Beverly Barton, Hexenopfer
sich nicht genau daran erinnern, wo er zur Zeit der Morde in Louisiana und Texas gelebt habe, wusste jedoch, dass er nie in Texas gelebt oder gearbeitet hatte. Aber ja, er hatte im angrenzenden Oklahoma gewohnt und im benachbarten New Mexico Urlaub gemacht. Er wusste nur nicht mehr, wann. Außerdem konnte er sich nicht erinnern, wann er zuletzt in Louisiana gewesen war. Pierpont sagte, er sei nie in Texas gewesen, habe aber in Baton Rouge, Louisiana, gearbeitet, von wo aus man mit dem Auto leicht nach Lafayette fahren konnte, dem Ort der zweiten Mordserie. Er war sich jedoch der genauen Daten nicht sicher. Vor ein paar Jahren? Ja. Mindestens vier? Ja, vor mindestens vier Jahren. Pierpont war sehr ruhig und beherrscht gewesen und hatte ohne Zögern geantwortet. Dillons Erwiderungen waren oft vage, aber dass er seine Zeit verschwendete, schien ihn mehr zu belasten, als Fragen zu beantworten.
Beide Männer hatten sich geweigert, DNA-Proben abzugeben. Doch selbst ein Unschuldiger könnte diese Aufforderung abschlagen.
Jamie Upton war ein ganz anderes Kaliber. Er hatte sich geweigert, ohne seinen Anwalt auf Fragen zu antworten. Und der Rechtsanwalt seines Großvaters riet ihm, keine Fragen zu beantworten, solange er keines Verbrechens beschuldigt war.
»Beschuldigen Sie Jamie wegen irgendetwas, oder lassen Sie ihn gehen«, hatte Tyson Baines mit feixendem Lächeln gefordert, das seine fetten Wangen hervorhob.
Hatte Jamie etwas zu verbergen, oder machte sich Big Jim Upton nur wichtig? Wahrscheinlich traf beides zu. Erst an diesem Morgen hatte Dallas von Jacob erfahren, dass der alte Mann den berüchtigten Strafverteidiger aus Texas, Quinn Cortez, in seine Dienste gestellt hatte. Bedeutete das, Jamies Großvater hielt ihn eventuell für einen Mörder?
Dallas verbrachte die meiste Zeit im Sheriff’s Deparment, das zu einer Kommandozentrale für die Sondereinheit geworden war. Aber es war ihm gelungen, sich eine Weile davonzuschleichen, um an den Tagen, an denen Genny es nicht in die Stadt schaffte, den Berg hinauf zu fahren. Da er wusste, dass Jacob ihm zustimmen und Gennys Plan verwerfen würde, hatte er Jacob von ihrer Idee erzählt, sich telepathisch mit dem Geist des Mörders verbinden zu wollen. Jacob war ausgerastet. Da erst hatte Dallas begriffen, in welche Gefahr sich Genny mit einem solchen Versuch begeben würde.
»Das können wir nicht mal ansatzweise zulassen«, hatte Jacob gesagt. »Wenn sie sich zu weit hineinbegibt, können wir sie vielleicht nicht wieder zurückholen.«
Zum Glück hatte Genny es nicht wieder erwähnt, nicht ein einziges Mal in den vergangenen sechs Tagen. Nach dem, was Dallas für Genny empfand, konnte er kaum glauben, dass er sie erst seit gut einer Woche kannte. Zum ersten Mal in seinem Leben war ihm eine Frau so wichtig geworden. Er nannte es nicht Liebe. Liebe war nur ein Wort. Zu häufig gebraucht. Er wollte Genny haben. Wollte sie unbedingt. Aber da war mehr an seinen Gefühlen, etwas, das er nicht richtig einzuordnen wusste. Und diese andere Komponente beunruhigte ihn.
Ein Tritt traf Dallas’ Beine, die auf dem Schreibtisch lagen. Er stellte die Füße auf den Boden und schaute zu Jacob auf.
»Schlafen Sie mit offenen Augen?«, fragte Jacob.
»Eigentlich nicht. Wieso?«
»Haben Sie nicht gehört, was ich zu Ihnen gesagt habe?«
»War es wichtig?«
Jacob brummte. »Ich wünschte, es gäbe eine legale Möglichkeit für uns, an Jamie Uptons DNA heranzukommen.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ich habe gerade mit Jazzy gesprochen. Sie überlegt, ob sie gegen Jamie nicht einen Unterlassungsbeschluss erwirken soll. Der neuer Türsteher in Jazzy’s Joint hat Jamie in dieser Woche zwei Mal loswerden müssen. Das kommt einer Belästigung verdammt nahe, aber wenn sie versucht, ihn anzuzeigen, wird er verschwinden, und das weiß sie.«
»Sie meinen, Upton ist unser Mörder?«
»Ich halte es durchaus für möglich.«
Dallas schüttelte den Kopf. »Ich bin anderer Meinung.«
»Also, Sie FBI-Agent, was glauben Sie, wer es ist?«
»Carson oder Pierpont.«
»Carson ist ein Trottel und Pierpont ein Waschlappen, aber beides ist kein Verbrechen.«
»Upton ist zu offensichtlich. Er ist ein aggressiver Typ, der sich nicht darum schert, wie viel Aufmerksamkeit er auf sich zieht.«
»Jamie ist ein amoralischer Schweinehund, der immer nur an sich denkt. Unser Mörder hat kein Gewissen. Das trifft haargenau auf Jamie zu.«
»Ich schließe ihn nicht grundsätzlich aus«, sagte Dallas.
Weitere Kostenlose Bücher