Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
ausgebreitet und neue Ortsgruppen und Unterorganisationen gegründet. Tschistokjow hatte seine Fäden erfolgreich gesponnen und seine Freiheitsbewegung mit der Woschod Solnza, einer patriotischen Gruppierung aus Russland, zusammengeschlossen.
Gleichzeitig hatten die Konflikte mit dem politischen Gegner stetig zugenommen. Dutzende Tote und Verletzte hatte es in den letzten Wochen auf beiden Seiten gegeben. Ein Protestmarsch durch Brjansk war von Sergej Spehar und seinen Leuten nach kurzer Zeit abgebrochen worden, nachdem eine große Masse wütender Kollektivisten die Demonstrierenden angriffen hatte. Die Polizei hatte an diesem Tag mehrere hundert Rus verhaftet und die Männer wurden nun unter dem Vorwurf des Landfriedensbruches dem Richter vorgeführt. Vitali Uljanin baute seine Bewegung hingegen in großem Stil aus und die Medien gewährten ihm mehrfach Audienzen. In zahlreichen Großstädten führten die Kollektivisten Massenkundgebungen durch und die Zahl ihrer Anhänger vervielfachte sich innerhalb kürzester Zeit. Oft gingen die Teilnehmer nach den Demonstrationen auf die Polizei los und ließen ihren Frust an den Beamten, die von ihren obersten Dienstherren zum Nichtstun verurteilt worden waren, mit brutaler Gewalt aus.
Uljanin warb nun auch verstärkt um die Gunst der Fremden aus Vorder- und Zentralasien, welche in den Metropolen des Landes einen immer größer werdenden Bevölkerungsanteil stellten. Er versprach ihnen Privilegien und führte sie in großer Zahl seiner Massenbewegung zu.
Vor allem der militante Arm der Kollektivistischen Vereinigung für soziale Gerechtigkeit, der KKG, wurde mit ihnen massiv aufgestockt. In einigen Großstädten und vor allem in Moskau bestanden die KKG-Trupps bald zu einem beträchtlichen Teil aus Aserbaidschanern, Georgiern, Usbeken, Tadschiken, Kasachen, Kirgisen, Chinesen, Türken, Armeniern und anderen Nichtrussen.
Einen anderen Großteil der bewaffneten Kollektivistentrupps machten jedoch auch Russen aus, die vollkommen durch jedes soziale Netz gefallen waren, nichts mehr zu verlieren hatten und in ihrer Verzweiflung jedem hinterherliefen, der ihnen das Blaue vom Himmel versprach.
Die meisten der KKG-Männer verstanden die „Philosophie“ Mardochows und die politischen Weisungen Uljanins nicht einmal ansatzweise, aber die Versprechungen von Gleichheit, Gerechtigkeit und einer rosigen Zukunft klangen wie Musik in ihren Ohren.
Diese von den kollektivistischen Agitatoren geschickt instrumentalisierten Männer konnten extrem gefährlich werden und waren in der Lage, fast jeden Gegner in ihrer ungezügelten Wut niederzumachen. Allerdings befanden sich in den Reihen der Freiheitsbewegung der Rus vielfach ähnlich strukturierte Anhänger und oft waren auch diese vollkommen verzweifelt und zu allem bereit. So fielen bei den immer wiederkehrenden Straßenkämpfen auf beiden Seiten frustrierte, fanatische und aufgeputschte Männer übereinander her und schlugen, schossen und stachen sich, von verschiedenen Lehren getrieben, gegenseitig nieder.
„Fast 20 Millionen Menschen haben sich mittlerweile in „Europa-Ost“ schon mit einem implantierten Scanchip registrieren lassen. In England sind es schon fast 68 Prozent der Bevölkerung, in Nordamerika sind es bereits über 100 Millionen …“
„Aha? Weiter!“, sagte der Weltpräsident barsch.
Sein Sekretär, Mr. Morris, sah kurz mit unterwürfiger Miene auf und fuhr dann mit seinem Bericht fort.
„In Deutschland sind es nur 16 Millionen … bisher!“
„In Frankreich sind es jetzt etwa 20 Millionen …“
„In Italien sind es …“
„Gut! Das reicht!“, fiel der Vorsitzende des Weltverbundes seinem Sekretär mürrisch ins Wort.
„Ja, Herr Weltpräsident!“, gab der grauhaarige Mann zurück.
„Es ging im Jahre 2034 zügig los. Jetzt stagniert die Massenregistrierung gewaltig!“, donnerte der Politiker und stand von seinem Bürostuhl auf.
„Ich kann mir das nicht erklären, Herr Weltpräsident!“, stammelte Morris.
„Das müssen Sie auch nicht, denn das ist nicht Ihre Aufgabe! Sie müssen sich gar nichts erklären können!“
„Ja, Herr Weltpräsident!“
„Der Implantationschip ist der Schlüssel zur vollkommenen Herrschaft. Und nur Macht und Herrschaft sind die Dinge auf der Welt, die wirklich Bedeutung für uns haben“, erklärte das Oberhaupt der Weltregierung und tigerte durch sein luxuriös eingerichtetes Büro.
„Die Medien fordern die Leute doch jeden Tag mehrfach auf, sich registrieren
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