Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
Ruhe. Schon Ende November brach ein heftiger Winter über Weißrussland herein und begrub einige Regionen unter einer dichten Schneedecke. Größere Konflikte zwischen den beiden Revolutionsbewegungen blieben weiterhin aus und so konnte auch Artur Tschistokjow die Zeit nutzen, um sein Land weiter aufzubauen.
An anderen Orten der Erde sah es allerdings überhaupt nicht gut aus. Die in Indien grassierende Seuche, die im Süden des Landes und auf Sri Lanka mittlerweile schon etwa 46 Millionen Menschenleben gefordert hatte, war von den internationalen Medien inzwischen auch mit einem Namen versehen worden: ODV („Organ Destroying Virus“).
Der plötzlich aufgetauchte Krankheitserreger führte dazu, dass die inneren Organe des Betroffenen ihre Funktion einstellten und zerfielen. Bis nach Bombay hatte sich die Epidemie schon wie ein rasendes Buschfeuer ausgebreitet, so dass es zu einer Massenflucht in die nördlichen Regionen des Landes gekommen war.
Immer rascher legte die Seuche große Gebiete lahm und brachte die Landwirtschaft dort zum Erliegen. Die Folge war, dass viele der insgesamt fast 1,6 Milliarden Inder nicht mehr ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgt werden konnten, was das Massensterben beschleunigte. Plünderungen und Hungerrevolten waren seit Wochen an der Tagesordnung. Die Weltregierung handelte, indem sie Tausende von GCF-Soldaten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung einsetzte.
Zudem hatte es nun auch in China und Pakistan die ersten Todesopfer gegeben. Die Bilder in den Abendnachrichten waren furchterregend und ließen für die Zukunft nichts Gutes erahnen. Was hier genau außer Kontrolle geraten war, konnte sich offenbar niemand erklären oder es wurde verschwiegen. Jedenfalls wurde Indien in einen nie gekannten Zustand des Chaos gestürzt und die punktuellen Hilfsmaßnahmen des Weltverbundes nützten so gut wie nichts.
Die beiden Revolutionsbewegungen verbrachten die Zeit bis zum Weihnachtsfest des Jahres 2039 mit dem misstrauischen Beäugen des jeweiligen Gegners. Ansonsten zogen sich Artur Tschistokjow und Vitali Uljanin wie zwei verfeindete Fürsten in ihre Burgen zurück und warteten ab.
Dass sich in Moskau etwas höchst Unerfreuliches zusammenbraute, konnte sich der weißrussische Präsident längst denken und arbeitete in diesen Wochen nicht nur an der Aufstellung einer schlagkräftigeren und größeren Streitmacht, sondern verfolgte auch ungeduldig die Forschungen von Prof. Hammer und seinem Team.
Der deutsche Wissenschaftler war bezüglich der Entwicklung einer Laserkanone jedoch nicht weiter gekommen und hatte sich schließlich wieder der Entwicklung von noch fortschrittlicheren und sichereren Plasmawaffen zugewandt.
Die Japaner hingegen hatten sich vor dem hereinbrechenden Winter Sibiriens zurück in das Gebiet nördlich der Mandschurei gezogen und ihre Offensive im Osten stockte. Einen Großangriff der schwarz-roten Armee auf West- und Weißrussland erwartend, bereiteten sich die Ostasiaten nun tatsächlich auf ein für sie äußerst kühnes Unternehmen vor: Die japanische Flotte sollte Anfang des kommenden Jahres große Truppenverbände per Schiff bis nach Murmansk bringen. So hatte es Präsident Matsumoto, der letztendlich von Außenminister Wilden überzeugt worden war, angeordnet.
Die Weltregierung richtete ihr Augenmerk weiterhin hauptsächlich auf die Zwangsregistrierungen mit Implantationschips in Nordamerika und Westeuropa. Nach wie vor vom Sieg der von ihr gezüchteten kollektivistischen Bewegung überzeugt, beließ sie es weiter bei Waffenlieferungen an Uljanins Streitkräfte. Für den Zeitpunkt der schwarz-roten Großoffensive standen allerdings noch etwa 300.000 GCF-Soldaten als Unterstützung bereit, die in Verbänden zu jeweils 100.000 Mann das von Tschistokjow regierte Territorium von Westen her angreifen sollten. Die GCF-Armeen sollten über Finnland, Polen und Rumänien kommen und die Streitkräfte der Rus zusammen mit ihren schwarz-roten Verbündeten von zwei Seiten her zerquetschen.
Der eigentliche Großangriff war aber Uljanins Aufgabe und dieser stellte jede Woche neue Divisionen für den Vorstoß nach Westen auf, so dass er bereits Mitte Dezember über etwa 5 Millionen bewaffnete Männer verfügte. Eine Zahl, von der Artur Tschistokjow lediglich träumen konnte.
Friedrich krabbelte unter dem Weihnachtsbaum herum und spielte mit einem Haufen zerfledderten Geschenkpapiers. Seine Eltern beobachteten den Kleinen und lachten sich schlapp, als dieser
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