Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
von Tartus und überrumpelten die örtlichen Sicherheitskräfte. Nur wenige Kollektivisten tauchten an diesem Tag auf und zogen sich schnell wieder zurück, als die Rus Anstalten machten, sie anzugreifen.
Dann war es soweit: Die Freiheitsbewegung der Rus und der weißrussische Staat mobilisierte alles, was möglich war, und setzte zum Sturm auf den baltischen Zwergstaat im Norden an.
Mehrere Tausend bewaffnete Ordner drangen im Morgengrauen in den Süden Estlands vor und besetzten wichtige Knotenpunkte und Gebäude in Tartu. Die dortige Gruppe der Freiheitsbewegung der Rus führte daraufhin einen Protestmarsch durch die Innenstadt durch, wobei sich ihnen auch zahlreiche estische Polizisten und viele Tausend Bürger anschlossen. Nennenswerter Widerstand formierte sich hier nicht.
In Tallinn, der größten Stadt Estlands, sah das schon anders aus. Polizeitrupps und eine kleine GCF-Streitmacht lieferten sich in den Vororten Schießereien mit Tschistokjows Ordnertrupps und versuchten diese am Betreten der Großstadt zu hindern. Bald jedoch mussten sie sich zurückziehen und flüchteten bis zum Hauptverwaltungsgebäude.
Der Anführer der Rus und seine Mitstreiter rückten daraufhin mit Verbissenheit weiter vor. Fahnenschwingend zog eine große Anzahl von Aufständischen gegen Mittag durch die Straßen von Tallinn und versammelte sich auf dem Rathausplatz. Innerhalb weniger Stunden war die Menge auf mehrere Zehntausend Menschen angeschwollen und Artur Tschistokjow beschwor die Ablösung der estischen Vasallenregierung unter tosendem Beifall.
Als ihr der Rebellenführer bis 16.00 Uhr ein Rücktrittsultimatum stellte und ein von ihm organisierter Streik von Fabrikarbeitern für weiteres Chaos in der Hauptstadt sorgte, gab der Sub-Gouverneur Estlands, Lew Danilski, seine Abdankung bekannt und ließ die Ordner das Rathaus ohne Gegenwehr besetzen.
Die estische Polizei leistete daraufhin keine Gegenwehr mehr und legte die Waffen nieder. Alle GCF-Soldaten, zahlenmäßig zu gering vertreten und nun auf sich allein gestellt, zogen sich nach Finnland zurück und gaben Tallinn auf. Die Soldaten der internationalen Besatzungstruppen waren diesmal sichtlich überrumpelt worden und auch aus den umliegenden Ländern marschierten keine weiteren Truppen der Weltregierung ins Baltikum oder gar nach Weißrussland ein.
Das Oberkommando der internationalen Streitkräfte war in diesen Tagen mit anderen Dingen beschäftigt und erfuhr von den Ereignissen in Estland erst einige Zeit später.
Die Freiheitsbewegung der Rus hatte über Nacht einen wichtigen Erfolg errungen und war diesmal auch vom estischen Volk wesentlich stärker unterstützt worden als beim ersten Versuch.
Frank und seine Ordner atmeten auf. Heute hatte es kaum Blutvergießen in den Straßen gegeben und sie konnten ihren Erfolg in Tallinn ohne Blessuren feiern.
Artur Tschistokjow schlachtete die Abdankung des estischen Sub-Governeurs in bisher nie gekannter Weise aus. Über 200.000 Menschen versammelten sich zwei Tage später in Minsk, um den Sieg der Freiheitsbewegung in Estland zu feiern. Sogar der japanische Außenminister Akira Mori überbrachte eine Grußbotschaft seines Volkes. Das weißrussische Fernsehen und die Staatszeitung berichteten tagelang vom erfolgreichen „Ansturm der Revolution“. Auch in Tallinn führten die Rus eine berauschende Massenveranstaltung durch und erklärten die Befreiung des winzigen Landes zu einem überwältigenden Sieg.
Walter Vogel, ein ursprünglich aus St. Petersburg stammender Freiheitskämpfer mit deutschen Vorfahren, wurde von Tschistokjow zum neuen Statthalter Estlands gemacht. Weiterhin proklamierte der Revolutionsführer vor dem estischen Volk die Wiedergründung seines alten Staates. Allerdings wurde dieser dem von ihm neu geschaffenen Nationenbund der Rus hinzugefügt und zur Bündnistreue verpflichtet. Peter Ulljewskis Trupps stürzten sich anschließend sofort auf die wenigen kollektivistischen Gruppen im Land und machten sie unschädlich.
Hatten die internationalen Medien sich bisher eher selten mit Tschistokjow befasst, so änderte sich das mit dem politischen Umsturz in Estland nachhaltig. Die in letzter Zeit weitgehend ignorierte Freiheitsbewegung der Rus wurde nun von der weltweiten Medienwelt mit immer größerer Aufmerksamkeit bedacht.
Die internationale Presse beschimpfte Tschistokjow als „Kriegstreiber“ und „Psychopathen“ und forderte lauthals politische und militärische Gegenschläge. Sie goss
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