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Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution

Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution

Titel: Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Merow
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wirklich nach Wilna zum Studieren geht, dann bin ich sie auch irgendwann endgültig los“, schoss es ihm durch den Kopf.
    Aber was verlangte er auch von ihr? Sollte sie für alle Zeiten in Ivas auf ihn warten und darauf hoffen, dass er eines Tages siegreich zurückkehrte? Nach Jahrzehnten des Kampfes? Vermutlich würde er eher in einer Holzkiste in sein Heimatdorf überführt werden, sinnierte Kohlhaas traurig. Das war viel wahrscheinlicher.
    In Ivas hatte er sie jedenfalls „unter Kontrolle“, gestand er sich ein. Dort hatte er sie im Blick, wie einen wichtigen Truppenverband, wie eine Schwadron Ordner. Allerdings war Julia kein Regiment auf einer strategischen Karte, sondern eine sehr intelligente, schöne Frau, die ein Recht darauf hatte, etwas aus ihrem Leben zu machen.
    „Das ewig wartende Heimchen am Herd ist nichts für dich …“, sagte Frank, während er Julias Bild vor seinem geistigen Auge betrachtete.
    Was würde passieren, wenn sie in Wilna, Minsk oder einer anderen Stadt studierte? Würde ein zweiter „Viktor“ auftauchen? Ein netterer, klügerer und besserer Mann als er selbst? Ein Mann, der sich eher aus allem heraushielt, und kein Held, dafür aber ein normaler Mensch war?
    Frank zerbrach sich den Kopf über diese Dinge und seine Stimmung wurde mit jedem neuen Gedankengang schlechter.
    „Wenn sie eine gute Frau wäre, dann würde sie mich unterstützen. Ich opfere mich doch auch für sie und alle anderen!“, zischte er plötzlich durch den Raum und ballte die Faust.
    Nur Sekunden später wurde ihm jedoch bewusst, dass er so etwas nicht verlangen konnte. Nein, die Tochter des Außenministers war mehr als nur ein Anhängsel ihres Vaters oder eines von Depressionen geplagten Straßenkämpfers. Sie hatte nicht nur ein Engelsgesicht zu bieten, sondern auch einen wachen Geist, den sie aus gutem Grund schulen wollte. Auch sie konnte viel aus sich machen und Frank hatte kein Recht, sie daran zu hindern. Zudem konnte er es ohnehin nicht.
    „Fuck!“, grollte er und trat gegen ein altes, schäbiges Sofa in der Mitte des Raumes.
    Kurz darauf wurde die Wohnungstür aufgeschlossen und ein Haufen laut schwatzender Ordner kam herein. Alf ließ einige blöde Sprüche in gebrochenem Russisch los und die ihn begleitenden Ordner lachten durcheinander. Kohlhaas verzog hingegen sein Gesicht und hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten.
    „Jetzt gibt’s erst mal Mampfimampf!“, tönte Bäumer und schwang eine Plastiktüte voller Lebensmittel. Dann kam er dämlich grinsend auf Frank zu.
    „Mampfimampf!“
    „Ja, schön!“, murrte sein Freund.
    „Hast du keinen Hunger, oder was? Hier sind leckere, belegte Brötchen drin, General Frankus …“, nervte Alf.
    „Sehr witzig!“
    „Was ist denn los, Alter?“
    „Nichts, schon gut…“
    „He, Alexei! Erzähle Frank mal den Witz mit den Jungfrauen und dem Auto. Der ist echt genial!“, rief Bäumer in Richtung eines Russen.
    Sofort kam ein breitschultriger Ordner auf Kohlhaas zu und fing augenblicklich an zu schwatzen. Alf lachte schon im Voraus, obwohl er den Witz schon oft gehört hatte.
    „Also, Frank!“, sagte der Rus. „Gehen vier Jungfrauen auf einen Berg, wo ein altes Auto steht. Plötzlich kommt ein Mann vorbei und der hat einen riesigen…“
    Erneut stieß Bäumer ein blökendes Lachen aus und der kantige Russe verlor für einen Augenblick den Faden. Dann überlegte er kurz, während Frank ihn nur frustriert anstarrte und die Augen verdrehte …

    Während sich die Rus weiter auszubreiten versuchten, waren ihre Gegner ebenfalls nicht untätig und konnten große Erfolge vorweisen. Vitali Uljanin führte in Moskau den „Kampftag der Arbeiter und Entrechteten“ durch und versammelte nicht weniger als 300000 Menschen vor dem Kreml. Diesmal geriet die Situation jedoch außer Kontrolle.
    Nach der Veranstaltung zogen Tausende von Frustrierten auf eigene Faust durch die Straßen der russischen Metropole und schlugen alles kurz und klein. Bei Zusammenstößen mit der Polizei, die von oben den Befehl erhalten hatte, sich den Demonstrierenden gegenüber nachsichtig und wohlwollend zu verhalten, wurden 23 Beamte getötet.
    Uljanins Anhängerschaft stürmte an diesem Tag plündernd durch die Straßen und ließ ihre Wut an allem und jedem aus. Viele Einwanderer aus den Teilrepubliken der alten Sowjetunion, die mittlerweile große Teile Moskaus bevölkerten, schlossen sich der rasenden Horde an und verwüsteten die Innenstadt. Mehrere Tage lang wütete

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