Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
einen Schwall des Hasses und der Diffamierung über dem weißrussischen Präsidenten aus und lenkte den Blick der Weltöffentlichkeit diesmal intensiv auf den neu entstandenen Nationenbund der Rus.
Bösartige Fernsehberichte beschuldigten den Anführer der Freiheitsbewegung des Massenmordes an Teilen der Bevölkerung und der aus der Versenkung geholte ehemalige Sub-Gouverneur von Weißrussland, Medschenko, behauptete sogar, dass Tschistokjow schon über 150.000 Menschen habe erschießen lassen und das weißrussische Volk brutal terrorisiere.
Selbst der Weltpräsident ließ es sich jetzt nicht nehmen, Artur Tschistokjow im Fernsehen zu drohen und versprach ihm, dass seine „antidemokratischen Machenschaften“ bald aufhören würden und sich die internationalen Streitkräfte sofort Weißrussland und dem Baltikum widmen würden, nachdem andere Krisenherde befriedet seien.
Die Freiheitsbewegung der Rus hatte mit dem Erfolg in Estland zwar lediglich ein Gebiet mit kaum 1,4 Millionen Einwohnern, nicht viel mehr als in der deutschen Großstadt Köln lebten, einnehmen können, doch hatte dies weitreichende psychologische Folgen.
Das weißrussische Volk und die Menschen im Baltikum standen nun fester denn je hinter Tschistokjow und die Reihen seiner Organisation füllten sich wieder – auch außerhalb seines Herrschaftsgebietes.
Mit gesteigerter Moral gingen seine Anhänger erneut in Russland und der Ukraine auf die Straße. In Luck, im Norden der Ukraine, zogen etwa 12.000 Rus durch die Innenstadt und setzten sich gegenüber den dortigen Kollektivisten durch. Einige kleinere Kundgebungen, beispielsweise in Nowgorod, folgten.
Kohlhaas biss sich leicht auf die Zunge und schlitzte mit einem Küchenmesser das Klebeband an der Seite des Päckchens auf. Endlich hatte er die Zeit gefunden, HOK noch einmal zu besuchen und sich die Battle Hammer Figuren, die der Informatiker für ihn im Internet ersteigert hatte, abzuholen. Wie ein kleines Kind war er mit strahlenden Augen und einem gut verpackten Karton unter dem Arm durch die Straßen von Ivas nach Hause gelaufen.
Mit einem leisen Knirschen riss der junge Mann die Verpackung auf und wühlte einen Berg Styroporkügelchen hervor, dann ertastete er einige Miniaturen aus Zinn und Plastik.
„Geil!“, stieß er aus, lachte laut und hielt einen kleinen Ork in den Händen. „Ein Eberreiter!“
Er postierte Dutzende von kleinen Miniaturen auf dem Küchentisch und murmelte gedankenverloren vor sich hin. „Ein Orkhäuptling, ein Orkschamane, Kobolde mit Speeren, Orks mit Hackebeilen …“
In Minsk hatte sich Frank Sekundenkleber und einige Farben zum Bemalen besorgt. Angesichts der Battle Hammer Armee, die hier vor ihm auf dem Tisch lag, war er sicher, dass er in den nächsten Tagen einiges zu tun hatte.
Nach etwa zwei Stunden kam Alf nach Hause und fand seinen Freund, hoch konzentriert, mit dem Pinsel in der Hand, in der Küche vor. Bäumer wunderte sich.
„Was machst du denn da?“, fragte der Hüne.
„HOK hat mir eine ganze Battle Hammer Orkhorde im Internet ersteigert. Das sind eine ganze Menge Miniaturen, aber er wird mir noch mehr besorgen“, erklärte Frank glücklich und bemalte einen grimmig dreinschauenden Troll aus Zinn.
„Was? Was ist denn das für ein Zeug?“ Alf stutzte.
„Battle Hammer! Kennst du das nicht?“, erwiderte Kohlhaas.
„Nein! Ich spiele nicht mit kleinen Figuren. Bin doch nicht im Kindergarten“, spottete der Mitbewohner.
„Das ist kein Kinderspiel, sondern ein hoch komplexes Strategiespiel. Einfach nur geil. Das habe ich früher in Berlin oft gespielt“, verteidigte sich der Bastler.
„Jetzt räum mal den Krempel vom Tisch. Ich will was essen!“ Bäumer schob einen Haufen Kobolde zur Seite.
„Vorsichtig! Sonst brechen die Schilde ab, die habe ich eben erst angeklebt!“, murrte Frank.
„Guck, mal! Ein Lindwurm für meinen Orkhäuptling. Der kann auf ihm reiten oder auch zu Fuß gehen …“
Alf bekam ein geflügeltes Monster aus Zinn unter die Nase gehalten.
„Na, toll!“, gab dieser nur zurück und verdrehte die Augen.
Frank ließ sich nicht beirren. Bis in die Nacht hinein bemalte er seine neuen Battle Hammer Figuren und schlief erst in den frühen Morgenstunden ein.
Am nächsten Tag bereiteten HOK und Frank wieder eine große Schlacht mit ihren Miniaturen vor. Diesmal spielten sie die Science-Fiction-Version von Battle Hammer. Der korpulente und leicht verschrobene Informatiker hatte einen neuen Spieltisch mit
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