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Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038

Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038

Titel: Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Merow
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hatte das Staatsoberhaupt ein überdimensionales Porträt von sich selbst platzieren lassen. Zudem trugen Tausende von jungen Weißrussen Bilder mit seinem Konterfei im Zuge einer großen Parade durch die Straßen von Minsk.
    Seit einiger Zeit hatten die weißrussischen Medien den Begriff des „Tschistokjowismus“ geprägt, womit sie die Lehre des Anführers der Rus meinten, welche sie als einzige Wahrheit und Manifest eines neuen Zeitalters der Freiheit und des Aufstieges in die Köpfe von Millionen Menschen trugen. Ständig wiederholten und rezitierten sie die Leitsätze des politischen Oberhauptes, bis sie auch der letzte Bürger vernommen hatte.
    Tschistokjow musste sein Volk in dieser Zeit noch intensiver auf den politischen Weg der Freiheitsbewegung einschwören. Das tat er mit gewaltiger Kraftanstrengung. Die Auseinandersetzung mit der verfeindeten Lehre des Kollektivismus würde in einem titanischen Ringen enden, das wusste er, weshalb sämtliche Bewohner der von ihm beherrschten Gebiete in bisher nie gekannter Weise in seinen Kampf eingebunden werden mussten.
    Begleitet von den euphorischen Sprechchören unzähliger Menschen predigte er von einem freien Russland, von sozialer Gerechtigkeit und einer glänzenden Zukunft, in einem Land, das er seinen rechtmäßigen Besitzern, dem russischen Volk, zurückzugeben versprach.
    Eines Tages, so gelobte er, würden die Rus die Fackel der Freiheit weiter bis nach Westeuropa tragen, um auch hier das Sklavenjoch des Weltverbundes zu zerbrechen. Die zerfallenen Völker Europas würde er wieder aufrichten und ihnen ihre Heimatländer zurückgeben. Glück und Seligkeit und einen nie gekannten Aufstieg der Zivilisation versprach er an Stelle von Niedergang und Zerfall. Doch dafür mussten sie ihm folgen und vertrauen, denn es konnte nur eine einzige Wahrheit geben und diese Wahrheit war er.
    „Ich bin das Licht, das die Finsternis dieser schrecklichen Epoche erleuchtet!“, rief er der begeisterten Masse zu, gerührt davon, wie sehr sie ihm trotz der Unannehmlichkeiten des Krieges ergeben war.
    „Folgt mir in die neue Zeit! Folgt mir durch alle Kämpfe bis hin zur Freiheit und habt keine Furcht davor, wenn das Schicksal Opfer von euch verlangt!“, schrie er aus voller Kehle und die Menschenmasse überschlug sich in ekstatischem Jubel.
    „Tschistokjow! Tschistokjow! Tschistokjow!“, donnerte ein brausender Orkan der Zustimmung durch die Straßen von Minsk.
    Der Kampf gegen die Weltregierung und die hinter ihr stehenden Kräfte war von Beginn an kompromisslos gewesen, sprach Tschistokjow. Halbherzigkeit und Schwäche konnte es in diesem erbarmungslosen Konflikt nicht geben, es blieben nur Sieg oder Untergang. Demnach war seine Lehre die einzig wahre Lehre. Daher war sein Weg der einzig wahre Weg. Denn wie die Erde nur eine Sonne besaß, so konnte es auf ihr auch nur eine Wahrheit geben.
    Der pompösen Großveranstaltung in Minsk folgten noch einige weitere in Wilna, St. Petersburg und anderen größeren Städten, die von Tschistokjows Funktionären geleitet und organisiert wurden. Nüchtern betrachtet blieb jedoch zunächst alles beim Alten. Hier und da gab es Scharmützel zwischen der Volksarmee der Rus und den schwarz-roten Streitkräften, aber die entscheidende Schlacht ließ noch auf sich warten. Uljanin selbst führte ebenfalls vielerorts Massenveranstaltungen durch und rief seine Anhänger dazu auf, sich in noch größerer Zahl für den von ihm geplanten Großangriff auf Westrussland rekrutieren zu lassen. Der Kollektivistenführer war genauso überzeugt, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein, und erklärte den Sieg über die Rus zum obersten Ziel seiner Bewegung.
    Da jedoch seine Feinde nicht mit halbherzigen Attacken besiegt werden konnten und sich in einigen Regionen inzwischen sichere Stellungen aufgebaut hatten, bedurfte es noch einer gewissen Zeit, um die schwarz-rote Armee zu einer alles überspülenden Woge auszubauen.
    Zwar kamen fast täglich neue Waffenlieferungen aus Übersee, doch schien es ganz so, als ob die große Offensive und damit die endgültige Eroberung ganz Russlands auf den Beginn des nächsten Jahres verschoben werden müsste.
    Erneut durchkreuzte die Gesamtentwicklung Uljanins Zeitplan. Mit wachsendem Unmut reagierte er auf die zunehmenden Anfragen der übergeordneten Logenbrüder, denen seine bisherigen Erfolge offenbar nicht ausreichend erschienen. Sobald sich der Schnee im kommenden Jahr zurückziehen würde, so versprach es ihnen

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