Beverly Barton, Hexenopfer
hatte diese Situation zugelassen – für eine Nacht von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, mit einer gut aussehenden Frau, die ihn sehr schnell verhext hatte, die seine Gedankengänge verwirrte. Hätte er es nicht besser gewusst, dann hätte er Genny für eine Hexe gehalten, die ihn verzaubert hatte.
Dallas lachte in sich hinein. Ja, klar. Eine Hexe? Er glaubte an nichts, was er nicht mit seinen fünf Sinnen erfassen konnte. Was er nicht sehen, hören, berühren, schmecken oder fühlen konnte, existierte nicht. In der wirklichen Welt, in der er lebte, gab es keine Hexen, keine Wunderheiler, keine Gespenster, keine Hellseher, keine Schutzengel. Das war etwas für Trottel, für die armen, fehlgeleiteten Seelen, die mit der Wirklichkeit nicht zurechtkamen.
Er blickte sich im Raum um. Feminin, aber nicht aufgeputzt. Antike Möbel. Spitzengardinen. Helle, mit Weiß vermischte Pastellfarben. Als er in der Ecke einen großen, bequem wirkenden Sessel sah, setzte er sich und legte die großen Füße auf den runden Fußhocker. Ein kalter Schauer überlief ihn und erinnerte ihn daran, dass sein Oberkörper nackt war. Er zog die weiße Häkeldecke von der Sessellehne und wickelte sich darin ein.
Sobald die Telefone wieder funktionierten, würde er bei einem Abschleppdienst anrufen und seinen Mietwagen aus dem Graben ziehen lassen, dann würde er Genny für ihre Gastfreundschaft danken und sehen, dass er so schnell wie möglich hier wegkam. Er hatte mit Sheriff Butler zu tun, nicht mit Butlers bezaubernder Cousine.
Er musste eine eindeutige Verbindung zwischen dem Mord an Susie Richards und dem an Brooke herstellen. In den vergangenen acht Monaten, seitdem seine junge Nichte brutal umgebracht worden war, hatte er jede freie Minute damit verbracht, alle Beweise auszugraben, die auf ihren Mörder hinweisen könnten. Von Opfermorden hatte man schon gehört; tatsächlich hatte es in den Vereinigten Staaten mehr davon gegeben, als Dallas angenommen hatte. Viele waren mit einer Art heidnischer Teufelsanbetung verbunden, aber gewiss nicht alle. In den letzten acht Jahren hatte es vierundzwanzig ungelöste Fälle gegeben, darunter auch Morde, die denen an Brooke glichen. Das Eigenartigste an zwanzig dieser Morde war, dass sie anscheinend in Fünferblöcken stattgefunden hatten.
Mit Teris und Lincs Hilfe in diesen vergangenen Monaten hatte Dallas eine verblüffende Hypothese aufgestellt: jemand opferte in einem Zeitraum von drei bis sechs Wochen fünf Frauen, die in derselben Gegend wohnten, verschwand dann, nur um ein oder zwei Jahre später woanders wieder aufzutauchen und denselben Plan zu verfolgen. All diese Tatsachen waren erst zwei Wochen zuvor zusammengekommen, und Dallas hatte nicht die Möglichkeit gehabt, persönlich überall hinzufahren und alle Beweise zu überprüfen.
Doch wenn seine Vermutung stimmte, und wenn Susie Richards das erste Opfer war, dann bedeutete es, dass vier Frauen in Cherokee County in Gefahr waren. Und es hieß auch, dass Brookes Mörder hier war.
Deputy Bobby Joe Harte klopfte an Jacobs Bürotür, streckte dann den Kopf herein und sagte: »Chief Watson hat gerade angerufen. Sie sollen sich baldmöglichst mit ihm drüben an der Kongregationskirche treffen. In der Kirche liegt eine Tote, und es sieht aus wie die Vorgehensweise im Fall Susie Richards.«
»Was?«
»Mehr hat er nicht gesagt. Ich soll Ihnen nur ausrichten, dass Sie Ihren Arsch umgehend dorthin bewegen sollen.«
»Verdammt! Was geht hier bloß vor? Jahrelang hatten wir keinen Mord in Cherokee Pointe, und jetzt haben wir zwei in achtundvierzig Stunden.«
Jacob schnallte sich den Pistolenhalfter um die Hüfte, zog seine Lederjacke an, riss den Stetson vom Haken neben der Tür und durchquerte das äußere Büro. Sobald er draußen war, bewegte er sich vorsichtig über den vereisten Bürgersteig, bis er seinen Pick-up erreicht hatte. Seine Stiefel hinterließen große, tiefe Spuren im Schnee, der am Straßenrand aufgetürmt lag. Jacob schloss seinen schwarzen Dodge Ram auf, stieg ein und startete den Motor. Er ließ ihn warmlaufen und stellte dabei in Gedanken seine Entscheidung in Frage, in diesem Jahr als Sheriff kandidiert zu haben.
Er war in Cherokee County geboren und aufgewachsen, ein Mischling, ein junger Teufelsbraten, der mit achtzehn zur Marine gegangen war. Vor zehn Monaten, als er ausgeschieden war und seine Jahre bei den Navy SEALs hinter sich gelassen hatte und nach Hause gekommen war, hatte man ihn als Helden in
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