Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
jetzt erhole dich noch eine Weile. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen machen, dass morgen der ewige Friede anbricht und du nicht mehr kämpfen kannst.“
Der junge Russe blickte ehrfürchtig zu Boden. „Danke noch einmal, Herr General Kohlhaas!“
„Ja, ja! Keine Ursache! Wir sehen uns, Junge!“, gab ihm der Anführer der Warägergarde mit auf den Weg.
Frank lagerte mit seinen Verbänden südlich von Karma im Westen Weißrusslands. Der heutige Tag stand ausnahmsweise nicht im Zeichen des ständigen Blutvergießens. Der Feind hatte sich an diesem Frontabschnitt wieder einige Kilometer nach Osten zurückgezogen und die abgekämpften Soldaten waren allesamt dankbar dafür, endlich einmal eine Ruhepause zu haben.
Eine große Anzahl von Zelten war rund um das kleine Dörfchen, das die Volksarmee besetzt hatte, aufgeschlagen worden und dazwischen tummelten sich mehrere Tausend Soldaten. Sie dösten in der Mittagssonne im Schatten alter Bäume, spielten Karten oder spazierten einfach umher. Ihr Anblick wirkte beinahe friedlich und Frank genoss die wenigen erholsamen Stunden, die ihm in diesem Krieg noch geblieben waren. Langsam schritt er durch die Straßen der kleinen Ortschaft. Hinter irgendeinem Zaun am Ende des Dörfchens kläffte ein Hund, ansonsten hörte man außer leisem Vogelgezwitscher, welches aus dem nahegelegenen Wald kam, nichts.
Kohlhaas betrachtete den strahlend blauen Himmel, fühlte die warmen Strahlen der Sonne seine Gesichtshaut streicheln. Die Gegend erinnerte ihn an Ivas und für einige Minuten vergaß er, wo er in Wirklichkeit war. Eine ältere Frau kam aus einem verfallenen Bauernhaus und lächelte ihm zu. Frank hob seine Hand zu einem flüchtigen Gruß, um dann an ihr vorbei zu schlendern.
„Wollen Sie einen Apfel, Herr Soldat?“, hörte er die Alte plötzlich auf Russisch hinter sich fragen. Er drehte seinen Kopf zur Seite.
„Ja, vielen Dank!“, antwortete Frank und nahm ihr die Frucht aus der schmutzigen Hand.
„Ihr habt uns gerettet!“, bemerkte die Frau, wiegte ihren Kopf leicht zur Seite und lächelte freundlich.
„Dann freut euch einfach!“, entgegnete der General und biss in den Apfel.
Schließlich wanderte er weiter durch die staubigen Straßen der kleinen Ortschaft und kam zu einem Platz, auf dem eine Kirche stand.
„Es ist wirklich wie in Ivas. Diese Dörfer sehen meistens alle gleich aus“, dachte er sich und ging weiter. Auf einmal hielt er inne. Zu seiner Rechten verlief eine mit bröckelndem Putz bedeckte Steinmauer.
„Wir sind Tschistokjow treu bis in den Tod!“, hatte jemand mit großen kyrillischen Lettern darauf gesprüht. Frank stieß einen Seufzer aus.
Der General war des Kämpfens müde, doch auch hier ließen ihn die Losungen des russischen Bürgerkrieges nicht in Ruhe. Nachdenklich ließ er sich auf einer kleinen Holzbank nieder, von wo aus er die alte Kirche genauer betrachten konnte. Nach einer Weile rannte eine Gruppe kleiner Kinder mit schrillem Geschrei über den Dorfplatz und Frank sah ihnen mit einem gewissen Wehmut hinterher. Dann richtete er seinen grüblerischen Blick wieder auf die Kirche, ihr Dach, das mit dunklen, moosbedeckten Ziegeln bedeckt war, musternd.
Die Frage, wo Gott in diesen Tagen war, konnte er sich selbst nicht zufriedenstellend beantworten. Vielleicht war er zu sehr damit beschäftigt, die Schönheit des Jenseits zu genießen. Auf die Welt der Sterblichen, die in diesem finsteren Zeitalter von ständig neuen Schrecken heimgesucht wurde, hatte er seinen Blick wohl schon lange nicht mehr gerichtet.
Inzwischen war es September geworden und ein Teil von Uljanins Hauptstreitmacht hatte sich bereits in Richtung Kaluga zurückfallen lassen. Zwischen Gomel und Bryansk hatten Tschistokjows Volksarmisten mehrere Hunderttausend Kollektivisten eingekesselt und gingen nun zu einer blutigen Vernichtungsschlacht über. Wie eine stählerne Woge donnerte eine Phalanx aus schweren Geschützpanzern über das von Granattrichtern bedeckte, schlammige Schlachtfeld, die schwarz-rote Infanterie vor die MG-Stellungen der Volksarmee treibend.
General Kohlhaas brüllte den Feuerbefehl und ein Orkan von Projektilen jagte durch den prasselnden Regen, der die Ebene überschüttete. Ganze Scharen von getroffenen Kollektivisten purzelten einen Hang hinab und blieben im Gebüsch hängen, andere warfen sich auf den Boden und schossen zurück. Kurz darauf griffen weitere schwarz-rote Trupps die Stellungen der Waräger und Volksarmisten von der Flanke
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