzte und war nach einiger Zeit wieder auf den Beinen.
Der andere Sohn der Müllers war glücklicherweise unverletzt geblieben und wurde seiner klagenden Familie gnädigerweise vom Schlachtfeld zurückgegeben.
„Tut mir leid, dass ich mich in den letzten Tagen so selten bei euch habe sehen lassen, aber dein Vater geht mir momentan gehörig auf die Nerven“, erklärte Frank.
Julia lief an diesem sonnigen Apriltag neben ihm her und nickte zustimmend.
„Er lebt halt nur für die Politik“, sagte sie. „So ist er eben. Er meint es nicht böse.“
„Ich weiß. Ich mag ihn ja auch, aber manchmal sieht er das alles zu sehr von oben herab. Es war grauenhaft in Japan. Sicherlich notwendig und sinnvoll und wie auch immer. Aber ich wollte keinen Tag länger in diesem Hexenkessel bleiben“, erläuterte Kohlhaas und setzte sich ins Gras. Julia folgte ihm.
„Hab’ dich vermisst und mir furchtbare Sorgen gemacht“, bemerkte sie leise.
„Ach, den Held von Paris … und jetzt auch von Sapporo und Okinawa … kriegt keiner klein“, blödelte Frank und zwinkerte ihr zu.
„Spinner!“ Julia lächelte.
„Ich habe auch jeden Tag an dich gedacht“, brachte Frank heraus und schaute verlegen in die Baumwipfel.
„Aber jetzt bleibst du erst einmal hier“, sagte sie.
„Wenn nicht gerade andere unterjochte Völker nach dem Helden Frank Kohlhaas rufen und mich dein Vater dorthin schickt, ha, ha!“ neckte Frank die junge Frau.
„Dann haue ich ihm seinen liebsten, dicken Wälzer über Weltpolitik um die Ohren“, antwortete Julia.
„Du warst in Japan immer mein schönster Stern am Himmel“, sagte Frank leise und versuchte sich dann wieder wie ein echter Kriegsheld zu verhalten.
Julia errötete und lächelte ihn an. Plötzlich legte sie ihren Arm um seine Schulter und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
Frank räusperte sich und schmunzelte in sich hinein. Schließlich fasste er sich ein Herz und küsste sie auch. Diese Art der Gegenoffensive war ihm zwar mit der Zeit fremd geworden, doch tat sie ihm jetzt unglaublich gut und er dankte Gott erneut, noch am Leben zu sein.
Sie blieben noch eine Weile im Wald und spazierten dann weiter. Er hatte sie so unglaublich vermisst und jetzt war er wieder bei ihr. Was konnte es schöneres geben?
Der Vorsitzende des „Rates der 13“ fixierte ihn nun mit durchdringenden Blicken und verzog seine Miene zu einer Maske der Bösartigkeit. Der Weltpräsident schnaufte und versuchte den stechenden Augen seines Logenbruders irgendwie auszuweichen. Es gelang ihm nicht.
Hatte er vor einiger Zeit bei seinen Untergebenen den Kopf Matsumotos gefordert, so schienen seine Mitstreiter im Rat der Weisen mittlerweile den seinen zu wollen.
„Es wird keinen Nuklearschlag gegen Japan geben.
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