Beverly Barton, Hexenopfer
immer noch lieben, aber sie war nicht mehr in ihn verliebt. Er war das reine Gift für sie. Jedes Mal, wenn er in der Stadt auftauchte, kam er zu ihr und erneuerte ihre Hoffnung auf etwas Richtiges und Dauerhaftes zwischen ihnen. Aber diesmal nicht. Nie wieder. Sie hatte ihre letzte Träne um Jamie Upton vergossen!
***
Dallas wurde sofort wach, als er die Schreie der Frau hörte. Ruckartig richtete er sich im Bett auf. Im ersten Moment wusste er nicht mehr, wo er war. Du bist in Genny Madocs Haus in Tennessee, in den Bergen, rief er sich ins Gedächtnis. Gute Güte, hatte Genny da so geschrien? Er sprang aus dem Bett, schlüpfte in seine Hose, die er am Abend zuvor über die Zedernkommode am Fußende des Bettes geworfen hatte, zog die halbautomatische Smith & Wesson aus dem Halfter an der Hüfte und rannte hinaus in den dunklen Flur.
»Genny?«
Stille.
»Genny?«, rief er noch einmal, stürmte zu ihrem Schlafzimmer und klopfte an die Tür. Keine Reaktion. Er klopfte noch einmal. Drudwyn knurrte. Dann vernahm Dallas eine leise, schwache Stimme.
»Helfen Sie mir«, sagte sie.
Er riss die Tür auf und wusste nicht, was ihn erwartete. Der schwache Schein einer Kerosinlampe verbreitete sich im Raum, erleuchtete den Kaminsims, auf dem sie stand, und warf Schatten über den Holzboden und an die geblümte Tapete. Genny lag in der Mitte des Bettes, reglos, starr, den Blick fest auf ihn gerichtet, während er auf sie zukam.
Drudwyn knurrte, als sich Dallas dem Bett näherte.
Genny schloss die Augen, und der Hund beruhigte sich sofort. Hätte Dallas es nicht besser gewusst, dann hätte er schwören können, dass das Tier Gennys Gedanken gelesen hatte.
Während er sich über sie beugte und ihr in die Augen schaute, fragte er: »Was ist los? Sind Sie krank? Haben Sie Schmerzen?«
Sie nickte und flüsterte: »Ja.«
Okay, er kannte sich ein bisschen in Erster Hilfe aus, genug, um im Notfall zurechtzukommen, aber wenn Genny etwas Ernsthaftes fehlte, standen sie vor einem großen Problem.
»Können Sie mir sagen, was los ist?«, fragte er. »Und was kann ich tun, um Ihnen zu helfen?«
»Bleiben Sie bei mir.« Ihr Blick richtete sich auf die Bettkante.
»Soll ich Ihnen ins Badezimmer helfen?«, fragte er. Vielleicht hatte sie ja einen Magenvirus oder eine Nahrungsmittelvergiftung.
»Nein, mir ist nicht schlecht.« Ihre Stimme war atemlos, als sei sie bei einem Wettrennen mitgelaufen und jetzt erschöpft.
»Was ist denn dann los?«
»Funktioniert das Telefon?« Sie schaute zu dem Nebenanschluss auf dem Nachttisch.
Dallas hob den Hörer ans Ohr. Tot. »Nein. Es ist noch immer aus.«
»Versuchen Sie es mit meinem Handy!«
»Wo ist es?«
»In der Nachttischschublade.«
Er zog die Schublade auf, holte ihr kleines Handy heraus und schaute sie fragend an.
»Rufen Sie Jacob an.« Sie nannte ihm die Nummer.
»Verdammt«, sagte Dallas. »Noch immer kein Empfang.«
Tränen traten Genny in die Augen. »Es spielt keine Rolle. Er käme ohnehin zu spät, um sie zu retten, selbst wenn wir Kontakt mit ihm aufnehmen könnten.«
Dallas warf das Handy wieder in die Schublade und setzte sich zu Genny auf das Bett. »Wovon reden Sie? Wen könnte Jacob nicht retten?«
»Die Frau, die er umbringen wird.«
»Ich verstehe nicht …«
»Ich hatte einen weiteren Traum. Eine neue Vision. Er wird wieder töten. Kann sein, dass er sie schon geopfert hat.«
Dallas packte Genny und riss sie hoch, dass sie zum Sitzen kam. Mit den Händen umklammerte er ihre schlanken Schultern und starrte zornig in ihre hypnotisierenden schwarzen Augen.
»Wovon zum Teufel reden Sie?«
»Ich habe sie auf dem Altar gesehen. Erleuchtete Fenster. Farben. Buntglasfenster vielleicht. Und das Schwert. Er war erregt. Wartete. Wartete auf den richtigen Augenblick.«
Was ging hier bloß vor? Was für einen verrückten Traum hatte Genny gehabt? »Sie müssen einen Albtraum gehabt haben«, sagte Dallas. »Bei einem frei herumlaufenden Mörder ist Ihre Fantasie mit Ihnen durchgegangen.«
»Es war nicht bloß ein Traum … es war …« Sie verstummte.
Plötzlich wurde Genny ohnmächtig. Sie sank in Dallas’ Arme. Zart. Zerbrechlich. Hilflos. Dallas fluchte laut.
5
Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Dallas nicht geradeaus denken. Er konnte nur auf das Gefühl reagieren, diese schöne Frau in den Armen zu halten. Obwohl sie klein und schlank war, hatte ihr Körper an den richtigen Stellen Rundungen. Im Augenblick drückten sich ihre hohen, vollen Brüste
Weitere Kostenlose Bücher