Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
nicht. Das alles überforderte seinen Verstand jetzt ein wenig …
Nachdem Kohlhaas verwirrt nach Hause gelaufen war, ging er noch einmal ins Internet und besuchte die Homepage der Berliner „Junior GCF Academy of Officiers“.
Hier fand er tatsächlich ein Foto von seinem Neffen. Darauf lächelte der zehnjährige Junge in Uniform stolz und hielt ein Zeugnis in der Hand. „Jahrgangsbester 2036, Nico Günther“ stand unter dem Foto. Frank schüttelte den Kopf und schaltete enttäuscht den Computer aus.
„Das ist schon übel!“, bemerkte Alf, kam ins Wohnzimmer und klopfte seinem Freund auf die Schulter.
„Er ist sogar Jahrgangsbester, der Kleine“, sagte Kohlhaas mit einem tiefen Seufzen.
„Ich wollte es nicht glauben, als du es mir erzählt hast, Alter!“, kam von Bäumer, der ebenfalls verdutzt war.
Frank setzte ein zynisches Lächeln auf. „Da liquidieren sie seine Mutter, stecken ihn in ein Waisenhaus und machen den Jungen dann zu einem GCF-Offizier. Diese Rattenbrut!“
„Waisenkinder sind bei der GCF gerne gesehen!“
„Ich weiß. Das ideale Menschenmaterial …“
„Nimm es nicht so tragisch!“, sagte Alf.
„Mein letzter noch lebender Verwandter wird GCF-Offizier. Das ist doch ein schlechter Witz!“, murmelte Frank.
„Es ist nicht zu ändern!“
„Eines Tages knallt er vielleicht seinen alten Onkel Frank über den Haufen und glaubt auch noch, dass er damit etwas Gutes getan hat!“
„Wer weiß, was sie ihm über seine Mutter erzählt haben?“
„Lügen! Was sonst!“, schnaubte Frank.
Alfred schwieg und betrachte seinen Mitbewohner, der betrübt aus dem Fenster blickte.
„Willkommen im Irrenhaus! Diese Welt ist doch ein großer Haufen Scheiße!“, murmelte Kohlhaas und ging in sein Zimmer. Alf sah ihn den Rest des Tages nicht mehr.
Obwohl er die letzte Nacht kaum Schlaf gefunden hatte und von Zweifeln und Depressionen geplagt worden war, sagte Frank das Battle Hammer Spiel gegen HOK nicht ab. Immerhin war es eine hervorragende Möglichkeit, ein wenig Ablenkung zu finden und für ein paar Stunden gelang es ihm auch, in eine andere Welt abzutauchen und die wenig erfreuliche Realität in seinem Kopf zurückzudrängen.
HOK hatte Hunderte von Miniaturen auf einem wundervoll eingerichteten Spieltisch aufgebaut. Frank befehligte eine liebevoll bemalte Orkarmee, sein Gegner eine Streitmacht aus Menschen.
„Ich zaubere mit meinem Orkschamanen die „Magische Kopfnuss“ auf deinen General!“, erklärte Frank und würfelte.
„Ha, ha! Klappt nicht!“, höhnte HOK.
Kohlhaas überlegte. „Gut, dann lass uns mal die Nahkampfphase machen! Ich fange mit meinem Orkhäuptling und seiner Leibwache an!“
„Mist!“, murrte der Informatiker und starrte entsetzt auf die Würfel, die über den Spieltisch kullerten.
„Deine Landsknechte sind platt!“, meinte Frank trocken.
„Gleich bin ich dran …“, brummte sein massiger Gegenspieler und sann auf Rache.
HOK schob seine Truppen vorwärts und setzte ein selbstsicheres Grinsen auf.
„Die Ritter greifen die Kobolde an!“
„Die Schwertkämpfer die Orks hier!“
Erregt würfelte der Informatiker und stieß sofort einen triumphierenden Schrei aus. So ging es noch einige Stunden lang. Letztendlich wurde Frank von seinem erfahrenen Gegner knapp besiegt, aber die Partie hatte trotzdem riesigen Spaß gemacht. Die beiden verabredeten sich für eine Revanche und Frank bat HOK, im Internet nach ein paar Miniaturen für ihn zu suchen.
„Ich fange wieder mit Battle Hammer an. Das ist doch das geilste Spiel der Welt. Wenn du ein paar der alten Figuren im Internet auftreiben kannst, dann bestelle sie für mich!“, sagte Frank und verabschiedete sich.
„Geht klar!“, rief ihm HOK hinterher und schmunzelte.
Schlag ins Leere
Am liebsten wäre Frank in Ivas geblieben, aber Wilden, der Außenminister Weißrusslands, welcher sein Heimatdorf nunmehr seit vielen Wochen nicht mehr besucht und seine Familie ebenfalls komplett vernachlässigt hatte, machte ihm die Hölle heiß und forderte seinen besten Kämpfer mehrfach nachdrücklich auf, wieder nach Minsk zu kommen.
Murrend machte sich Frank Anfang November auf den Weg. Sein Freund Alf folgte ihm wie immer nach. HOK hatte in der Zwischenzeit eine ganze Orkstreitmacht im Internet ersteigert, die nun bei ihm auf ihren neuen Besitzer wartete. Doch Kohlhaas war jetzt wieder in der bitteren Realität gelandet und wurde nach Cernihiv geschickt.
Die Rus hatten sich in Westrussland weiter
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